02.06.2018, 6714 Zeichen
Andreas Kern" data-udi="umb://media/6dc0a03189d846a88cd0b6381a4e183f" />
In dieser Woche sahen wir wieder einmal ein Lehrstück darüber, wie Märkte funktionieren: Plötzlich wurde das Thema Italien dominant und veranlasste die Marktteilnehmer zu teils heftigen Reaktionen. Schon einen Tag später wich die Panik einer etwas nüchternen Beurteilung der Lage. Das muss nicht so bleiben. Wir wollen an dieser Stelle aber weniger auf das Wechselspiel zwischen vergleichsweise ruhigen Börsenphasen und hochemotionalen Aggregatszuständen wie Gier oder Panik hinaus. Was immer wieder überrascht, ist vielmehr die Fähigkeit der Märkte, auch offensichtliche Tatsachen sehr lange zu ignorieren, um dann um so heftiger darauf zu reagieren. Dass Italien enorme wirtschaftliche Probleme hat, war bekannt. Ebenso, dass jede neue italienische Regierung in der einen oder anderen Form auch von eurokritischen Kräften getragen sein wird. Eins und Eins wurde aber erst in dem Moment zusammengezählt, als der italienische Staatspräsident eine solche neue Regierung kurz vor Amtsantritt ausstoppte.
Tückischer Dornröschenschlaf
Das Tückische an einem solchen Dornröschenschlaf der Märkte besteht darin, dass er die Akteure zu der Annahme verleiten kann, derartige Entwicklungen wären bereits eingepreist. Insofern leisten die meisten wissenschaftlichen Markteffizienzmodelle den Anlegern nur einen Bärendienst. Dass die kontinuierliche Performance unserer Spitzentrader ebenfalls ein dickes Fragezeichen hinter jegliche Markteffizienz setzt, sei nur am Rande bemerkt. Nicht viel weniger tückisch ist, dass sich die Frage, ob etwas bereits eingepreist ist, am zuverlässigsten erst dann beantworten lässt, wenn sich herausstellt, dass etwas tatsächlich noch nicht eingepreist war.
Zündet die Dollar-Rakete?
Eine ähnlich ambivalente Situation ist derzeit zwischen der Kursentwicklung von DAX und US-Dollar gegeben: Es ist einer der besser etablierten Zusammenhänge, dass ein starker Dollar vom Grundsatz her gut für den deutschen Blue-Chip-Index ist. Seit Mitte April hat sich der Dollar nun kräftig gegenüber dem Euro befestigt, der DAX jedoch verlor an Boden. Ist die Dollar-Stärke also bereits eingepreist und wird nur von anderen Faktoren überlagert? Halten Aktienanleger den Dollar-Aufschwung für weniger nachhaltig als ihre Kollegen vom Devisenhandel? Oder sind die Aktienmärkte derzeit so stark auf mögliche Risiken fixiert, dass sie den – in diesem Fall positiven – Zusammenhang ignorieren?
Fetter Braten, magere Knochen
Das Wechselspiel zwischen Chancen- und Risikoorientierung ist ohnehin eines der prägendsten an den Märkten. In Phasen extremer Risikoaversion („Risk off“) verschmähen die Trader sogar den fettesten Braten, während sie andererseits bei extremer Chancenorientierung („Risk on“) begierig auch noch nach den magersten Knochen schnappen. Das wikifolio „Chancen vs. Risiken – Deutschland“ wird von Bastian Dombret („StarInvestor“) genau entlang dieses Antagonismus gesteuert.
Unnötig zu sagen, dass er zuschnappt, wenn an der Börse ein fetter Braten auf der Karte steht – positive Aussichten, begrenzte Risiken –, während er umgekehrt die mageren Knochen links liegen lässt. Die Belohnung für diese Vorgehensweise besteht in einer Rendite von aktuell mehr als 193% seit Juni 2012. Dieses Traumergebnis erzielte Dombret übrigens nicht mit exotischen Titeln sondern durch die mittelfristige Anlage in den Aktien von DAX, MDAX, SDAX und TecDAX. Mit einem Investitionsgrad von rund 88% zeigt er sich aktuell chancenorientiert.
Überraschungen am laufenden Band
Wie man am Beispiel Italien sehen konnte, ist manche Überraschung eine, auf deren Eintreten man förmlich warten konnte. Und weil es solche Überraschungen auch bei Unternehmen gibt, setzt Christian Nüchter („Dapang“) mit seinem wikifolio „Earnings Per Share Surprise Trader“ ganz gezielt darauf – allerdings auf positive! Dafür nutzt er keine Glaskugel, sondern eine Mischung aus bereits bekannten Fakten und daraus ableitbaren Entwicklungen. Die Initialzündung ist nämlich eine Überraschung, die schon stattgefunden hat.
Waren die letzten Quartalszahlen deutlich über den Erwartungen, dann geht Nüchter davon aus, dass dies ein Indiz für eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte ist. Insbesondere „Marktteilnehmer, die ein Unternehmen u.a. mit der Discounted Cashflow Methode der zukünftigen Erträge bewerten“, werden die Aktie als günstig wahrnehmen und entsprechend zu Käufen motiviert. Zudem bleibt eine positive Ertragsüberraschung oft nicht allein, was zu einer weiteren Aufwertung führen sollte. Der Erfolg gibt Nüchter recht: Seit Mitte August 2012 steht eine Performance von mehr als 171% auf der Uhr. Aktuell ist er zu mehr als 93% investiert.
Volle Konzentration
Der Dritte im Bunde tut etwas, wovor an der Börse eigentlich gewarnt wird: Er hat „Lieblingswerte“, so die Bezeichnung seines wikifolios. Abgelehnt wird eine emotionale Bindung an die gehaltenen Titel vor allem mit dem Hinweis, dass man dadurch an Objektivität einbüße. Allerdings hat der Investmentprozess von Candidus Max Cortolezis („Gewinneraktien“) tatsächlich rein gar nichts mit Emotionen zu tun: Vielmehr wählt er die Titel für sein wikifolio auf Basis eines objektiven Punktesystems aus, das auf die äußerst erfolgreiche, frühere Börsenhändlerin Susan Levermann zurückgeht.
Das Zauberwort dabei heißt Konzentration, denn er hat die ursprüngliche Liste der vorgeschlagenen Kriterien auf etwa die Hälfte eingedampft. Eingedampft hat er auch die Anzahl der so ermittelten „Lieblingswerte“, in die schließlich investiert wird: Derzeit befinden sich ganze vier Aktien in seinem wikifolio, wobei auf die Top-Positionen MPH Health Care und Zapf Creation jeweils ein Depotanteil von mehr als 30% entfällt. Eine Performance von knapp 89% seit Anfang Mai 2016 ist ein starkes Indiz dafür, dass Cortolezis sich genau auf das Richtige konzentriert.
Was kommt?
Das sollten Anleger im Auge behalten
Nach den Zahlen zur US-Beschäftigung und zur US-Lohnentwicklung vom Freitag, stehen am kommenden Donnerstag dann die BIP-Zahlen der Eurozone auf der Agenda. Die verschärften Spannungen im Welthandel werfen zudem ihre Schatten auf den am 8./9. Juni im kanadischen Charlevoix stattfindenden G7-Gipfel.
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