18.11.2024, 4430 Zeichen
Wien (OTS) - Klärschlamm, das „Restprodukt“ der Abwasserreinigung,
enthält eine
wichtige Ressource: Phosphor. Er kommt vor allem als Düngemittel in
der Landwirtschaft zum Einsatz, wird bisher aber meist nicht
wiederverwertet. Mit einer neuen Anlage zur Trocknung des
Klärschlamms setzt Wien Energie einen wichtigen ersten Schritt für
das Recycling dieses kritischen Rohstoffs. Sie wird am Standort
Simmeringer Haide eröffnet, in direkter Nachbarschaft der Wiener
Kläranlage, die von der ebswien betriebenen wird.
„Wien stellt mit Nachdruck die Weichen für eine nachhaltige
Zukunft - und zwar nicht nur bei der Energiewende, sondern auch bei
der Wiederverwertung von kritischen Rohstoffen“ , erklärt Stadtrat
Peter Hanke, zuständig für Wirtschaft, Finanzen und die Wiener
Stadtwerke. „Dazu zählt auch Phosphor, der für die Landwirtschaft und
die Industrie ein wichtiger Rohstoff ist. Wien Energie setzt jetzt
auch im Kontext von Forschung und Innovation einen Meilenstein und
schafft die Voraussetzungen für die erneute Verwendung im großen
Maßstab.“
„Die Wiener Kläranlage ist ein wichtiger Puzzlestein auf unserem
Weg zur Klimaneutralität“ , sagt Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky.
„Sie nutzt das bei der Vergärung des Klärschlamms entstehende grüne
Gas zur Öko-Energieerzeugung und produziert daraus mehr Energie, als
sie für die Abwasserreinigung verbraucht. Mit dem Phosphor-Recycling
machen wir nun einen weiteren Schritt Richtung Kreislaufwirtschaft.“
Die Wiener Kläranlage filtert gewaltige Mengen an Schmutzstoffen
aus dem Abwasser der Wiener*innen, der Klärschlamm als Restprodukt
wird danach von Wien Energie thermisch verwertet. Die darin
enthaltenen Schadstoffe werden beim Verbrennen zerstört, aus der
daraus resultierenden Asche kann Phosphor zurückgewonnen werden. Das
ist ab 2033 für kommunale Abwasserreinigungsanlagen auch gesetzlich
vorgeschrieben (Abfallverbrennungsverordnung 2024). Klärschlamm
besteht zu 96 Prozent aus Wasser. Um ihn separat, also nicht gemischt
mit anderen Abfällen zu verbrennen, muss die Feuchtigkeit reduziert
werden. Soll die Verbrennung ohne Zusatzstoffe stattfinden damit der
aus der Asche gewonnene Phosphor für Düngemittel verwendet werden
kann, ist es deswegen wichtig, das Material zu trocknen.
„Bei Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft denken sicher nicht
viele an den im Klärschlamm gebundenen Dünger. Aber wir können hier
eine extrem wertvolle Ressource recyceln. Indem wir den Düngemittel-
/Phosphor-Kreislauf zukünftig schließen, schonen wir die natürlichen
Vorkommen und werden zudem unabhängiger von Phosphor-Importen“ , sagt
Wien Energie-Geschäftsführer Karl Gruber. „Mit der heute eröffneten
Anlage zur Klärschlammtrocknung für die weiterführende Behandlung und
Verwertung liefern wir somit einen Beitrag zum Umwelt- und
Klimaschutz und auch zur Lebensmittelversorgung.“
Die Rückgewinnung von Phosphor aus der Asche erfolgt derzeit noch
im Rahmen von Pilotprojekten mit einem Industriepartner. Für die
Zukunft prüft Wien Energie die Errichtung einer eigenen Anlage. Im
Endausbau könnte so umgerechnet der Phosphorbedarf für die
Lebensmittelproduktion der gesamten Wiener und niederösterreichischen
Bevölkerung abgedeckt werden.
Begrenztes Gut
Phosphor ist essenziell für den Aufbau von lebenden Zellen und
bei der Photosynthese von Pflanzen. In der Landwirtschaft ermöglichte
der Einsatz von Phosphordüngern im 20. Jahrhundert eine deutliche
Steigerung der Erträge.
Rohphosphat gilt allerdings EU-weit seit 2014 als kritischer
Rohstoff. Die EU-Staaten importieren den größten Teil ihres Bedarfs
aus Drittstaaten, unter anderem aus Nordafrika. Bei der Gewinnung von
Rohphosphor kommt es in manchen Fällen zu Umweltbelastungen, etwa
wenn Abwasser nicht ausreichend gefiltert wird.
Standort Simmeringer Haide
Der Standort Simmeringer Haide ist eine von vier
Müllverbrennungsanlagen von Wien Energie. Hier wird neben Klärschlamm
und Hausmüll auch Sondermüll thermisch verwertet, darunter etwa
Lacke, Laborabfälle, infektiöser Spitalmüll und Baustoffe. Vier
Wirbelschichtofenlinien und zwei Drehrohrofenlinien und werden zur
Herstellung von Fernwärme eingesetzt. Durch die kontrollierte
Verbrennung werden Schadstoffe umweltschonend beseitigt, die
Umweltbelastung dadurch minimiert. Jährlich werden am Standort
Simmeringer Haide etwa 225.000 Tonnen Klärschlamm, 100.000 Tonnen
Hausmüll sowie 110.000 Tonnen Gewerbe- und Industrieabfälle thermisch
verwertet.
Bildmaterial: https://bit.ly/4eshbDz
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