16.07.2018, 3373 Zeichen
Mich reizen derzeit europäische Banken, wir Österreicher zählten da zuletzt zu den Besserperformern, eine Erste Group etwa hat heuer "nur" im Ausmass des ATX verloren. Viele europäische Banken haben da deutlich schlechter abgeschnitten und so ist es gekommen, dass österreichische Banken beim Kurs/Buchwert-Verhältnis (Quelle: Bloomberg) mit 1,13 (Erste Group) bzw. 0,86 (Raiffeisen Bank International) mehr oder weniger deutlich über dem Durchschnitt von 0,78 im Euro-Stoxx-Banken-Index liegen. Eine Deutsche Bank ist gar auf 0,32 abgerutscht, Commerzbank bei 0,37, Societe Generale auf 0,49 und UniCredit auf 0,56. Das hat natürlich viele Gründe, von der Eigenkapitalausstattung bis zur Gewinnsituation der vormaligen Flaggschiffe.
Zudem war die Bankenlandschaft geprägt von einem Zyklus der regulatorischen Verschärfung, der nach der Finanzkrise losgetreten wurde und die Branche in ihren Grundfesten erschütterte. Mittlerweile ist aber ein Ende des Zyklus absehbar, IFRS 9, Basel 4 und MiFID2 waren zuletzt noch die grossen Themen. Letztendlich war/ist die Regulatorik ein grosses politisches Risiko für die Banken, das auch schlagend wurde. Die klassischen politischen Risken in Europa wie Wahlen haben ein übriges getan, dazu der diffuse Handelskrieg des Donald Trump, der natürlich auch die Banken betrifft.
Andererseits ist eine Stablisierung bei den Makro-Daten im 2. Halbjahr visibel und dazu eine Entspannung bei den Zinserwartungen, also etwas weg vom Negativbereich. Und: Trotz der negativen Effekte aus der US-Steuerreform sind US-Banken nach wie vor profitabler als ihre europäischen Pendants. Die Eigenkapitalrentabilität betrug bei den europäischen Top-Banken 2017 aber immerhin bereits wieder 5,2 Prozent, eine Verdoppelung vs. 2016. Die US-Banken kamen hier auf 7,5 Prozent (2016: 10,1 Prozent)
Auch bei der Eigenkapitalausstattung haben die europäischen Banken aufgeholt. In den zehn Jahren seit dem Big-Bang-Jahr 2008 konnte das bilanzielle Eigenkapital um 79 Prozent aufgestockt werden, rechnet etwa E&Y für die zehn grössten Institute vor. Entsprechend stieg auch die bilanzielle Eigenkapitalquote der europäischen Großbanken von 5,7 auf 6,0 Prozent. Damit liegt sie aber immer noch deutlich unter dem Wert der US-Banken, die eine bilanzielle Eigenkapitalquote von 7,2 Prozent vorweisen können.
Natürlich: Nach wie vor belasten Abschreibungen und Restrukturierungskosten die Bilanzen, die Altlasten werden aber nach und nach abgearbeitet und die erwähnten KBVs, die ich mir gerne ansehe, sind auf historisch sehr tiefem Niveau. Wer an eine Konjunkturbelebung glaubt sowie auch eine Stabilisierung im politischen Bereich sieht, sollte bei europäischen Bankaktien auf dem derzeitigen Niveau langfristig eine solide Einstiegsmöglichkeit finden. Da freilich bei einzelnen Instituten noch bilanzielle Überraschungen schlummern könntem, ist ein Investment in den Stoxx Europe Banks Index eine risikostreuende Variante. Hier bietet sich zb das Open End Zertfifikat von BNP Paribas auf den Stoxx Europe Banks mit der ISIN DE0006075427 an. Das Produkt gibt es schon seit 2001, die Notiz liegt aktuell bei etwa 1/3 der Höchstkurse aus dem Jahr 2007.
Also ja, ich denke, die Banken werden im 2. Halbjahr positiv überraschen. Für das wikifolio habe ich die Erste Group am Freitag bei 34,277 (9:28 Uhr) zugekauft. Trotz im Vergleich höheren KBV, aber es ist ja ein Österreich-wikifolio.
kapitalmarkt-stimme.at daily voice: Im Jahr 2007 (bei den letzten ATX-Rekorden) hatte sich noch Politik noch gezeigt. Und 2025?
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