19.04.2016, 6350 Zeichen
Sehr geehrte Privatanleger,
in den letzten Wochen machte die Enthüllungen um die sogenannten Panama Papers medien- und politikwirksam die Runde. Wolfgang Schäuble präsentierte einen 10-Punkte-Plan gegen die Steuerflucht. Journalistische Recherche gegen Steuerflucht, Aktionen gegen Steuerflucht – all dies klingt gut. Aber die Wirklichkeit ist mal wieder – wie so oft in den letzten Jahren – anders, als Medien und Politik es uns glauben lassen.
Rund 400 Journalisten in 100 Medienorganisationen und 80 Ländern waren mehr als ein Jahr mit der Auswertung beschäftig. Wer orchestriert so etwas? Wer Journalisten kennt, weiß, dass es oft Individualisten sind. Berufsneid ist ihnen nicht fremd, Streit auch nicht. Der Absturz des großartigen Vereins Netzwerk Recherche e. V. deutscher Journalisten, den ich als Beobachter miterleben durfte, zeugt davon. Nein, hier hatten Staaten und andere Organisationen ihre Hand im Spiel – sonst hätte ein solches Großprojekt nicht durchgeführt werden können.
Deutsche Unternehmen, Personen mit Verbindungen zu russischen Präsidenten und zur chinesischen Politikelite – ein buntes Potpourri wurde uns nach der Veröffentlichung von 214.000 Briefkastenfirmen präsentiert. Aber – und das ist das Interessante – kein Amerikaner von Rang war darunter.
Seit der Finanzkrise haben die USA erheblichen Druck auf verschiedene Steueroasen ausgeübt. Die Schweiz ist mittlerweile extrem transparent, dienstbeflissen und gesetzeskonform. Das amerikanische Justizministerium entscheidet darüber, auf welche von drei Listen jede Schweizer Bank kommt und wie viel Strafe eine Bank zahlt, damit ein sogenanntes „non-prosecution-agreement“ (NPA) zustande kommt. Auch Liechtenstein ist sauber.
Ich habe selber erlebt, wie die schweizerische Finanzmarktaufsicht FinMa quasi als verlängerter Arm des amerikanischen Justizministeriums agierte. Kein Wunder: vor einigen Jahren verhafteten die USA einige schweizerische Bankmanager, weil diese angeblich amerikanisches Recht gebrochen haben. Mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit ist danach die Schweiz eingeknickt. Viele Schweizer Banken haben sich mit Strafzahlungen in Milliardenhöhe den Verzicht auf Strafverfolgung in den USA erkauft, ihre Taktiken zur Steuerhinterziehung offengelegt und damit das lange verteidigte Schweizer Bankgeheimnis zu Grabe getragen.
Als (auch) amerikanischer Staatsbürger bin ich verpflichtet, den amerikanischen Steuerbehörden in meiner Steuererklärung jede Bankverbindung zu melden. Ebenso gehen meine Mehrheitsbeteiligungen nicht mit dem Gewinn oder Verlust, sondern mit den einzelnen Ertrags- und Aufwandspositionen in meine amerikanische Steuererklärung ein.
Nicht nur ich bin dazu gezwungen, sondern auch alle ausländischen Banken, die Konten für U.S.-Bürger führen. Dies ist die Folge des FATCA-Gesetzes von 2010 (Foreign Accounts Tax and Compliance Act). Die amerikanischen Behörden können aufgrund von FATCA weltweit Informationen einholen – und halten sich selbst nicht daran.
Schnell werden die USA zum größten Offshore-Bankplatz der Welt. Im bekannten Steuerparadies Delaware sind in einem einzigen Haus 285.000 Briefkastenfirmen ansässig. Und in Nevada, Wyoming und South Dakota entstehen neue Steueroasen. Bereits 2013 hat die Schweizer Rothschild Bank AG in Reno eine Filiale eröffnet. Kein Wunder: Nevada hat wohl weltweit einmalig lockere Vorschriften für Ltds. (GmbHs): Keine Stammkapitalpflicht, keine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht, keine Aufbewahrungspflicht für Belege und keine Nachweise zur Mittelverwendung. Wenn Sie gut beraten sind, können Sie auch Betriebsprüfungen vermeiden.
„Wie ironisch, – nein, wie pervers – dass die USA in ihrer Verurteilung von Schweizer Banken so scheinheilig ist und dabei zur Gerichtsbarkeit des Bankgeheimnisses geworden ist (…) Können Sie das Riesen-Sauggeräusch hören? Es ist der Klang des Geldes, das in die USA rauscht“, so der Züricher Anwalt Peter Cotorceanu.
Amerika hat in der OECD auch das Abkommen zum automatischen Informationsaustausch (AIA) durchgesetzt, an dem fast 100 Staaten teilnehmen, und das die Banken in diesen Ländern verpflichtet, u. a. den amerikanischen Behörden die Vermögensverhältnisse für U.S.-Bürger zu melden. Das Abkommen hat nur eine kleine Asymmetrie: die USA selber sind nicht beigetreten und halten sich nicht daran. Wirtschaftsimperialismus pur. Faire internationale Praktiken: Fehlanzeige.
So haben die USA nicht nur ihre Verbündeten als Helfershelfer für die Jagd auf eigene Steuersünder eingespannt, sondern auch noch Steuersünder und viele ultrareiche Familien in ihre eigenen geschützten Steueroasen geholt. Kein Wunder, dass der Dollar beim Zustrom so großer Finanzmassen derzeit stark ist. Zudem: wenn die FED nun das Geldmengenwachstum etwas eindämmt, müssen die Impulse für die marode amerikanische Wirtschaft ja irgendwoher kommen.
Die Panama Papers beschleunigen den Prozess nun noch. In nicht-amerikanischen Steueroasen müssen jetzt viele um die Aufdeckung bangen. Was liegt da nahe? Richtig – Geld in eine amerikanische Oase bringen-
So betätigt sich Herr Schäuble mit seinem 10-Punkte-Programm, wie auch unmittelbar nach der Finanzkrise Herr Steinbrück, als oberster amerikanischer Finanzbeamter. Herzlichen Glückwunsch!
Auf gute Investments!
Ihr
Prof. Dr. Max Otte
Hinweis/Disclaimer:
Prof. Dr. Max Otte berät beziehungsweise Unternehmen, an denen Prof. Dr. Max Otte beteiligt ist, beraten den PI Global Value Fund (WKN: A0NE9G) und den Max Otte Vermögensbildungsfonds (WKN: A1J3AM). Diese beiden Fonds könnten Positionen in Titeln halten, die in dieser Kolumne genannt sind.
Für den Fall, dass Leser dieser Kolumne Positionen in einen genannten Titel in einem Umfang erwerben, der dazu geeignet ist, den Preis des Titels zu beeinflussen, könnte der Verfasser dieser Kolumne und / oder einer beziehungsweise beide die Fonds im Falle der Veräusserung des Titels aus deren Portfolio nach einem solchen Kursanstieg vom Erwerb des Titels durch die Leser der Kolumne profitieren. Auch im Falle eines Verkaufs in einem entsprechenden Umfang durch Leser der Kolumne könnte der Verfasser dieser Kolumne und / oder einer beziehungsweise beide Fonds von fallenden Kursen durch günstigere Einstiegskurse im Falle eines späteren Kursanstiegs profitieren.
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