31.10.2024, 4296 Zeichen
Wien (OTS) - Die Europäische Kommission hat heute ein förmliches
Verfahren gegen
die chinesische QuickCommerce-Plattform Temu eröffnet. Brüssel wirft
dem Unternehmen vor, gegen das EU-Gesetz für digitale Dienste (
Digital Services Act) zu verstoßen. Dabei geht es insbesondere um den
Verkauf gefälschter und potenziell gefährlicher Produkte auf der
Plattform - etwa Kinderspielzeug, Kleidung und Elektrogeräte.
Der heutige Beschluss folgt auf eine vorläufige Analyse des von
Temu Ende September 2024 vorgelegten Risikobewertungsberichts , der
Antworten auf förmliche Auskunftsersuchen der Kommission vom 28. Juni
2024 und 11. Oktober 2024 sowie der von Dritten übermittelten
Informationen beinhaltet. Auch der Handelsverband hatte in einem
Schreiben an EU Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager sowie in
einem gemeinsamen Aufruf der Dachorganisation Ecommerce Europe auf
die Fernost-Problematik hingewiesen und neben einer
Sachverhaltsdarstellung auch einen 8-Punkte-Aktionsplan mehr Fair
Play im Onlinehandel eingefordert.
"Temu steht für das Gegenteil von Nachhaltigkeit und agiert
mutmaßlich unlauter! Diese QuickCommerce-Plattform überzieht unseren
Planeten mit einer Müllstraße aus Fakeprodukten, die vielfach mit
giftigen Chemikalien belastet sind. Das gefährdet sowohl die
Kundinnen und Kunden in ganz Europa als auch unseren Wohlfahrtsstaat.
Daher begrüßen wir das förmliche Verfahren der EU-Kommission gegen
Temu ausdrücklich. Es braucht endlich ein Level Playing Field statt
dem Digitalen Wilden Westen", sagt Handelsverband-Geschäftsführer
Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.
Temu unterliegt seit Ende September Digital Services Act
Das EU-Gesetz für digitale Dienste legt großen Online-Plattformen
wie Amazon oder Shein besondere Sorgfaltspflichten auf. Auch Temu
wurde heuer von der EU-Kommission als sehr große Online-Plattform
eingestuft (very large online plattform; VLOP), da die Plattform mehr
als 45 Millionen Nutzer in der EU verzeichnet. Seit Ende September
müssen die entsprechenden Vorschriften eingehalten werden. Bei
nachgewiesenen Verstößen kann die EU-Kommission ein Bußgeld von bis
zu 6% des weltweiten Jahresumsatzes verhängen.
Konkret wird sich die Untersuchung der EU-Kommission jetzt auf
folgende Bereiche konzentrieren:
- Systeme, über die Temu verfügt, um den Verkauf nicht konformer
Produkte in der Europäischen Union einzuschränken. Hier geht es insb.
um die Bekämpfung von Produktpiraterie und um fehlende
Sicherheitskennzeichnungen.
- Risiken im Zusammenhang mit der suchterzeugenden Gestaltung des
Dienstes, einschließlich spielähnlicher Belohnungsprogramme, welche
Temu gezielt nutzt, um den Verkauf anzukurbeln. Diese mutmaßlich
gesetzeswidrigen Praktiken bilden auch die Grundlage für die UWG-
Beschwerde des Österreichischen Handelsverbandes gegen Temu bei der
Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) . Die Ermittlungen auf nationaler
Ebene laufen derzeit.
- Einhaltung der DSA-Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Art und
Weise, wie Temu den Usern Inhalte und Produkte empfiehlt.
42% der österreichischen Bevölkerung haben bereits bei Temu
gekauft
Temu hat - auch durch mutmaßlich unlautere Mittel - in Österreich
einen Blitzstart hingelegt: Obwohl die Shopping-App erst seit April
2023 in unserem Land verfügbar ist, kennen laut HV Consumer Check vom
Juni diesen Jahres bereits 83% der Österreicher Temu, 42% der
Bevölkerung haben bereits bei Temu gekauft.
"Wir rechnen damit, dass Fernost-Plattformen wie Temu und Shein
heuer rund eine Milliarde Euro an Kaufkraft aus Österreich abziehen.
Ermöglicht wird dieses massive Wachstum auch durch das
Vollzugsdefizit auf EU-Ebene. Während sich europäische Einzelhändler
an immer mehr Vorschriften zu halten haben, tun das die neuen Online-
Plattformen aus Fernost nicht. Solange die europäischen Behörden die
Einhaltung bestehender Vorschriften nicht sicherstellen können,
sollte auch die europäische Wirtschaft nicht durch weitere, extrem
komplizierte Regelungen belastet werden", so Handelssprecher Rainer
Will abschließend.
Als bundesweite Interessenvertretung des österreichischen Handels
wird der Handelsverband weiterhin eng mit den EU-Institutionen und
nationalen Behörden zusammenarbeiten, um die Interessen des
heimischen Handels auf europäischer Ebene zu stärken und ein Level
Playing Field im Onlinehandel zu erreichen.
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