22.11.2024, 3492 Zeichen
Wien (OTS) - Vereine werden in wenigen Tagen, GmbHs in wenigen Wochen
gegründet -
im Falle gemeinnütziger Stiftungen braucht es für die Gründung nach
aktueller Rechtslage hingegen ein mehrmonatiges Prozedere und einen
enormen Rechtsberatungsaufwand. Grund dafür ist die Zuständigkeit
gleich mehrerer Behörden und eine komplizierte, unzeitgemäße
Kompetenzverteilung zwischen Bund und Land, die der Entfaltung einer
Kultur der Philanthropie in Folge der Gemeinnützigkeitsreform
diametral entgegenstehen.
Will jemand durch die Errichtung einer gemeinnützen Stiftung sein
Vermögen der Allgemeinheit schenken, so sind dafür im Falle einer
Bundesstiftung die jeweiligen neun Landesstiftungsbehörden, das
Finanzamt für Großbetriebe und die Finanzprokuratur zuständig. Strebt
die Stiftung auch noch einen Bescheid auf Spendenbegünstigung an,
kommt mit dem Finanzamt Österreich noch eine weitere Behörde ins
Spiel. Sämtliche Instanzen prüfen dabei in verschiedenen Verfahren
mit oft unterschiedlichen Rechtsauslegungen die jeweilige
Stiftungsurkunde mehrfach auf Gemeinnützigkeit. „So mache Stifterin
und so mancher Stifter haben, von diesem kafkaesken Verfahren
entnervt, ihren Wunsch aufgegeben, der Gesellschaft nachhaltig etwas
zurückzugeben“ , zeigt sich Günther Lutschinger, Geschäftsführender
Vorstand des Verbandes für gemeinnütziges Stiften, besorgt.
One-Stop-Shop-Prinzip für mehr gemeinnützige Stiftungen
„Um diesen Behörden-Dschungel zu durchforsten, braucht es
Vereinfachungen im Bundesstiftungs- und Fondsgesetz ebenso wie im
Privatstiftungsgesetz, und ganz konkret die Zusammenlegung der
Zuständigkeit zweier Finanzämter ins Finanzamt Österreich“ , teilt
Lutschinger den Wunsch vieler Stiftender. Mit der viel beachteten
Gemeinnützigkeitsreform 2023 sind die steuerlichen Bedingungen für
gemeinnütziges Stiften signifikant verbessert worden. Um dieser
Reform zu entsprechen, müssen Stiftungsurkunden hunderter Stiftungen
und Fonds in den nächsten Jahren angepasst werden. „Wird dieses
Geflecht mit drei verschiedenen Behörden, die für jede kleine
Änderung in einer Stiftungsurkunde zuständig sind, nicht bald
entwirrt, so kommt es nicht nur bei Neugründungen, sondern auch bei
der Modernisierung der Satzungen in absehbarer Zeit zu einem
Stillstand - mit verheerenden Auswirkungen für den Stiftungsstandort
Österreich“ , warnt Lutschinger. Bereits jetzt hat die
österreichische Stiftungslandschaft im internationalen Vergleich
großen Aufholbedarf. In der Schweiz sind fast 20 Mal so viele
Stiftungen für das Gemeinwohl aktiv.
„Die Verfahrenskonzentration auf eine Behörde, die
Entbürokratisierung der entsprechenden Stiftungsgesetze und die
Zusammenlegung der steuerlichen Zuständigkeit auf ein Finanzamt
würden nicht nur den Stiftungssektor entlasten, sondern auch die
Behörden. Dies wäre ein gelungenes Beispiel für den vielbeschworenen
Bürokratieabbau im Land, der sich im neuen Regierungsprogramm
garantiert wiederfindet“ , ist sich Lutschinger sicher.
Der Verband für gemeinnütziges Stiften ist der Zusammenschluss von
130 gemeinnützigen Stiftungen und Mitglied der europäischen
Stiftungsszene. Er unterstützt Stiftungen bei ihrer wertvollen,
gemeinnützigen Arbeit, sorgt für die Vernetzung zwischen den Akteur*
innen und hält Aus- und Weiterbildungsangebote bereit. Aktuell sind
rund 770 gemeinnützige Stiftungen mit einem Vermögen von rund 7 Mrd.
Ꞓ in Österreich tätig. Sie investieren 115 Mio. Ꞓ pro Jahr in
gemeinnützige Bildungs-, Forschung-, Umwelt- und Sozialprojekte.
Weitere Infos: https://www.gemeinnuetzig-stiften.at
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