05.12.2024, 7393 Zeichen
Wien (OTS) - Österreichische Verbraucher:innen kaufen immer öfter
Lebensmittel und
andere Produkte des täglichen Bedarfs wie Kosmetik und
Nahrungsergänzungsmittel oder Kinderspielzeug im Internet. Billig-
Online-Einkäufe können sie allerdings schnell teuer zu stehen kommen
und ihre Gesundheit gefährden: Die Gefahren reichen von
Kinderspielzeug mit giftigen Weichmachern über Lichterketten, die bei
Inbetriebnahme in Flammen aufgehen, bis hin zu
Nahrungsergänzungsmitteln mit nicht zugelassenen Inhaltsstoffen. Bei
einer Podiumsdiskussion des Ökosozialen Forums diskutierten
Expert:innen des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege
und Konsumentenschutz (BMSGPK), des Bundesamtes für
Verbrauchergesundheit (BAVG) und der Agentur für Gesundheit und
Ernährungssicherheit (AGES) neue gesundheitliche Risiken bei
Onlinekäufen und wie diese erkannt beziehungsweise vermieden werden
können.
„Der Verbraucher:innen-Schutz im Internet umfasst neben der
Überwachung des elektronischen Handels (eCommerce) vor allem auch
Internetbetrug, Schadsoftware, Datenschutz bis hin zu
Sicherheitslücken bei Smartphone-Apps“, betonte Ulrich Herzog ,
Leiter der Sektion für Konsumentenpolitik und Verbrauchergesundheit
im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz (BMSGPK). Als größte Herausforderung für eine
effiziente amtlichen Marktüberwachung des Onlinehandels nannte Herzog
„die rasant steigende Bestellmenge von Einzelprodukten, die nur mit
großem Aufwand geprüft und bei Verstößen abgefangen werden können,
sowie die schwierige Rückverfolgbarkeit zum Hersteller.“ Produkte,
die als gefährlich oder nicht konform erkannt werden, werden zwar vom
Anbieter aus dem Angebot genommen, „tauchen aber unter anderem Namen
oder mit neuem Design wieder auf dem Online-Marktplatz auf“, so
Herzog.
„Onlinekäufe nehmen massiv zu, 2023 kauften zwei Drittel der
Österreicher:innen Waren des täglichen Bedarfs online ein und gerade
bei Kinderspielzeug ist dieser Trend stark steigend“, so der Direktor
des Bundesamtes für Verbrauchergesundheit (BAVG) und Geschäftsführer
der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), Anton
Reinl . Die amtliche Kontrolle finde allerdings überwiegend im
stationären Handel statt. 2024 wurden vom BAVG in Zusammenarbeit mit
der AGES über 140 Kontrollen und Probenziehungen von Spielzeug,
Kosmetik und Nahrungsergänzungsmitteln durchgeführt. Unter das
Kontrollregime des BAVG fallen dabei auch die großen amerikanischen
und chinesischen Online-Plattformen. Die Beanstandungsquote lag 2024
bei Spielzeug wegen Sicherheitsmängeln bzw. Kennzeichnungsmängeln bei
über 80 Prozent. Bei Nahrungsergänzungsmitteln wurden teilweise
verbotene beziehungsweise nicht zugelassene Inhaltsstoffen wie
Lithium oder gesundheitsschädliches Quecksilber gefunden. „Online
werden Produkte gekauft, die es in der ganzen EU nicht zu kaufen gibt
und die bei stationären Kontrollen nicht gefunden werden. Hier
braucht es auch Bewusstseinsbildung für die Gesundheitsgefahren.“
Für AGES-Spielzeugexpertin Daniela Schachner zeigen sich hier
große Unterschiede zwischen stationärem und Online-Handel: „Die
Beanstandungsquote im stationären Handel ist ungleich niedriger als
bei Billig-Angeboten aus dem Internet.“ In der AGES werden jährlich
zirka 500 Spielzeugproben untersucht. Bei Sicherheitsmängeln, die ein
„ernstes Risiko“ aufweisen, liegt die Beanstandungsquote im
langjährigen Durchschnitt bei zirka 4 Prozent. Bei einer aktuellen
europaweiten Schwerpunktaktion zu „Aktivitätsspielzeug“ wie
Schaukeln, Rutschen oder Klettertürmen mussten 100 Prozent der
Produkte wegen Verstößen gegen die strengen Sicherheitsanforderungen
der EU-Spielzeugverordnung aus dem Verkehr gezogen werden. „Die
Sicherheit unserer Kinder hat oberste Priorität. Achten Sie daher
beim Kauf von Spielzeug auf Qualität. Vorsicht bei Billig- und
Billigst-Angeboten“, betonte die Spielzeug-Expertin der AGES.
Schwerwiegende Sicherheitsmängel sind zum Beispiel ablösbare und
verschluckbare Kleinteile bei Spielzeug für Kinder unter 36 Monaten
oder bei Magnetspielzeugen und eine zu hohe kinetische Energie bei
Geschossspielzeug.
Als typische formale Mängel nannte BMSGPK-Sektionschef Herzog
betreffend Produktsicherheit zudem eine fehlerhafte Kennzeichnung
oder eine zu Unrecht angebrachte CE-Kennzeichnung. Als „echte
Gefahren“ beschrieb Herzog Medikamente mit schwankendem Anteil an
Wirkstoffen, Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel mit
unbekannten oder verbotenen Inhaltsstoffen, problematische
Inhaltsstoffe bei Kosmetika oder eine Belastung von Werkzeuggriffen
mit Chemikalien wie etwa Weichmachern, aber auch Materialschwächen
bei Fahr-rädern oder unzureichende Schutzvorrichtungen bei
Elektrogeräten bzw. Brandgefahr bei Akkus.
Zwtl.: Internetkontrolle wird kontinuierlich ausgebaut und
behördliche Kooperation verstärkt
In der nationalen und internationalen Vernetzung sehen die
Expert:innen den größten Hebel für einen effizienten Ausbau der
Kontrolle des Online-Handels: In der Zuständigkeit des
Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz wird die Zusammenarbeit in der amtlichen Internet-
Kontrolle zwischen AGES, BAVG und des seitens des Ministeriums
geförderten gemeinnützigen Österreichischen Instituts für angewandte
Telekommunikation (ÖIAT) sowie anderer Behörden kontinuierlich
ausgebaut, „um sichere Produkte und Transparenz für Verbraucher:innen
analog zum stationären Handel sicherzustellen“, so Sektionschef
Herzog. Wichtige „rechtliche Schritte für den Verbraucher:innen-
Schutz“ sieht er im „Digital Services Act“ und der neuen EU-
Produktsicherheitsverordnung, „dadurch müssen Online-Marktplätze
künftig verstärkt mit den Marktüberwachungsbehörden kooperieren“.
Technisch werde seitens der AGES im Rahmen des von der
Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) geförderten
Forschungsprojektes „eMarketshield“ bereits der Einsatz von
Künstlicher Intelligenz (KI-Tools) für risikobasierte Kontrollen eine
effiziente der Marktüberwachung im Online-Lebensmittelhandel erprobt,
„um die Synergien in Österreich zu nutzen und gemeinsam Lösungen für
Online-Recherchen, Kontrollplanung und Probenziehungen zu
entwickeln“, so Anton Reinl. Ziel des BAVG sei es, „die Ressourcen
für Kontrollen dem Kaufverhalten anzupassen und die Zusammenarbeit
aller Marktüberwachungsbehörden inklusive des Zolls zu stärken“.
Gemeinsame Kontrollen und Information der Österreicher:innen
sorgen jedenfalls für ein „Mehr an Sicherheit“ und eine insgesamt
verbesserte „Bewusstseinsbildung für gefährliche Billig-Einkäufe im
Internet“, fasste Hans Mayrhofer , Generalsekretär des Ökosozialen
Forums Österreich & Europa, die spannende Podiumsdiskussion über den
Verbraucher:innen-Schutz im Internet zusammen. Mayrhofer sieht große
Vorteile beim Austausch von Erfahrungen und Knowhow sowie bei der
Vernetzung von Präventionsarbeit: „Die neuen Gefahren durch den
Onlinehandel können nur gemeinsam bekämpft werden, um gefährliche
Produkte vom Markt zu nehmen und Konsument:innen sowie den fairen
Wettbewerb zu schützen.“
Fotos: https://bit.ly/produktonlinehandel
Weiterführende Links
- BMSGPK:
https://www.sozialministerium.at/Themen/Konsumentenschutz/Verbr...
rgesundheit.html
- BAVG: https://www.bavg.gv.at/internetkontrolle/internet-ein...
oesterreich
- AGES-Empfehlungen für Spielzeug:
https://www.ages.at/mensch/spielzeug/infos-empfehl...
- Nachlese des ÖSF https://oekosozial.at/dieses-geschenk-kann-ihre-
gesundheit-gefaehrden/
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