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Hat der Bitcoin eine Zukunft? (Andreas Kern)

27.04.2021, 9117 Zeichen

So zitierte mich die Headline eines Artikels in der FAZ (siehe u.a. Link). Noch nie habe ich gleichzeitig so viel positives und negatives Feedback zu einem Interview bekommen, weshalb ich meine Argumente an dieser Stelle etwas ausführlicher darlege.

 

„Bitcoin ist das schlechte Gold“ - FAZ-Interview mit Andreas Kern

Eines sei vorweggenommen: Keinesfalls prognostiziere ich den kurzfristigen Zusammenbruch des Bitcoin. Vermutlich wird sich sein Preis noch verdoppeln – vielleicht sogar noch höher steigen. Dennoch wäre etwas mehr Sachlichkeit in manchen Diskussionen wünschenswert.

Dazu möchte ich einige wesentliche Eigenschaften von Gold heranziehen und analysieren, wie sich Bitcoin in diesen Bereichen positionieren lässt: Gold ist knapp, beständig und formbar.

Gold ist knapp

Gold ist eines von 118 bekannten chemischen Elementen. Neue chemische Elemente kommen selten hinzu – in diesem Jahrtausend waren es bislang lediglich fünf. Das bisher geschürfte Gold passt in einen Würfel mit 22 Metern Kantenlänge. Die förderbaren Reserven sind deutlich geringer, darin sind sich die Geologen einig. Knappheit und Einzigartigkeit sind damit umrissen und die Latte hochgelegt.

Die Knappheit ist bei Bitcoin per Definition gegeben – ohne Einzigartigkeit ist jede Knappheit aber oberflächlich und bedeutungslos. Im Falle des Bitcoin steht die Einzigartigkeit zumindest auf fragilen Beinen.

Andreas Kern, Gründer und CEO von wikifolio.com

Die Knappheit ist auch bei Bitcoin per Definition gegeben – ohne Einzigartigkeit ist jede Knappheit aber oberflächlich und bedeutungslos. Im Falle des Bitcoin steht die Einzigartigkeit zumindest auf fragilen Beinen. Denn jeder findige Informatiker kann – ohne Marke, Ökosystem und Transaktionshistorie zu berücksichtigen – per Script beliebig viele neue und von den Eigenschaften gleichwertige Kryptowährungen produzieren oder mittels Forks von bestehenden abzweigen.

Daran ändert aus meiner Sicht auch das bestehende Ökosystem nichts. Die relevanten legalen Anwendungen im Ökosystem sind Trading/Spekulation und Mining – beides Anwendungen ohne systemimmanentem „Lock-in“. Investoren und Miner sind schnell auch wieder woanders, wenn die Rendite nicht mehr stimmt. Letztendlich spricht nur die Transaktionshistorie für die Einzigartigkeit des Bitcoin, zumal die Marke alleine kein Gewicht hat. Sie kann nur verstärken, was bereits da ist. Der Punkt für Knappheit und Einzigartigkeit geht somit an Gold.

Gold ist beständig

Die Beständigkeit hängt primär mit der Aufbewahrung zusammen. Dabei muss zwischen der eigentlichen Aufbewahrung und dem Schutz vor unrechtmäßiger Entwendung unterschieden werden.

Zur Aufbewahrung: Die Unverwüstlichkeit von Gold ist wohl unangetastet – einfach im Wald liegen lassen, im Salzwasser versenken oder tausend Jahre eingraben. Es kann mit einfachen Mitteln gereinigt oder geschmolzen und erneut in Barren gegossen werden. Maximale Punkteanzahl für Gold.

Abhängig von der Quelle der Berechnung, braucht Bitcoin derzeit zum Bestand so viel Strom wie Chile oder die Niederlande. Natürlich werden mit dieser Energie auch Transaktionen abgewickelt. Aber: Alleine im stationären Einzelhandel im halben 20. Wiener Gemeindebezirk werden mehr Transaktionen pro Sekunde abgewickelt als mit Bitcoin global möglich sind. Das kann man also entspannt aus der Gleichung nehmen.

Der Schutz vor unrechtmäßiger Entwendung ist etwas schwieriger zu beurteilen. Gold benötigt ein „proximity crime“: Der Dieb muss vor Ort sein, um das physische Gold zu stehlen. Und je mehr er entwenden will, desto schwerer muss er tragen. „Bitcoin crime“ ist voll digital und leichter skalierbar – die Anzahl der gestohlenen Coins spielt keine Rolle. Bei kleinen Mengen geht der Punkt wohl an Bitcoin, bei großen Mengen ist wohl Gold im Vorteil. Beim Blick auf bekannt gewordene Diebstähle, würde ich nochmals den Punkt an Gold vergeben.

Zur Beurteilung der Beständigkeit könnten alternativ auch die Kosten der professionellen Verwahrung herangezogen werden. EUWAX Gold hat eine TER von 0,00 Prozent. Mir ist kein Anbieter bekannt, der professionelle Verwahrung von Krytowährungen auch nur näherungsweise so günstig anbietet (unter der Annahme, dass die Verwahrung nicht selbst in die Hand genommen wird; der Goldbarren unter der Matratze liegt dort natürlich genau so kostenlos wie der ausgedruckte „private key“).

Fazit: Bei der Aufbewahrung geht der Punkt klar, beim Schutz des Eigentums immer noch tendenziell an Gold.

Gold ist formbar

Die Formbarkeit von Gold hat unterschiedliche Facetten, sowohl bei der Verwendung im engeren Sinne, zum Beispiel beim Auftragen auf großen Flächen (Vergolden) oder bei der historischen Verwendung als Zahlungsmittel: die verlustfreie Umwandlung von Barren in Münzen und wieder zurück.

Auf Bitcoin übertragen ist das Konzept der Formbarkeit etwas schwieriger zu interpretieren. Natürlich können Bitcoins beliebig oft und in kleinsten Einheiten übertragen werden. Formbarkeit könnte aber auch als Ausdruckstärke bzw. Flexibilität von Smart Contracts ausgelegt werden. Hier ist Bitcoin der wohl zweitwichtigsten Kryptowährung Ethereum unterlegen, wo Smart Contracts in Solidity entwickelt werden – einer Turing-vollständigen und damit maximal universellen Programmiersprache. Formbarkeit von Gold vs. Bitcoin: Unentschieden.

Die Rolle der Nützlichkeit für Transaktionen

Dass der Bitcoin in der heutigen Form als Transaktionssystem nicht geeignet ist, wird kaum mehr bestritten. Das gilt auch für Gold. Es gilt auch, beide Technologien waren zu ihrer Zeit „bleeding edge“. Insbesondere bei Gold war die Möglichkeit, Vermögen einfach zu transportieren oder auch durch Gewichts- und Volumenbestimmung zu quantifizieren, geradezu revolutionär.

Ich habe wenig Zweifel, dass Bitcoin nicht die erste Wahl für „small and medium sized organized crimes (SMOCs)“ ist, wenn es um die Digitalisierung der Zahlungsabwicklung bei der Zusammenarbeit mit anderen SMOCs geht.

Andreas Kern, Gründer und CEO von wikifolio.com

Wirklich nützlich und „bleeding edge“ ist Bitcoin für kriminelle Transaktionen. Bei diesem Argument hört man zweierlei Gegenwehr: Es wären – je nach Zeitpunkt und Quelle – nur 0,x oder 1,y Prozent Teil von kriminellen Geschäften. Das mag sein, dennoch bleiben Millionen an „Bitcoin-enabled crimes“ übrig. Davon unabhängig, wie groß wäre der Anteil, würde man jene 9x,y Prozent der Transaktionen außen vor lassen, welche aus Spekulationsgründen durchgeführt werden? Was ist nach Monetarisierung für Ransomware der wichtigste Anwendungsfall?

Ich habe wenig Zweifel, dass Bitcoin nicht die erste Wahl für „small and medium sized organized crimes (SMOCs)“ ist, wenn es um die Digitalisierung der Zahlungsabwicklung bei der Zusammenarbeit mit anderen SMOCs geht. Große Verbrechen werden sicherlich mit FIAT-Geld abgewickelt, aber in diesen Fällen stehen meist auch professionell geführte und teilweise sogar regulierte Unternehmen wie zum Beispiel Wirecard dahinter. Der Gelegenheitsverbrecher kann solche Strukturen kaum aufbauen und ist auf Cloud-basierte Lösungen angewiesen, wenn er digital handeln will.

Hat jede Bitcoin den gleichen Wert?

Wie oben ausgeführt, ist die Transaktionshistorie die zentrale wesensbestimmende Eigenschaft, anderseits sind SMOCs neben Spekulanten und Minern die vermutlich größte Nutzergruppe. Beides zusammen führt mich zu folgender Frage: Hat wirklich jede Bitcoin den gleichen Wert? Oder – in  der Denkweise von Ludwig von Mises – richtiger formuliert: Warum hat jede Bitcoin den gleichen Preis? Sammler könnten Bitcoins, die aus Adressen stammen, welche historische Transaktionen durchgeführt haben, höher bewerten. Entscheidender ist aber, dass professionelle Dienstleiter künftig beim Umtauschen von Kryptowährungen in FIAT-Geld die Historie der Kryptowährung viel stärker berücksichtigen müssen und damit Liquidität in der realen Welt verzögert oder ggf. gar nicht erreicht werden kann. Somit wäre es notwendig, nicht nur beim Kauf sondern auch laufend die Historie zu überwachen. 

Hier zeigt sich auch der wesentliche Unterschied zwischen Gold und Diamanten. Bei Gold ist es die überragende Formbarkeit, die verhindert, dass seine Historie entscheidend ist. Bei Diamanten, die wesensbestimmend nicht formbar sind, spielt die Geschichte eines Steins im Handel sehr wohl eine Rolle (Stichwort Blutdiamanten).

Die laufende Überwachung der Transaktionshistorie wäre somit ein Ansatz für jene Staaten, die sich des Bitcoins entledigen wollen, ohne ihn zu verbieten.

Fazit

Der Bitcoin hat, sofern es nicht neue Anwendungsfälle geben sollte, meiner Ansicht nach keine nachhaltige Zukunft. Mit der unmittelbaren Preisentwicklung muss dies aber, wie eingangs erwähnt, nicht unbedingt zusammenhängen. Gewiss ist jedoch, dass Aktien, die eigentlich im FAZ-Interview im Mittelpunkt standen, eine nachhaltige Zukunft haben und für den Großteil der Anleger wohl die erste Wahl sein dürften. Nichtsdestotrotz ist der Blick über den eigenen Investment-Tellerrand spannend. Deswegen stehen den Tradern auf wikifolio.com neben unzähligen Aktien auch ein knappes Dutzend an Kryptowährungs-ETPs zur Verfügung.

Im Original hier erschienen: Hat der Bitcoin eine Zukunft?


(27.04.2021)

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