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Cafe BE: FPÖ/BZÖ/LIF einig - Nein zu Vermögenssteuern, Ja zur ÖIAG (Christian Drastil)


Autor:
Christian Drastil

Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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12.09.2011, 24885 Zeichen
Eine gut gelaunte politische Runde sprach sich am 8.9. im Cafe BE klar für weitere Privatisierungen und ein Steuerumdenken aus. Mit: Barbara Kappel (Wirtschaftssprecherin FPÖ), Christian Ebner (Generalsekretär BZÖ) und Angelika Mlinar (Bundessprecherin LIF) Bilder unter http://www.boerse-express.com/cat/diasho...

Cafe BE: Der Kapitalmarkt läuft nicht, die Rahmenbedingungen haben sich insbesondere in Österreich verschlechtert. Alles ist rückläufig: Die Transaktionen, die Volumina, die Indexstände. Die Einstellung der Regierung - vor allem der Kanzlerpartei - zum Kapitalmarkt kennt man. Von der Opposition hört man wenig bis gar nichts zu diesem Thema, findet auch auf den Homepages nichts. Ist der Kapitalmarkt eine Sache, die einfach „egal“ ist oder vielleicht eher eine Sache, mit der man keinen Blumentopf beim Wähler gewinnen kann?

Barbara Kappel: Programme von Parteien sollen eher allgemein gehalten sein, wie auch Verfassungen allgemein gehalten sind. Ich glaube, die amerikanische Verfassung ist auf nur etwas mehr als 20 Seiten zusammengefasst. Es hat keinen Sinn, alles bis in letzte Detail zu definieren. Man muss einen Rahmen abstecken und innerhalb dieses Rahmens muss man im Prinzip arbeiten können. Der Kapitalmarkt sollte für Österreich und Kontinentaleuropa aber trotzdem ein viel wichtigeres Thema werden. Ich hatte diese Woche ein sehr interessantes Gespräch mit einem der Top-Banker in Österreich, der mir sagte, das wahre Problem mit Basel III sei, dass es in Österreich und Europa so wenige Kapitalmarktfinanzierungen gibt. Die grossen Unternehmen gehen zu 90 Prozent zur Bank, wenn sie Geld brauchen, maximal zehn Prozent gehen über den Kapitalmarkt. In den USA ist das umgekehrt, 90 Prozent Kapitalmarkt. Das zeigt, dass das Thema Kapitalmarkt in Kontinentaleuropa erstens nicht die Tradition hat, weiters nicht in der entsprechenden Form gefördert wird. Ich würde mich sehr dafür einsetzen, dass sich das ändert. Da müssen Initiativen erarbeitet werden.

Cafe BE: Sie haben vor zwei Monaten in einem Interview sehr klare Kontra-Argumente, was die Wertpapier-KESt betrifft, gebracht. Werden Sie sich da noch stärker engagieren?

Kappel: Ich werde mich da sicher noch stärker engagieren, weil ich einen sehr einfachen Zugang zu diesen Dingen habe. Wenn Sie heute Wachstum aufhalten oder hemmen, das passiert mit der WP-KESt, dann schädigen Sie den Kapitalmarkt und die Unternehmen. Es ist kontraproduktiv, wenn das Wertpapiergeschäft zusammenbricht. Aber es geht da nicht nur um die Wertpapier-KESt, es ist eine allgemeine Problematik, dazu gehört auch die Finanzkrise in Europa. Wir haben eine Vertrauenskrise. Die Politiker müssen schauen, dass die Menschen und die Märkte wieder Vertrauen in die politischen Entscheidungen gewinnen.

Cafe BE: Frau Mlinar, das LIF wettert auf der Homepage gegen die Vermögenssteuer. Zum Kapitalmarkt findet man aber auch bei Ihnen keine Statements. Wie sehen Sie die aktuelle Situation?

Angelika Mlinar: Grundsätzlich möchte ich meiner Vorrednerin zustimmen, Parteiprogramme sollten allgemein gehalten sein. Aber ich gebe Ihnen schon recht: Das Thema ist aktuell negativ besetzt, als Liberale bin ich sowieso immer die „Neoliberale“ und werde abgewatscht, wir sind ja - der Theorie nach - schuld an der Krise, was ich natürlich nicht unterstütze. Ich meine, wir befinden uns in einer Übergangszeit – und ich habe dazu viele führende europäische Medien konsumiert in den vergangenen Monaten - mit einem Spannungsverhältnis zwischen Politik und Kapitalmarkt, da ist eine Schieflage entstanden. Und niemand weiss so recht, wie man da wieder herauskommt. Es ist auch eine Demokratiekrise, die Situation ist verfahren, Bretton Woods gibt es nicht mehr, die Konstellation zwischen Politik, Demokratie, Kapital und Geld ist auch nach Jahrzehnten noch nicht schlüssig geklärt. Die KESt spricht nur einen Detailbereich an. Wie will man als Gesellschaft in 30 Jahren funktionieren? Das ist für mich eine Frage, in die alles hineinspielt.

Cafe BE: Und wie sieht das BZÖ den Kapitalmarkt?

Christian Ebner: Der Kapitalmarkt ist doppelt wichtig. Für die Unternehmen als Finanzierungsquelle für die Expansion und um Arbeitsplätze zu schaffen. Und andererseits für die Privaten zum Vermögensaufbau und zur Vorsorge. Der zweite Bereich wird immer wichtiger, weil das staatliche Pensionssystem der Umlage nicht mehr greift - aufgrund der dramatischen demografischen Entwicklung, dass die Österreicher im Wesentlichen pro Generation um ein Drittel schrumpfen. D.h. wir brauchen unbedingt eine private Vorsorge. Das BZÖ hat diesbezüglich ein sehr detailliertes Wirtschafts- und Steuerprogramm vorgelegt, wo wir sagen, dass grundsätzlich Kapitalerträge pauschal mit 25 Prozent besteuert werden sollten und auch nichts mehr vom Staat gefördert werden soll. Derzeit ist es ja so, dass, wenn ich mein Geld auf die Bank lege oder Anleihen kaufe, meine Erträge mit 25 Prozent besteuert werden. Wenn ich aber sage, ich investiere in ein tolles Unternehmen, dann zahle ich Gesellschaftssteuer, wenn das Unternehmen dann hoffentlich Gewinne macht, dann zahlt das Unternehmen 25 Prozent KÖSt und wenn die Gewinne dann an die Anleger weitergeleitet werden, dann fallen bei Dividenden noch einmal 25 Prozent KESt an und auch der Wertzuwachs wird besteuert. Das heisst, Investitionen in Unternehmen werden dreifach besteuert, das ist absurd. Für Private ist es steuerlich viel interessanter, in irgendwelche schwindlige Staatsanleihen zu investieren, das ist das Grundproblem. Daher haben wir auch gesagt: Wir kopieren die Slowaken und befreien die Ausschüttungen der Unternehmen von den Steuern und besteuern nur einmal, und das ist die KÖSt.

Cafe BE: D.h. eine Dividende sehen Sie steuerfrei?

Ebner: Genau, nach slowakischem Vorbild. Das würde einen Turbo für den Wirtschaftsstandort Österreich bedeuten, die Unternehmen würden profitieren, die Investion würde wieder interessant werden. Und die Steuerentlastung würde sich auch selbst finanzieren, denn das Steueraufkommen bei der KÖSt liegt derzeit bei 5 Mrd. Euro pro Jahr, wegfallen würden nur rund 800 Mio. pro Jahr. D.h., ich brauche nur bei der KÖSt eine Aufkommenserhöhung von 16 Prozent. Sieht man sich die Historie an mit der KÖSt-Senkung von 34 auf 25 Prozent, da ist das Aufkommen gestiegen, auch in der Slowakei ist das Aufkommen gestiegen, es würde sich selbst finanzieren. Steuersenkung wirkt.

Cafe BE: In der zweiten Runde möchte ich Privatisierungen, Potenziale und persönliche Wunschkandidaten für ein Börselisting hinterfragen. Wie stehen Sie zu diesen Themen?

Kappel: Ich stehe dem Thema Börsegang sehr positiv gegenüber. Energie-Landesversorger wären zB klassische Volksaktien. Ich glaube auch nicht, dass es noch nötig ist, dass am Verbund auf Bundesebene Mehrheiten gehalten werden. Nur ist leider das Klima nicht gut und das Vertrauen in den Kapitalmarkt nicht gegeben. Wir haben die Vertrauens- und Demokratiekrise. Der Staat muss konsolidieren, einen ausgeglichenen Haushalt schaffen, das Schuldenthema in den Griff bekommen. Damit bin ich genau beim Thema: Zusätzlich zu allen Reformschritten, zu einer Verwaltungsreform, zu einer Gesundheitsreform, braucht es Gelder aus Privatisierungen, da wird man nicht daran vorbeikommen.

Cafe BE: Gibt es Wunschkandidaten?

Kappel: Es gibt insbesondere auf der Ebene der Gemeinde Wien eine ganze Liste von Privatisierungs-Wunschkandidaten, aber die werde ich zu einem geeigneten Zeitpunkt präsentieren.

Cafe BE: Wie sieht das LIF dieses Thema?

Mlinar: Meine Wunschkandidaten sind eher Zukunftsmusik, auch mit Wunschdenken in Richtung Alternative Energien. Wir haben nicht viel Tradition in Aktienfragen. Im Rahmen einer Veranstaltung vor zwei Monaten hat ein deutscher Börsenguru erneut den Rat gegeben, dass sich Wien doch wieder geografisch spezialisieren solle.

Cafe BE: Die Börse Wien ist ja via CEESEG bei etlichen Ostbörsen dabei, insgesamt ist Polen ein mehr als starker Konkurrent geworden ...

Mlinar: Polen ist aus der Krise sehr positiv ausgestiegen, auch im Vergleich. Dort gibt es auch eine starke Subkultur, Polen sind nach London gegangen, wieder zurückgekehrt. In Summe ist auch Migration wichtig, überall dort, wo Migration passiert, bewegt sich etwas. Das ist etwas, das wir wollen.

Cafe BE: Sie haben Alternative Energien genannt. Weitere Wunschkandidaten, im Alternativen Bereich gibt es im Staatsbesitz ja nicht viel ...

Kappel: Gott sei Dank (alle lachen).

Mlinar: Der Staat hat drei Aufgaben, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Chancengerechtigkeit in Bezug auf Bildung. Den Rest sollte man bitte nach Möglichkeit den Privaten überlassen. Das geht jetzt in Richtung Hayek, das ist klar, aber ich gehöre sicher zu den Staatsskeptikern von der Geschichte her. Ich bin Menschenrechtlerin, mann muss immer das Individuum vor der Übermacht des Staates schützen, in jeder Hinsicht. Also auch wirklich nichts gegen Börsegänge.

Ebner: Als rechtsliberale Partei sind wir der Ansicht, dass der Staat in der Wirtschaft ein gestrenger Schiedrichter sein sollte, aber kein Spieler. Immer, wenn jemand Spieler und Schiedsrichter gleichzeitig ist, produziert das Interessenskonflikte. Das passiert zum Beispiel jetzt beim Flughafen Wien, bei dem das Land Niederösterreich Umweltverträglichkeitsprüfungen locker abhandelt und gleichzeitig Grossaktionär ist. Ein sehr inkompetenter Aktionär, Skylink war ein Desaster, Schätzungen für die dritte Piste gehen weit auseinander und in München geht das zudem offenbar viel billiger. Wir sagen, es soll privatisiert werden und das privatisierte Unternehmen soll die Aktionäre von den Plänen überzeugen und eine Kapitalerhöhung machen. Ich sehe nicht ein, warum der Wiener oder niederösterreichische Steuerzahler das finanzieren soll, noch dazu, wo das Konzept ja an mehreren Punkten Schwachstellen halt. Also Privatisierung und der Staat dann aber als strenger Schiedsrichter in Umweltverträglichkeitsfragen. Da geht es um die Anrainer, eine klassische Trennung von Funktionen. Auch die Energieversorger sind für mich Privatisierungskandidaten. Es gibt keinen Grund, warum die Energieproduktionen in öffentlicher Hand sein sollte.

Mlinar: Noch dazu, wo wir ja keinen Markt haben.

Ebner: Richtig, das kommt ja noch dazu. Die Österreicher zahlen mehr für Energie, weil es ein Kartell von rot/schwarzen öffentlichen Betreibern gibt. Und zwar Versorger in doppeltem Sinne: Energieversorger und Versorger von minderqualifiziertem schwarz/rotem Personal. Wir wollen, dass die Produktion privatisiert wird, die Netze hingegen sollten in öffentlichem Eigentum sein. Die öffentliche Hand sollte hier Wettbewerb fördern, damit die Preise sinken. Das gilt für Energie genauso wie für die Bahn. Beispiele in Schweden und Grossbritannien zeigen, dass es äusserst effizient ist, wenn das Bahnnetz in öffentlichem Eigentum ist, aber der Güter- und Personenverkehr von effizienteren privaten Dienstleistern betrieben wird. Zusätzlich wären auch noch weitere Privatisierungsschritte bei Post und Telekom gut. Dazu die Research Center, der Staat fördert und ist Gesellschafter, ein klarer Vorteil gegenüber privaten Forschungsinstituten.

Kappel: Ich habe im April dieses Jahres gefordert, dass der Flughafen Wien privatisiert werden soll. Ich musste mich damals von der Sozialdemokratie wüst beschimpfen lassen müssen, in Richtung „Verschleudern von Familiensilber“.

Ebner: Das „Verschleudern von Familiensilber“ kommt immer als Killerargument von den Linken. Dabei ist es ja nichts Statisches, sondern ein Organismus, der lebt. Das beste Beispiel ist die voestalpine, die hat massiv an Wert gewonnen ohne Staat. Zweitens soll man das Geld aus Privatisierungen ja auch nicht verjubeln, sondern damit die Schulden reduzieren. Eine Transformation von Assets in Schuldenreduktion.

Kappel: Das war ja auch genau der Ansatz mit dem Flughafen und dem Stadt Wien-Anteil. Das Thema war, dass die Gemeinde Wien eine Schuldenexplosion hat. Das haben die wenigsten Leute zur Kenntnis genommen, dass die Schulden der Gemeinde Wien innerhalb eines Jahres um 50 Prozent angestiegen sind. Ich meinte, es wäre gut, wenn man die extrem schlecht gemanagte Flughafen-Beteilung veräussern würde. Also privatisieren und zur Schuldenreduktion zweckwidmen. Das ist auch für den Bund das grosse Thema.

Mlinar: Wir sollten uns überlegen, welche Rolle und welche Aufgaben hat der Staat? Wo ist der Staat als Eigentümer gerechtfertigt und wo nicht? voestalpine ist ein gutes Bespiel und wie schmerzhaft war es gerade für die Sozialdemokratie, das aufzugeben ...

Cafe BE: Und gerade die voestalpine hat ja eine ganz besondere Geschichte. Ich möchte da auch einhaken, die ÖIAG hat ja insgesamt einen guten Track Record, der ÖIAG-Index der börsenotierten Beteilungen der ÖIAG ist markant über dem ATX. Da sind natürlich auch Unternehmen wie Austria Tabak oder Böhler-Uddeholm historisch eingeflossen. Als Asset Manager der Republik hat die ÖIAG funktioniert. Manche wollen die ÖIAG abschaffen. Was meinen Sie: Brauchen wir die ÖIAG noch? Wenn ja, was soll sie machen?

Kappel: Das wird immer schlechtgeredet, aber das Gegenteil ist der Fall. Die ÖIAG ist eine Success Story und gehört aufgewertet, die ÖIAG sollte eine Reihe weiterer Unternehmen auf Börsegänge vorbereiten. Aber dazu wird es bedauerlicherweise in dieser Legislaturperiode nicht kommen, weil wir einen völligen Politikstillstand haben.

Mlinar: Ich sehe das ähnlich, die ÖIAG ist ihren Aufgaben gut nachgekommen und hat sich markttechnisch richtig verhalten.

Ebner: Die ÖIAG sollte als Privatisierungsholding fungieren, das sehe auch ich so. Dort, wo man ein Mandat hatte, hat man meist richtig agiert. Die AUA hat man leider verschlafen, die hätte man früher über die Börse verkaufen sollen. Das war ein politischer Fehler und vor allem im letzten Schritt der Privatisierung hat man alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann. Ein Bieterverfahren, bei dem es den Anschein hatte, dass fast alle aufgrund irgendwelcher seltsamer Formalien ausscheiden sollen, damit dann ein Wunsch-Interessent überbleibt, der dann auch noch die Bedingungen diktieren darf.

Mlinar: Das Gefühl ist in der österreichischen Gesellschaft schon sehr tief verwurzelt, dass man sich als Arbeitnehmer bei einem Staatsbetrieb gut fühlt und in der Privatwirtschaft den Löwen zum Frass vorgeworfen wird. Das ist das Thema der Gewerkschaften. Wir haben zuvor von der Reichensteuer kurz gesprochen. Wir haben in Österreich Transferleistungen auf ein Haushaltsbudget gerechnet von 37 Prozent. Das ist nach Nordkorea und Kuba der höchste Wert. Das müsste eigentlich reichen, aber es gibt eine ganz tiefgreifende Angst vor Markt und Bedrohung. Ich nehme dann immer das Beispiel der Telefoniekosten, als es nur einen Anbieter gab.

Kappel: Dieses Phänomen ist für mich ganz klar feststellbar – es spalten sich inhaltlich die Geister, ich sehe das insbesondere auf der Ebene der Gemeinde Wien. Es gibt eine Gruppe, die glaubt an den Markt - wie ich - und es gibt eine Gruppe, die glaubt an den Staat. Die Mitte ist weggebrochen. Dazwischen ist nichts mehr. Es geht nach rechts oder links. Vielleicht ist es auch ehrlicher, das so zu sagen. Also „Staat oder privat“, das kann man auf Parteienebene nachlesen, ich glaube, dass der Markt siegen wird. Es kann nur so sein.

Cafe BE: Hoffen wir es. Zurück zu den Steuern für Privatanleger. Lange Jahre gab es eine im internationalen Vergleich sehr angenehme Wertpapier-Besteuerung, jetzt haben wir „Worst in Europe“ mit unserer KESt. Wie sehen Sie eine faire Besteuerung von Gewinn/Verlust unabhängig von der Dividende?

Ebner: Wie zuerst gesagt, 25 Prozent auf Unternehmensebene ist ausreichend.

Cafe BE: Nochmal präzisierend: Wertzuwachs und Dividende steuerfrei?
Ebner: Richtig. Ich habe als Unternehmer zwei Möglichkeiten, ich schütte aus oder belasse die Gewinne im Unternehmen und setze stärker auf Wertsteigerung. Die KÖSt ist bereits bezahlt, weitere Steuern sehe ich nicht. Das wäre dann schon doppelt.

Mlinar: Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich da nicht im Detail mit einer fairen Kapitalmarktbesteuerung beschäftigt habe. Insgesamt glaube ich, dass der Faktor Arbeit zu stark besteuert wird.

Kappel: Ich glaube, dass man Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform mit einem einheitlichen Satz besteuern sollte. Kapitalgesellschaften zahlen 25 Prozent und Personengesellschaften bis zu 50 Prozent. Das finde ich nicht richtig. Eine rechtsformunabhängige einheitliche Besteuerung auf Unternehmensebene bei gleichzeitiger Steuerfreistellung von nicht entnommenen Gewinnen muss das Ziel sein. Die Eigenkapitalausstattung der österreichischen Unternehmen ist ein grosses Problem, Basel II und Basel III verstärkten das. Die Retailbanken haben leider extrem schlecht verhandelt, was Basel III betrifft, die Investmentbanken haben sich durchgesetzt, das bestätigen mir befreundete Banker. Ich erinnere auch nur an die Aussagen von Andreas Treichl in diesem viel gescholtenen Interview. Ein jahrelanger Unternehmenskunde einer Bank mit guter Bonität hat es viel schwieriger an Geld zu kommen wie Schuldenstaaten. Auch daher gehört der Kapitalmarkt gestärkt. Osteuropa ist eine riesige Chance, aber ich fürchte, Österreich verschläft das. Gute Lebensqualität und ein gutes Rating gibt es auch in Prag oder Warschau. Niemand hat ein Problem, nach Moskau zu gehen. Wir müssen den Standort attraktivieren, wir brauchen eine Vision für 2020. Unsere Wettbewerber sind global und insbesondere in Zentral- und Osteuropa.

Mlinar: Ich freue mich, das zu hören, ich habe sehr lange in Slowenien gelebt. Österreich hat extrem profitiert von der EU-Osterweiterung, mehr als alle anderen Länder. Es geht um eine politische Haltung diesbezüglich. Das ist unsere Zukunft. Mit dem Eisernen Vorhang war Wien eine Provinzstadt.

Ebner: Bezüglich Basel II und III möchte ich noch anmerken, dass da nicht nur die Banken schlecht verhandelt haben, auch Wirtschaftsminister Mitterlehner schläft wohl in der Pendeluhr. Basel III kommt über eine EU-Richtlinie, es liegt an Mitterlehner zu sagen, „ nein, das ist ein Wahnsinn, das machen wir nicht“. Er könnte das blockieren, aber er tut es nicht.

Mlinar: Brüssel ist ein anderes Pflaster, man muss dort Verbündete suchen.

Ebner: Die Bewertungen für Unternehmen und vor allem Staaten müssen realistisch sein, da könnte man eine Mischung von Ratings und CDS heranziehen.

Cafe BE: Stichwort Griechenland und der Euro ... (Anm.: Talk war am 8.9.)

Mlinar: Das ist eine Diskussion, die im Moment entschieden scheint. Es gibt im Moment kein Szenario, das es zulassen könnte, dass Griechenland aus dem Euro ausscheidet. Es ist meines Erachtens ja keine Euro-Krise, sondern eine EU-Krise. Und jede Krise ist auch eine Chance, wir haben aktuell leider ein Vertragsverhältnis, das nicht eingehalten wird. Bis jetzt ist es gutgegangen, aber es gibt nun Probleme, die man lösen muss. Es sind hausgemachte Probleme, Länder, in denen man überbordernden Staat hat und keine Fähigkeit, Steuern einzutreiben, weil man dem eigenen Staat auch nicht vertraut.

Ebner: Ich muss widersprechen, weil ich die Verknüpfung zwischen EU und Euro so nicht mag. Ich sage, der EU-Binnenmarkt ist eine Erfolgsstory, das funktioniert. Der Euro hingegen ist eine Schönwetterkonstruktion, das funktioniert nicht. Griechenland war nie Euro-fit und seitdem Griechenland beim Euro dabei ist, wurde es schlimmer. Das Land hat sich mit dem Euro überhoben, während man sich früher mit periodischen Abwertungen der Währung über Wasser halten konnte. Es ist zwar in den Verträgen kein Ausstiegsszenario vorgesehen, man sollte die Griechen aber zu einem Austritt zwingen. Jedes Land muss für seine eigenen Schulden geradestehen, es darf keine Finanztransfers geben. Fängt man Griechenland nicht auf, so wäre Griechenland wie zB Argentinien 2001 zahlungsunfähig. Dann darf die EZB griechische Banken nicht mehr refinanzieren. In diesem Moment wären die Griechen gezwungen, wieder eine eigene Währung einzuführen.

Cafe BE: Unentschieden, was meint die FPÖ?

Kappel: Ich habe dazu einen fürchterlich pragmatischen Ansatz. Vor einem Jahr wäre ein geeigneter Zeitpunkt gewesen, um zu verhandeln - in vielen Runden mit Neubewertung der griechischen Schulden. Das hat man versäumt. Nun sind wir – was mir missfällt – in der Transferunion angekommen, das ist eine Umverteilung, ein sozialistischer Ansatz, ein Feldexperiment. Niemand kann beantworten, wie lange man sich das leisten können wird. Und das ist die Verunsicherung, die Leute in Gold oder Immobilien führt. Das Nichtagieren der EU – und ich bin ein Freund der EU - stört mich. Nehmen sie die Schweizerische Nationalbank in dieser Woche – dieses Vorgehen habe ich als Leadership empfunden, dass die den Franken stabilisieren bei 1,20. Das war super. So ein Leadership würde ich mir auch bei der EU wünschen. Es fehlt an Leadership und Profil in den Institutionen und der Politik, eine Wirtschaftsregierung mit van Rompuy. Also bitte, das ist erschreckend.

Mlinar: Grundsätzlich sind wir nicht so weit auseinander. Aber ich persönlich habe den Wunsch nach einem grossen Leader nicht ....

Kappel: Leadership.

Mlinar: Es gibt andere Voraussetzungen, letztlich ist die Konsensfindung, so frustrierend und aufwändig sie auch sein mag, zielführend.

Ebner: Wie grosse Koalition forever?

Kappel: Leadership, das möchte ich klarstellen, hat nichts mit einer Diktatur zu tun.

Ebner: Wie lange können wir uns die Transferunion noch leisten? Ich denke, wir können sie uns schon jetzt nicht mehr leisten. Wir haben eine Rekordsteuerquote in Österreich von 45 Prozent vom BIP, damit sind wir bald Europameister im negativen Sinn. Wir überholen die Schweden, bei denen die Quote sinkt.

Kappel: Die Schweden sind auf einem super Weg.

Ebner: Wir haben Rekordsteuerquote und eine hohe Schuldenquote von 80 Prozent vom BIP, wenn man alles reinrechnet. Wenn man das vergleicht mit zwei Nachbarländern, der Schweiz und der Slowakei, die ja völlig unterschiedliche Voraussetzungen und völlig unterschiedliche Historie haben: Beide Länder kommen mit einer Steuerquote von 30 Prozent vom BIP aus. Die Leute der Schweiz und der Slowakei zahlen um ein Drittel weniger Steuern als in Österreich, trotzdem haben beide Länder eine Staatsverschuldung, die bei der Hälfte jener Österreichs liegt. Also Steuern werden bei uns wirklich genug gezahlt, das Geld wird nur leider versemmelt.

Mlinar: Es gibt zB in der Schweiz auch ein anderes Selbstverständnis von Staat. Dort ist er nicht so sehr der „Vater Staat“.

Cafe BE: Private Frage. Besitzen Sie österreichische Aktien?

Kappel: Nein, die habe ich alle verkauft, zu einem besseren Zeitpunkt.

Mlinar: Nein, auch kein Gold leider.

Ebner: Ich habe jetzt, bei den Tiefstständen der jüngeren Vergangenheit, wieder österreichische Aktien gekauft.

Cafe BE: Schlussfrage – gibt es Anliegen, die Sie noch loswerden möchten?

Kappel: Mein Hauptanliegen ist und bleibt, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts steigern. Nicht nur im Vergleich zu den Nachbarländern, sondern auch darüber hinaus. Es müssen Anreize geschaffen, der Kapitalmarkt muss belebt werden und die Steuern müssen gesenkt werden. Ich habe mich in Alpbach mit Lars Feld, einem der deutschen Wirtschaftsweisen, unterhalten. Auch in Deutschland soll es nur noch Programme zur Steuersenkung geben, um Wachstum zu generieren. In Österreich liegt die Steuersituation im Argen mit mehr als 44 Prozent Abgabenquote. Es bringt nichts, dass man sich selber belügt, wir sehen in der Gemeinde Wien im Sinne der Maastrichtkritierien das Land und die Gemeinde abgerechnet. Ich bin auch kein Freund der Kammeralistik, das bringt uns als Standort nicht weiter.

Mlinar: Mir geht es vor allem darum, dass man erkennt, in welcher Zeit wir leben und was die Szenarien für die Zukunft sind. Die Welt ist globalisiert, unsere Konkurrenten sind auch hungrige Länder wie China oder Brasilien. Unsere Saturierung ist unser Problem. Wie schaffe ich es jetzt als Regierung, dass meine Bevölkerung fit ist für eine Welt, die andere Spielregeln hat als jene vor 20 Jahren? Welche Steuerlast erträgt ein Markt, der sich bewähren muss?

Ebner: Eine Vermögenssteuer würde bedeuten, etwas, das schon 2x besteuert wurde, noch einmal zu besteuern. Beim Einkommen, bei der Veranlagung, dann noch einmal bei der Substanz? Nein. Das ist Problem ist vielmehr, dass das Geld mit beiden Händen aus dem Fenster geworfen wird. Und Kammeralistik, da haben Sie recht, es gibt nichts Intrasparenteres. Bund, Länder und Gemeinden sollten so wie Unternehmen auch nach dem Prinzip der doppelten Buchhaltung geführt werden. Öffentliche Körperschaften sollen ihre Bilanzen ins Internet stellen und das auch für jedermann einsehbar machen. Wir als Stakeholder haben das Recht auf diese Informationen.

Kappel: Als nächstes sollte der BE unbedingt eine Runde zur Vermögenssteuer machen. Da kann man nur dagegen sein.

Mlinar/Ebner: Richtig.

Diskussionsleitung: Christian Drastil
Fotos: Martina Draper
Mehr unter http://www.boerse-express.com/cafebe
(12.09.2011)

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    Angelika Mlinar: Grundsätzlich möchte ich meiner Vorrednerin zustimmen, Parteiprogramme sollten allgemein gehalten sein. Aber ich gebe Ihnen schon recht: Das Thema ist aktuell negativ besetzt, als Liberale bin ich sowieso immer die „Neoliberale“ und werde abgewatscht, wir sind ja - der Theorie nach - schuld an der Krise, was ich natürlich nicht unterstütze. Ich meine, wir befinden uns in einer Übergangszeit – und ich habe dazu viele führende europäische Medien konsumiert in den vergangenen Monaten - mit einem Spannungsverhältnis zwischen Politik und Kapitalmarkt, da ist eine Schieflage entstanden. Und niemand weiss so recht, wie man da wieder herauskommt. Es ist auch eine Demokratiekrise, die Situation ist verfahren, Bretton Woods gibt es nicht mehr, die Konstellation zwischen Politik, Demokratie, Kapital und Geld ist auch nach Jahrzehnten noch nicht schlüssig geklärt. Die KESt spricht nur einen Detailbereich an. Wie will man als Gesellschaft in 30 Jahren funktionieren? Das ist für mich eine Frage, in die alles hineinspielt.

    Cafe BE: Und wie sieht das BZÖ den Kapitalmarkt?

    Christian Ebner: Der Kapitalmarkt ist doppelt wichtig. Für die Unternehmen als Finanzierungsquelle für die Expansion und um Arbeitsplätze zu schaffen. Und andererseits für die Privaten zum Vermögensaufbau und zur Vorsorge. Der zweite Bereich wird immer wichtiger, weil das staatliche Pensionssystem der Umlage nicht mehr greift - aufgrund der dramatischen demografischen Entwicklung, dass die Österreicher im Wesentlichen pro Generation um ein Drittel schrumpfen. D.h. wir brauchen unbedingt eine private Vorsorge. Das BZÖ hat diesbezüglich ein sehr detailliertes Wirtschafts- und Steuerprogramm vorgelegt, wo wir sagen, dass grundsätzlich Kapitalerträge pauschal mit 25 Prozent besteuert werden sollten und auch nichts mehr vom Staat gefördert werden soll. Derzeit ist es ja so, dass, wenn ich mein Geld auf die Bank lege oder Anleihen kaufe, meine Erträge mit 25 Prozent besteuert werden. Wenn ich aber sage, ich investiere in ein tolles Unternehmen, dann zahle ich Gesellschaftssteuer, wenn das Unternehmen dann hoffentlich Gewinne macht, dann zahlt das Unternehmen 25 Prozent KÖSt und wenn die Gewinne dann an die Anleger weitergeleitet werden, dann fallen bei Dividenden noch einmal 25 Prozent KESt an und auch der Wertzuwachs wird besteuert. Das heisst, Investitionen in Unternehmen werden dreifach besteuert, das ist absurd. Für Private ist es steuerlich viel interessanter, in irgendwelche schwindlige Staatsanleihen zu investieren, das ist das Grundproblem. Daher haben wir auch gesagt: Wir kopieren die Slowaken und befreien die Ausschüttungen der Unternehmen von den Steuern und besteuern nur einmal, und das ist die KÖSt.

    Cafe BE: D.h. eine Dividende sehen Sie steuerfrei?

    Ebner: Genau, nach slowakischem Vorbild. Das würde einen Turbo für den Wirtschaftsstandort Österreich bedeuten, die Unternehmen würden profitieren, die Investion würde wieder interessant werden. Und die Steuerentlastung würde sich auch selbst finanzieren, denn das Steueraufkommen bei der KÖSt liegt derzeit bei 5 Mrd. Euro pro Jahr, wegfallen würden nur rund 800 Mio. pro Jahr. D.h., ich brauche nur bei der KÖSt eine Aufkommenserhöhung von 16 Prozent. Sieht man sich die Historie an mit der KÖSt-Senkung von 34 auf 25 Prozent, da ist das Aufkommen gestiegen, auch in der Slowakei ist das Aufkommen gestiegen, es würde sich selbst finanzieren. Steuersenkung wirkt.

    Cafe BE: In der zweiten Runde möchte ich Privatisierungen, Potenziale und persönliche Wunschkandidaten für ein Börselisting hinterfragen. Wie stehen Sie zu diesen Themen?

    Kappel: Ich stehe dem Thema Börsegang sehr positiv gegenüber. Energie-Landesversorger wären zB klassische Volksaktien. Ich glaube auch nicht, dass es noch nötig ist, dass am Verbund auf Bundesebene Mehrheiten gehalten werden. Nur ist leider das Klima nicht gut und das Vertrauen in den Kapitalmarkt nicht gegeben. Wir haben die Vertrauens- und Demokratiekrise. Der Staat muss konsolidieren, einen ausgeglichenen Haushalt schaffen, das Schuldenthema in den Griff bekommen. Damit bin ich genau beim Thema: Zusätzlich zu allen Reformschritten, zu einer Verwaltungsreform, zu einer Gesundheitsreform, braucht es Gelder aus Privatisierungen, da wird man nicht daran vorbeikommen.

    Cafe BE: Gibt es Wunschkandidaten?

    Kappel: Es gibt insbesondere auf der Ebene der Gemeinde Wien eine ganze Liste von Privatisierungs-Wunschkandidaten, aber die werde ich zu einem geeigneten Zeitpunkt präsentieren.

    Cafe BE: Wie sieht das LIF dieses Thema?

    Mlinar: Meine Wunschkandidaten sind eher Zukunftsmusik, auch mit Wunschdenken in Richtung Alternative Energien. Wir haben nicht viel Tradition in Aktienfragen. Im Rahmen einer Veranstaltung vor zwei Monaten hat ein deutscher Börsenguru erneut den Rat gegeben, dass sich Wien doch wieder geografisch spezialisieren solle.

    Cafe BE: Die Börse Wien ist ja via CEESEG bei etlichen Ostbörsen dabei, insgesamt ist Polen ein mehr als starker Konkurrent geworden ...

    Mlinar: Polen ist aus der Krise sehr positiv ausgestiegen, auch im Vergleich. Dort gibt es auch eine starke Subkultur, Polen sind nach London gegangen, wieder zurückgekehrt. In Summe ist auch Migration wichtig, überall dort, wo Migration passiert, bewegt sich etwas. Das ist etwas, das wir wollen.

    Cafe BE: Sie haben Alternative Energien genannt. Weitere Wunschkandidaten, im Alternativen Bereich gibt es im Staatsbesitz ja nicht viel ...

    Kappel: Gott sei Dank (alle lachen).

    Mlinar: Der Staat hat drei Aufgaben, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Chancengerechtigkeit in Bezug auf Bildung. Den Rest sollte man bitte nach Möglichkeit den Privaten überlassen. Das geht jetzt in Richtung Hayek, das ist klar, aber ich gehöre sicher zu den Staatsskeptikern von der Geschichte her. Ich bin Menschenrechtlerin, mann muss immer das Individuum vor der Übermacht des Staates schützen, in jeder Hinsicht. Also auch wirklich nichts gegen Börsegänge.

    Ebner: Als rechtsliberale Partei sind wir der Ansicht, dass der Staat in der Wirtschaft ein gestrenger Schiedrichter sein sollte, aber kein Spieler. Immer, wenn jemand Spieler und Schiedsrichter gleichzeitig ist, produziert das Interessenskonflikte. Das passiert zum Beispiel jetzt beim Flughafen Wien, bei dem das Land Niederösterreich Umweltverträglichkeitsprüfungen locker abhandelt und gleichzeitig Grossaktionär ist. Ein sehr inkompetenter Aktionär, Skylink war ein Desaster, Schätzungen für die dritte Piste gehen weit auseinander und in München geht das zudem offenbar viel billiger. Wir sagen, es soll privatisiert werden und das privatisierte Unternehmen soll die Aktionäre von den Plänen überzeugen und eine Kapitalerhöhung machen. Ich sehe nicht ein, warum der Wiener oder niederösterreichische Steuerzahler das finanzieren soll, noch dazu, wo das Konzept ja an mehreren Punkten Schwachstellen halt. Also Privatisierung und der Staat dann aber als strenger Schiedsrichter in Umweltverträglichkeitsfragen. Da geht es um die Anrainer, eine klassische Trennung von Funktionen. Auch die Energieversorger sind für mich Privatisierungskandidaten. Es gibt keinen Grund, warum die Energieproduktionen in öffentlicher Hand sein sollte.

    Mlinar: Noch dazu, wo wir ja keinen Markt haben.

    Ebner: Richtig, das kommt ja noch dazu. Die Österreicher zahlen mehr für Energie, weil es ein Kartell von rot/schwarzen öffentlichen Betreibern gibt. Und zwar Versorger in doppeltem Sinne: Energieversorger und Versorger von minderqualifiziertem schwarz/rotem Personal. Wir wollen, dass die Produktion privatisiert wird, die Netze hingegen sollten in öffentlichem Eigentum sein. Die öffentliche Hand sollte hier Wettbewerb fördern, damit die Preise sinken. Das gilt für Energie genauso wie für die Bahn. Beispiele in Schweden und Grossbritannien zeigen, dass es äusserst effizient ist, wenn das Bahnnetz in öffentlichem Eigentum ist, aber der Güter- und Personenverkehr von effizienteren privaten Dienstleistern betrieben wird. Zusätzlich wären auch noch weitere Privatisierungsschritte bei Post und Telekom gut. Dazu die Research Center, der Staat fördert und ist Gesellschafter, ein klarer Vorteil gegenüber privaten Forschungsinstituten.

    Kappel: Ich habe im April dieses Jahres gefordert, dass der Flughafen Wien privatisiert werden soll. Ich musste mich damals von der Sozialdemokratie wüst beschimpfen lassen müssen, in Richtung „Verschleudern von Familiensilber“.

    Ebner: Das „Verschleudern von Familiensilber“ kommt immer als Killerargument von den Linken. Dabei ist es ja nichts Statisches, sondern ein Organismus, der lebt. Das beste Beispiel ist die voestalpine, die hat massiv an Wert gewonnen ohne Staat. Zweitens soll man das Geld aus Privatisierungen ja auch nicht verjubeln, sondern damit die Schulden reduzieren. Eine Transformation von Assets in Schuldenreduktion.

    Kappel: Das war ja auch genau der Ansatz mit dem Flughafen und dem Stadt Wien-Anteil. Das Thema war, dass die Gemeinde Wien eine Schuldenexplosion hat. Das haben die wenigsten Leute zur Kenntnis genommen, dass die Schulden der Gemeinde Wien innerhalb eines Jahres um 50 Prozent angestiegen sind. Ich meinte, es wäre gut, wenn man die extrem schlecht gemanagte Flughafen-Beteilung veräussern würde. Also privatisieren und zur Schuldenreduktion zweckwidmen. Das ist auch für den Bund das grosse Thema.

    Mlinar: Wir sollten uns überlegen, welche Rolle und welche Aufgaben hat der Staat? Wo ist der Staat als Eigentümer gerechtfertigt und wo nicht? voestalpine ist ein gutes Bespiel und wie schmerzhaft war es gerade für die Sozialdemokratie, das aufzugeben ...

    Cafe BE: Und gerade die voestalpine hat ja eine ganz besondere Geschichte. Ich möchte da auch einhaken, die ÖIAG hat ja insgesamt einen guten Track Record, der ÖIAG-Index der börsenotierten Beteilungen der ÖIAG ist markant über dem ATX. Da sind natürlich auch Unternehmen wie Austria Tabak oder Böhler-Uddeholm historisch eingeflossen. Als Asset Manager der Republik hat die ÖIAG funktioniert. Manche wollen die ÖIAG abschaffen. Was meinen Sie: Brauchen wir die ÖIAG noch? Wenn ja, was soll sie machen?

    Kappel: Das wird immer schlechtgeredet, aber das Gegenteil ist der Fall. Die ÖIAG ist eine Success Story und gehört aufgewertet, die ÖIAG sollte eine Reihe weiterer Unternehmen auf Börsegänge vorbereiten. Aber dazu wird es bedauerlicherweise in dieser Legislaturperiode nicht kommen, weil wir einen völligen Politikstillstand haben.

    Mlinar: Ich sehe das ähnlich, die ÖIAG ist ihren Aufgaben gut nachgekommen und hat sich markttechnisch richtig verhalten.

    Ebner: Die ÖIAG sollte als Privatisierungsholding fungieren, das sehe auch ich so. Dort, wo man ein Mandat hatte, hat man meist richtig agiert. Die AUA hat man leider verschlafen, die hätte man früher über die Börse verkaufen sollen. Das war ein politischer Fehler und vor allem im letzten Schritt der Privatisierung hat man alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann. Ein Bieterverfahren, bei dem es den Anschein hatte, dass fast alle aufgrund irgendwelcher seltsamer Formalien ausscheiden sollen, damit dann ein Wunsch-Interessent überbleibt, der dann auch noch die Bedingungen diktieren darf.

    Mlinar: Das Gefühl ist in der österreichischen Gesellschaft schon sehr tief verwurzelt, dass man sich als Arbeitnehmer bei einem Staatsbetrieb gut fühlt und in der Privatwirtschaft den Löwen zum Frass vorgeworfen wird. Das ist das Thema der Gewerkschaften. Wir haben zuvor von der Reichensteuer kurz gesprochen. Wir haben in Österreich Transferleistungen auf ein Haushaltsbudget gerechnet von 37 Prozent. Das ist nach Nordkorea und Kuba der höchste Wert. Das müsste eigentlich reichen, aber es gibt eine ganz tiefgreifende Angst vor Markt und Bedrohung. Ich nehme dann immer das Beispiel der Telefoniekosten, als es nur einen Anbieter gab.

    Kappel: Dieses Phänomen ist für mich ganz klar feststellbar – es spalten sich inhaltlich die Geister, ich sehe das insbesondere auf der Ebene der Gemeinde Wien. Es gibt eine Gruppe, die glaubt an den Markt - wie ich - und es gibt eine Gruppe, die glaubt an den Staat. Die Mitte ist weggebrochen. Dazwischen ist nichts mehr. Es geht nach rechts oder links. Vielleicht ist es auch ehrlicher, das so zu sagen. Also „Staat oder privat“, das kann man auf Parteienebene nachlesen, ich glaube, dass der Markt siegen wird. Es kann nur so sein.

    Cafe BE: Hoffen wir es. Zurück zu den Steuern für Privatanleger. Lange Jahre gab es eine im internationalen Vergleich sehr angenehme Wertpapier-Besteuerung, jetzt haben wir „Worst in Europe“ mit unserer KESt. Wie sehen Sie eine faire Besteuerung von Gewinn/Verlust unabhängig von der Dividende?

    Ebner: Wie zuerst gesagt, 25 Prozent auf Unternehmensebene ist ausreichend.

    Cafe BE: Nochmal präzisierend: Wertzuwachs und Dividende steuerfrei?
    Ebner: Richtig. Ich habe als Unternehmer zwei Möglichkeiten, ich schütte aus oder belasse die Gewinne im Unternehmen und setze stärker auf Wertsteigerung. Die KÖSt ist bereits bezahlt, weitere Steuern sehe ich nicht. Das wäre dann schon doppelt.

    Mlinar: Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich da nicht im Detail mit einer fairen Kapitalmarktbesteuerung beschäftigt habe. Insgesamt glaube ich, dass der Faktor Arbeit zu stark besteuert wird.

    Kappel: Ich glaube, dass man Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform mit einem einheitlichen Satz besteuern sollte. Kapitalgesellschaften zahlen 25 Prozent und Personengesellschaften bis zu 50 Prozent. Das finde ich nicht richtig. Eine rechtsformunabhängige einheitliche Besteuerung auf Unternehmensebene bei gleichzeitiger Steuerfreistellung von nicht entnommenen Gewinnen muss das Ziel sein. Die Eigenkapitalausstattung der österreichischen Unternehmen ist ein grosses Problem, Basel II und Basel III verstärkten das. Die Retailbanken haben leider extrem schlecht verhandelt, was Basel III betrifft, die Investmentbanken haben sich durchgesetzt, das bestätigen mir befreundete Banker. Ich erinnere auch nur an die Aussagen von Andreas Treichl in diesem viel gescholtenen Interview. Ein jahrelanger Unternehmenskunde einer Bank mit guter Bonität hat es viel schwieriger an Geld zu kommen wie Schuldenstaaten. Auch daher gehört der Kapitalmarkt gestärkt. Osteuropa ist eine riesige Chance, aber ich fürchte, Österreich verschläft das. Gute Lebensqualität und ein gutes Rating gibt es auch in Prag oder Warschau. Niemand hat ein Problem, nach Moskau zu gehen. Wir müssen den Standort attraktivieren, wir brauchen eine Vision für 2020. Unsere Wettbewerber sind global und insbesondere in Zentral- und Osteuropa.

    Mlinar: Ich freue mich, das zu hören, ich habe sehr lange in Slowenien gelebt. Österreich hat extrem profitiert von der EU-Osterweiterung, mehr als alle anderen Länder. Es geht um eine politische Haltung diesbezüglich. Das ist unsere Zukunft. Mit dem Eisernen Vorhang war Wien eine Provinzstadt.

    Ebner: Bezüglich Basel II und III möchte ich noch anmerken, dass da nicht nur die Banken schlecht verhandelt haben, auch Wirtschaftsminister Mitterlehner schläft wohl in der Pendeluhr. Basel III kommt über eine EU-Richtlinie, es liegt an Mitterlehner zu sagen, „ nein, das ist ein Wahnsinn, das machen wir nicht“. Er könnte das blockieren, aber er tut es nicht.

    Mlinar: Brüssel ist ein anderes Pflaster, man muss dort Verbündete suchen.

    Ebner: Die Bewertungen für Unternehmen und vor allem Staaten müssen realistisch sein, da könnte man eine Mischung von Ratings und CDS heranziehen.

    Cafe BE: Stichwort Griechenland und der Euro ... (Anm.: Talk war am 8.9.)

    Mlinar: Das ist eine Diskussion, die im Moment entschieden scheint. Es gibt im Moment kein Szenario, das es zulassen könnte, dass Griechenland aus dem Euro ausscheidet. Es ist meines Erachtens ja keine Euro-Krise, sondern eine EU-Krise. Und jede Krise ist auch eine Chance, wir haben aktuell leider ein Vertragsverhältnis, das nicht eingehalten wird. Bis jetzt ist es gutgegangen, aber es gibt nun Probleme, die man lösen muss. Es sind hausgemachte Probleme, Länder, in denen man überbordernden Staat hat und keine Fähigkeit, Steuern einzutreiben, weil man dem eigenen Staat auch nicht vertraut.

    Ebner: Ich muss widersprechen, weil ich die Verknüpfung zwischen EU und Euro so nicht mag. Ich sage, der EU-Binnenmarkt ist eine Erfolgsstory, das funktioniert. Der Euro hingegen ist eine Schönwetterkonstruktion, das funktioniert nicht. Griechenland war nie Euro-fit und seitdem Griechenland beim Euro dabei ist, wurde es schlimmer. Das Land hat sich mit dem Euro überhoben, während man sich früher mit periodischen Abwertungen der Währung über Wasser halten konnte. Es ist zwar in den Verträgen kein Ausstiegsszenario vorgesehen, man sollte die Griechen aber zu einem Austritt zwingen. Jedes Land muss für seine eigenen Schulden geradestehen, es darf keine Finanztransfers geben. Fängt man Griechenland nicht auf, so wäre Griechenland wie zB Argentinien 2001 zahlungsunfähig. Dann darf die EZB griechische Banken nicht mehr refinanzieren. In diesem Moment wären die Griechen gezwungen, wieder eine eigene Währung einzuführen.

    Cafe BE: Unentschieden, was meint die FPÖ?

    Kappel: Ich habe dazu einen fürchterlich pragmatischen Ansatz. Vor einem Jahr wäre ein geeigneter Zeitpunkt gewesen, um zu verhandeln - in vielen Runden mit Neubewertung der griechischen Schulden. Das hat man versäumt. Nun sind wir – was mir missfällt – in der Transferunion angekommen, das ist eine Umverteilung, ein sozialistischer Ansatz, ein Feldexperiment. Niemand kann beantworten, wie lange man sich das leisten können wird. Und das ist die Verunsicherung, die Leute in Gold oder Immobilien führt. Das Nichtagieren der EU – und ich bin ein Freund der EU - stört mich. Nehmen sie die Schweizerische Nationalbank in dieser Woche – dieses Vorgehen habe ich als Leadership empfunden, dass die den Franken stabilisieren bei 1,20. Das war super. So ein Leadership würde ich mir auch bei der EU wünschen. Es fehlt an Leadership und Profil in den Institutionen und der Politik, eine Wirtschaftsregierung mit van Rompuy. Also bitte, das ist erschreckend.

    Mlinar: Grundsätzlich sind wir nicht so weit auseinander. Aber ich persönlich habe den Wunsch nach einem grossen Leader nicht ....

    Kappel: Leadership.

    Mlinar: Es gibt andere Voraussetzungen, letztlich ist die Konsensfindung, so frustrierend und aufwändig sie auch sein mag, zielführend.

    Ebner: Wie grosse Koalition forever?

    Kappel: Leadership, das möchte ich klarstellen, hat nichts mit einer Diktatur zu tun.

    Ebner: Wie lange können wir uns die Transferunion noch leisten? Ich denke, wir können sie uns schon jetzt nicht mehr leisten. Wir haben eine Rekordsteuerquote in Österreich von 45 Prozent vom BIP, damit sind wir bald Europameister im negativen Sinn. Wir überholen die Schweden, bei denen die Quote sinkt.

    Kappel: Die Schweden sind auf einem super Weg.

    Ebner: Wir haben Rekordsteuerquote und eine hohe Schuldenquote von 80 Prozent vom BIP, wenn man alles reinrechnet. Wenn man das vergleicht mit zwei Nachbarländern, der Schweiz und der Slowakei, die ja völlig unterschiedliche Voraussetzungen und völlig unterschiedliche Historie haben: Beide Länder kommen mit einer Steuerquote von 30 Prozent vom BIP aus. Die Leute der Schweiz und der Slowakei zahlen um ein Drittel weniger Steuern als in Österreich, trotzdem haben beide Länder eine Staatsverschuldung, die bei der Hälfte jener Österreichs liegt. Also Steuern werden bei uns wirklich genug gezahlt, das Geld wird nur leider versemmelt.

    Mlinar: Es gibt zB in der Schweiz auch ein anderes Selbstverständnis von Staat. Dort ist er nicht so sehr der „Vater Staat“.

    Cafe BE: Private Frage. Besitzen Sie österreichische Aktien?

    Kappel: Nein, die habe ich alle verkauft, zu einem besseren Zeitpunkt.

    Mlinar: Nein, auch kein Gold leider.

    Ebner: Ich habe jetzt, bei den Tiefstständen der jüngeren Vergangenheit, wieder österreichische Aktien gekauft.

    Cafe BE: Schlussfrage – gibt es Anliegen, die Sie noch loswerden möchten?

    Kappel: Mein Hauptanliegen ist und bleibt, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts steigern. Nicht nur im Vergleich zu den Nachbarländern, sondern auch darüber hinaus. Es müssen Anreize geschaffen, der Kapitalmarkt muss belebt werden und die Steuern müssen gesenkt werden. Ich habe mich in Alpbach mit Lars Feld, einem der deutschen Wirtschaftsweisen, unterhalten. Auch in Deutschland soll es nur noch Programme zur Steuersenkung geben, um Wachstum zu generieren. In Österreich liegt die Steuersituation im Argen mit mehr als 44 Prozent Abgabenquote. Es bringt nichts, dass man sich selber belügt, wir sehen in der Gemeinde Wien im Sinne der Maastrichtkritierien das Land und die Gemeinde abgerechnet. Ich bin auch kein Freund der Kammeralistik, das bringt uns als Standort nicht weiter.

    Mlinar: Mir geht es vor allem darum, dass man erkennt, in welcher Zeit wir leben und was die Szenarien für die Zukunft sind. Die Welt ist globalisiert, unsere Konkurrenten sind auch hungrige Länder wie China oder Brasilien. Unsere Saturierung ist unser Problem. Wie schaffe ich es jetzt als Regierung, dass meine Bevölkerung fit ist für eine Welt, die andere Spielregeln hat als jene vor 20 Jahren? Welche Steuerlast erträgt ein Markt, der sich bewähren muss?

    Ebner: Eine Vermögenssteuer würde bedeuten, etwas, das schon 2x besteuert wurde, noch einmal zu besteuern. Beim Einkommen, bei der Veranlagung, dann noch einmal bei der Substanz? Nein. Das ist Problem ist vielmehr, dass das Geld mit beiden Händen aus dem Fenster geworfen wird. Und Kammeralistik, da haben Sie recht, es gibt nichts Intrasparenteres. Bund, Länder und Gemeinden sollten so wie Unternehmen auch nach dem Prinzip der doppelten Buchhaltung geführt werden. Öffentliche Körperschaften sollen ihre Bilanzen ins Internet stellen und das auch für jedermann einsehbar machen. Wir als Stakeholder haben das Recht auf diese Informationen.

    Kappel: Als nächstes sollte der BE unbedingt eine Runde zur Vermögenssteuer machen. Da kann man nur dagegen sein.

    Mlinar/Ebner: Richtig.

    Diskussionsleitung: Christian Drastil
    Fotos: Martina Draper
    Mehr unter http://www.boerse-express.com/cafebe
    (12.09.2011)

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    Song #57: Hear this! (A Duet with Podcast Guest Danja Bauer)




     

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