Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg und hat am 2.7.2012 sein neues Buch, âDie Gemeinwohl-Falleâ veröffentlicht. Es sei als fundierte Antwort auf die Aussagen von Christian Felber, Jean Ziegler oder der Arbeiterkammer zu sehen.
U.a. Bericht hat er heute an Journalisten verschickt. Gerne bringe ich den Beitrag.
"SPAR-Hausdurchsuchung: AK Wien und Felber (âAttacâ) gegen SPAR?
Schon 2008 beschuldigte die Arbeiterkammer Ãsterreichs Einzelhandel, grundlos teurer anzubieten als die deutsche Konkurrenz. Christian Felber (âAttacâ) unterstellte Ãsterreichs Handelskonzernen kartellartiges Verhalten und will sie komplett verstaatlichen[1]. Die Hausdurchsuchung in der Salzburger Spar-Zentrale durch die Bundeswettbehörde wurde von der AK nun zum Anlass genommen, noch einmal auf das vermeintlich höhere Preisniveau in Ãsterreich hinzuweisen.
AK Wien: Geschürte Wut
2008 warf die âAK Wienâ dem Salzburger Einzelhandel vor, Lebensmittel um 13% teurer als in Freilassung anzubieten. Tenor: Der Lebensmittelhandel bereichere sich auf Kosten seiner Kunden.
Dabei wurden in der AK-Studie v.a. Top-Markenartikel abgetestet. So kostete âUncle Benâs Spitzen Langkorn Reis 500 Grammâ in Freilassing 1,79 Euro, in Salzburg hingegen 2,19 Euro (+ 22,3%).
Tatsächlich kaufen Familien aber nicht âdekadent-klein-portionierte Yuppie-Markenâ, sondern günstige Eigenmarken. Einen Kilo âClever Langkornreisâ bei Billa hätte es für 0,79 Euro gegeben - bei doppeltem Inhalt! Der âSPAR Kochbeutel Reis 500 Grammâ kostete 0,89 Euro.
35% seines Umsatzes machte der SPAR-Konzern 2012 bereits mit Eigenmarken â Wachstum 10% im Jahr.
Deutschland: Viele Filialen â günstige Zentrale
Dass Markenartikel in Deutschland tatsächlich etwas günstiger sind, hängt mit der GröÃe unseres Nachbarn zusammen. Deutschlands Mega-Konzerne kaufen nicht nur billiger ein, sie verteilen die Kosten ihrer Hauptzentralen auch auf viel mehr Outlets. Bei âHofer Ãsterreichâ müssen 435 Filialen die Zentrale in Sattledt finanzieren, bei der Mutter âAldi Südâ sind es 1.800. Bei âLidl Ãsterreichâ werden die hohen Fixkosten auf gerade einmal 197 Filialen verteilt, bei Lidl Deutschland sind es 3.100! Ein Kosten-Faktor von 1:15!
AuÃerdem schlägt Ãsterreichs Sozialstaat um 3% mehr Umsatzsteuer auf die Lebensmittel als der deutsche Fiskus â nicht zuletzt wegen der AK-âDauer-Propagandaâ, dass der Sozialstaat weiter ausgebaut werden müsse (was aber v.a. den weiteren Ausbau des Steuer-Staates zur Folge hat und die Realeinkommen kürzt).
GroÃ-Betriebe â kleine Preise
âBayerische Milchbauern sind doppelt so groà wie österreichische. Das Milchauto muss aber jeden Betrieb anfahren, egal ob für 2.000 Liter oder für 4.000â, weià Josef Braunshofer von der Berglandmilch. Ein einziger deutscher Konzern (âNordmilchâ) verarbeitet mehr Milch als alle österreichischen Molkereien zusammen. Natürlich kostet âKonzernmilchâ dann bedeutend weniger.
Das Resultat billigerer Lebensmittel sind hochgezüchtete (und mit Medikamenten niedergespritzte) Kühe, die in ihrem Riesenstall oft kein Tageslicht haben und nach nur 2 Jahren als ausgezehrte Turbo-Kühe in der Wurstfabrik landen. Wenn man den Geiz der âkleinen Leuteâ anstachelt, sollte man auch die Produktionsbedingungen vor Augen haben, die dieser dann zur Folge hat.
Ãsterreicher wollen Ãsterreich
Nur Holländer und Franzosen sind noch sparsamer als Deutsche
[2], 50% des Einzelhandels finden dort in billigen Discountern statt. In Ãsterreich sind es erst 27 Prozent. Die Ãsterreicher sind (noch) etwas bodenständiger und qualitätsbewusster. Sie fragen regionale Fleisch- und Käsesorten aus heimischen Klein- und Kleinstbetrieben nach. Deren (zu) hohe Preise müssen im Wege einer Mischkalkulation von den Markenprodukten mitgetragen werden. Damit sind Ãsterreichs Sortimente insgesamt zwar ein bisschen teurer als in Deutschland oder Holland, dafür aber ökologisch und qualitativ um Klassen besser.
Felber (âAttacâ): SPAR verstaatlichen?
âDrei Einzelhandelsriesen beherrschen in Ãsterreich 77 Prozent des Marktes. Wer aufmuckt, wird sanktioniert. Wer sich weigert, Listungsgebühren, Jubiläumszahlungen, Werbekostenzuschläge oder sogar Renovierungsgebühren zu zahlen, wird ausgelistet. Das kann sich kaum ein/e Zuliefer/in leisten, weil keine Alternative da istâ, so Felber von Attac Ãsterreich. Einmal an der Macht will er u.a. den SPAR-Konzern vergesellschaften â jeweils 50% gingen an die Republik und SPAR-Mitarbeiter.
Wer über kaufmännische Grundkenntnisse verfügt, dem ist bekannt, dass keine Brache so wenig verdient wie der Einzelhandel.
Von 2,68 Mrd. Umsatz (im 1. HJ. 2012) blieben nur 34,7 Mio. Gewinn über â oder 1,29% am Umsatz. Vom â100-Euro-Einkaufâ gehen nämlich als erstes einmal 9,09 Euro als Umsatzsteuer an den Staat (und via Sozialleistungen an bedürftige Bürger und Beamte).
Knappe 90% machen dann die Kosten aus â für Handelswaren, Gebäude, Mitarbeiter u.a.. Vom Brutto-Gewinn (1,17 Euro) gehen noch 0,29 Euro als Körperschaftssteuer (KÃSt) und weitere 0,22 Euro als Kapitalertragssteuer (KESt) an den Staat.
Ganze 0,66 Euro â in Worten: Null-Komma-sechsundsechzig â bleiben den SPAR-Eigentümern vom â100-Euro-Brutto-Einkaufâ letztendlich über.
Profitgier: 100 Euro Umsatz â 0,66 Euro Gewinn
Nur â66 Centâ pro GroÃeinkauf genügen, um die logistisch perfekteste und preislich billigste Güter-Versorgung in der Menschheitsgeschichte zu garantieren â zusätzlich zu Zehntausenden Arbeitsplätzen.
Wer dem heimischen Handel Bereicherungsabsicht unterstellt, kann entweder keine Bilanzen lesen oder will nur die Wut der Menschen schüren. Oder beides.
Â
âJedes fünfte Brot landet auf dem Müll, die Bäcker bleiben auf bis zu 25 Prozent ihrer Produkte sitzenâ, schrieb der Standard einmal. In Wahrheit sind Lebensmittel heute viel zu billig. Seit den 1960er Jahren sanken die Ausgaben der Haushalte für Lebensmittel von 38% auf etwas über 12%. Der Preisdruck durch Konzernwettbewerb und Konsumenten hat zwar zu Dumpingpreisen, dafür aber auch zu mehr Verschwendung geführt.
Und eigentlich sollten wir uns fragen, wann die Preise für Lebensmittel endlich wieder steigen.
Dazu zwei Grafiken:
Aktien auf dem Radar:Pierer Mobility, UBM, Palfinger, Addiko Bank, Immofinanz, CA Immo, Mayr-Melnhof, Polytec Group, Verbund, RBI, Athos Immobilien, Cleen Energy, EuroTeleSites AG, Kostad, Lenzing, Josef Manner & Comp. AG, VAS AG, Wolford, Agrana, Amag, EVN, Flughafen Wien, OMV, Österreichische Post, Telekom Austria, Uniqa, VIG, BASF, Zalando, Mercedes-Benz Group, Allianz.