14.05.2024,
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Wien (OTS) - Eine neue, umfassende Studie macht deutlich: Die
österreichische Musikwirtschaft ist gemessen an der Wertschöpfung mit
7,5 Milliarden Euro die drittstärkste Branche, erwirtschaftet 2,8
Prozent des BIP, und jede:r Musikschaffende generiert 16 weitere Jobs
– doch der starke Wirtschaftsmotor ist bisher weit unterschätzt. Mehr
Investitionen in den Musikbereich würden die gesamte Wirtschaft
stärken.
Die neue Studie „Wertschöpfung der Musikwirtschaft in Österreich
2024“ zeigt auf, dass an der heimischen Musikwirtschaft direkt und
indirekt rund 117.000 Arbeitsplätze hängen – das sind so viele Jobs
wie im gesamten Maschinenbau und deutlich mehr als im IT- oder im
Finanzsektor. Sie erzeugt fiskalische Effekte in der Höhe von 4,35
Milliarden Euro und damit rund 2,8 Prozent des österreichischen BIP.
Zwtl.: Erstmals umfangreiche Daten
Beauftragt wurde die Studie vom Fachverband der Film- und
Musikwirtschaft, vom Verband der Österreichischen Musikwirtschaft –
IFPI Austria und von der Musikverwertungsgesellschaft AKM, um ein
eklatantes statistisches Problem aufzuzeigen und zu beheben: Der
Musikwirtschaft fehlte nämlich bisher eine klare Zuordnung ins
politische und wirtschaftliche System. Als Querschnittsmaterie hat
sie großen Einfluss auf eine Vielzahl von Wirtschaftssektoren – etwa
in den Bereichen Produktion, Handel und Dienstleistungen –, doch
genau deshalb lagen bis dato keine zuverlässigen Daten für einzelne
Teilsektoren der Musikwirtschaft vor. In Österreich gibt es keine
Definition der Musikwirtschaft, und wesentliche Bereiche werden in
den Wirtschaftsstatistiken nicht beachtet. Dabei geht es nicht nur um
Musikaufnahmen, Musikverlage oder Musikveranstaltungen, sondern zum
Beispiel auch um Unterhaltungselektronik (Audiozubehör für Computer,
Autoradios, Speichermedien) oder den Einsatz von Musik in Museen.
Die vorliegende Studie behebt das Problem mit der Schaffung eines
Satellitenkontos für die Musikwirtschaft, das direkte, indirekte und
induzierte Effekte des Sektors berücksichtigt und darstellt. Folgend
nun die wichtigsten Ergebnisse:
Zwtl.: Bruttowertschöpfung 7,5 Milliarden Euro
Die Kreativen und Musikschaffenden in ganz Österreich bilden,
alleine betrachtet, mit rund 7.000 direkt Beschäftigten nur einen
kleinen Teil des Sektors ab. Aber dieser kleine Sektor kann als Funke
für ein beeindruckendes Feuer und als starker Wirtschaftsmotor
gesehen werden – denn durch den Vertrieb über die Nutzung der
geschaffenen Werke und Rechte bis hin zum Musiktourismus entsteht
eine Bruttowertschöpfung von 7,5 Milliarden Euro im Jahr.
„Die neue Studie belegt einmal mehr, dass die heimische
Musikwirtschaft nicht nur rot-weiß-rote Identität schafft, sondern
auch ein signifikanter Wirtschaftsfaktor ist“, stellt dazu Franz
Medwenitsch, Geschäftsführer des Verbands der österreichischen
Musikwirtschaft – IFPI Austria, fest. „Ein relativ kleiner
kreativ-produzierender Kern löst am Ende der Wertschöpfungskette
enorme volkswirtschaftliche Effekte aus.“
Grenzt man die Musikwirtschaft sachgerecht ab, gehört sie zu den
größten Branchen in Österreich: Im Branchenvergleich liegt sie mit
rund 117.000 Arbeitsplätzen, die insgesamt an der Branche hängen, auf
Platz zwei hinter dem Einzelhandel (127.000 Jobs). Ein kleiner Kern
von rund 7.000 Menschen ist also Antreiber einer Branche mit rund
95.000 direkt und 20.000 indirekt beschäftigten Personen. Bei der
Bruttowertschöpfung in Österreich liegt die Musikwirtschaft auf Platz
drei hinter dem Gesundheitswesen und dem Landverkehr, noch vor der
Energieversorgung, dem Hochbau, dem Lebensmitteleinzelhandel und der
Gastronomie.
Sie ist übrigens mehrheitlich weiblich (56,6 Prozent) und nur 17,7
Prozent der Beschäftigten in der Musikbranche sind selbständig.
„Natürlich wäre es schön, wenn die Ergebnisse dieser Studie nicht nur
einen kurzen Applaus für die Wertschöpfung der Musikbranche auslösen,
sondern wenn dem auch eine aktive Wertschätzung in Form von echter –
ja, auch politischer – Unterstützung folgen würde“, sagt dazu
Liedermacherin Ina Regen.
Zwtl.: Musikschaffende sorgen für jeweils 16 weitere Jobs
„Die Studie zeigt uns: Die österreichische Musikwirtschaft wurde
bisher aufgrund fehlender aussagekräftiger Daten enorm unterschätzt.
Je mehr aktive und erfolgreiche Kreative im Land tätig sind, desto
mehr Effekte erzeugen sie über die gesamte Wertschöpfungskette“,
stellt dazu Georg Tomandl fest. Er ist nicht nur Musikproduzent,
sondern auch Obmann des Österreichischen Musikfonds und
stellvertretender Obmann im Fachverband der Film- und
Musikwirtschaft. „Mit jedem und jeder statistisch erfassten
Musikschaffenden sind im Durchschnitt weitere 16 Arbeitsplätze in
Österreich verbunden, welche oft weniger sichtbar sind, dieses
komplexe Ökosystem Musik aber überhaupt erst ermöglichen“, ergänzt
Anna Kleissner, Geschäftsführerin der Econmove GmbH und Leiterin des
Instituts für Österreichs Wirtschaft. Die Wirtschaftsleistung der
Musik sei zwar genauso wichtig wie jene von Gastronomie oder
Hotellerie, „bleibt in der Wahrnehmung jedoch weit dahinter zurück“.
Zwtl.: Exporttreiber mit schlummerndem Potenzial
Ebenso deutlich wird, was verloren geht: Durch den hohen
Importanteil ergibt sich ein hoher Abfluss ins Ausland. Besonders
schmerzhaft bemerkbar macht sich das bei der Produktion von Musik für
den Einsatz in Radio und TV und bei namhaften Großveranstaltungen.
Als direkter Effekt fließen Gagen und Tantiemen in Millionenhöhe ab.
Vergleichsweise geringe Importquoten weisen die öffentliche
Verwaltung und Ausbildung auf. Wahre Exporttreiber mit schlummerndem
Potenzial sind der Musiktourismus und ausländische Studierende.
Hingegen stellt der Markt für Musik-Streaming, der immer mehr an
Bedeutung gewinnt, „finanziell ein Desaster für Musikschaffende dar“,
klagt AKM-Präsident Peter Vieweger.
Zwtl.: Investitionen kommen um ein Vielfaches zurück
Für Hannes Tschürtz, den Obmann der Berufsgruppe Label im
Fachverband, ist glasklar, welche Schlussfolgerungen aus der nun
vorliegenden Studie zu ziehen sind: „Je klüger und besser wir die
Kreativen in der lokalen Musikwirtschaft unterstützen können, desto
stärker werden die Wertschöpfungseffekte – und mit ihnen der gesamte
Bereich.“ Daraus ergibt sich eine Art Handlungsanweisung für die
musikalische Zukunft Österreichs: Der Schlüssel zu einer stärkeren
heimischen Musikwirtschaft – und damit zum besseren Ausschöpfen von
deren wirtschaftlichem Potenzial – sind Investitionen in den
musikalischen und musikwirtschaftlichen Ausbildungsbereich, „die für
sich selbst genommen schon große wirtschaftliche Effekte bringen“, so
der Berufsgruppenobmann. Zusätzlich entsteht die realistische
Perspektive, nachhaltig erfolgreiche künstlerische Projekte damit zu
befeuern. „Diese Investitionen kommen um ein Vielfaches multipliziert
zurück“, betont Tschürtz.
Diese Einschätzung unterstreicht auch Liedermacherin Ina Regen mit
ihrer eigenen Erfahrung: „Mein Durchbruch 2017 mit signifikanter
Tagesrotation in den größten heimischen Radios und medialer
Reichweite in TV- und Printmedien hat mich innerhalb kürzester Zeit
auch mit einer unternehmerischen Größe überrascht. Das ging von einer
One-Woman-Show zu Arbeitsaufträgen für über 100 Selbständige binnen
weniger Wochen.“
Österreichs kleiner Musikmarkt könne die notwendigen Investitionen
oft nicht allein stemmen, sagt IFPI-Geschäftsführer Franz
Medwenitsch. „Deshalb muss der Staat bereit sein, ausreichend
Fördermittel für die heimische Musikproduktion und die internationale
Vermarktung – also den Export heimischen Musikschaffens – zur
Verfügung zu stellen.“
Auch als Gesetzgeber sei die Politik gefordert: „Die
österreichische Musikbranche steht unter Druck. Digitalisierung,
global anbietende Streaming-Plattformen, ein verschärfter Wettbewerb
um die Aufmerksamkeit der Musikfans und zuletzt die Entwicklungen bei
generativer Künstlicher Intelligenz stellen die Musikwirtschaft vor
enorme Herausforderungen. ‚Weltberühmt in Österreich‘ reicht längst
nicht mehr aus. Um mithalten zu können, braucht es passende
gesetzliche Rahmenbedingungen – Stichworte: Urheberrecht, KI-Gesetz
und steuerliche Anreize.“
Zwtl.: Ein „Masterplan Musikstandort Österreich“
„Wir müssen endlich damit beginnen, Musik in ihrer Gesamtheit zu
erfassen und damit nicht nur als Unterhaltungsfaktor, sondern auch
als wichtigen Wertschöpfungs- und Beschäftigungsmotor der heimischen
Wirtschaft zu verstehen“, fordert Econmove-Geschäftsführerin Anna
Kleissner. Hannes Tschürtz, der Obmann der Berufsgruppe Label, geht
noch einen Schritt weiter: „Es ist höchste Zeit für einen Masterplan
Musikstandort Österreich! Einen solchen zu erstellen, sehen wir jetzt
als unsere nächste Aufgabe.“ Um darüber mit der Regierung verhandeln
zu können, wünscht sich Franz Medwenitsch eine zentrale
Ansprechperson, die auf Regierungsebene für die Kreativwirtschaft,
also die Querschnittsmaterie zwischen Kultur und Wirtschaft,
zuständig sei.<a> </a>
Zwtl.: Mehr österreichische Musik im Radio – mehr Erlöse
Um das riesige Potenzial angesichts des weltweiten Bedarfs an
Musik in unterschiedlichen Kanälen und für verschiedenste Zwecke zu
heben, sieht Michael Paul, Geschäftsführer der Unternehmensberatung
paul und collegen consulting, vor allem zwei Stellschrauben, an denen
gemeinsam gedreht werden müsste: „In Österreich muss der Flaschenhals
der geringen medialen Präsenz insbesondere jüngerer österreichischer
Künstler:innen und ihrer Musik geweitet werden. Und im Ausland muss
Musik aus Österreich eine größere Verbreitung finden – dafür braucht
es Strukturen und Geld, um mit entsprechenden Investitionen ins
Risiko gehen zu können.“ IFPI-Geschäftsführer Medwenitsch hat dazu
bereits einen konkreten Wunsch parat: „Jährliche Dotierung des
Musikfonds hinauf auf 5 Millionen Euro – Mehrwertsteuer auf Tonträger
und Musikservices runter auf 10 Prozent!“
Der eine wichtige Hebel ist das Live-Business, das besonders viele
Ausstrahleffekte hat, insbesondere in Tourismus und Gastronomie.
„Live-Konzerte mit österreichischer Musik aller Genres werden gerne
und gut besucht, sie stehen für die Vielfalt und Qualität der
Branche“, sagt AKM-Präsident Peter Vieweger. „Doch diese positive
Entwicklung spiegelt sich nicht in den nationalen Radiostationen
wider, die vorwiegend auf Altbekanntes oder internationale Hits
setzen und die positive Strahlkraft österreichischer Musik bislang
unterschätzen.“
Diese Medienauftritte sind der zweite wichtige Hebel und
wesentliche Wirkungsverstärker für Erlöse in anderen Segmenten: Schon
eine Erhöhung des Anteils österreichischer Musik im Radio um bloß 5
Prozent würde zu jährlichen Direktmehreinnahmen von mehr als 1
Million Euro führen. „Diese aussagekräftigen Ergebnisse tragen
hoffentlich auch zu einem gestärkten Selbstbewusstsein der
österreichischen Musikschaffenden bei“, meint Ina Regen. „Der
Umstand, dass die meisten von uns diesen Beruf als Berufung ausüben,
darf nicht mehr länger gegen uns verwendet werden. Unsere Arbeit ist
wichtig, nicht nur für die mentale Gesundheit der Bevölkerung,
sondern auch als wirtschaftliche Größe für die Politik.“
Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stärkung des Musiksektors hätten
auch positive steuerliche Effekte, rechnet Unternehmensberater
Michael Paul vor. „Schon heute nimmt der Fiskus 4,3 Milliarden Euro
an Steuern durch die Aktivitäten der Musikwirtschaft ein.“ Es könnten
noch viel mehr sein. (PWK181/HSP)
Sie finden die Kurz- und Langfassung der Studie sowie Fotos zum
honorarfreien Download (© Katharina Schiffl) unter
https://drive.wko.at/index.php/s/ebB3EMiBkzezHkr
(
https://drive.wko.at/index.php/s/ebB3EMiBkzezHkr).
Bildtext zum Gruppenbild stehend - v.l.: AKM-Präsident Peter
Vieweger, Obmann der Berufsgruppe Label Hannes Tschürtz,
Liedermacherin Ina Regen, Unternehmensberater Michael Paul,
Econmove-Geschäftsführerin Anna Kleissner, IFPI-Geschäftsführer Franz
Medwenitsch (© Katharina Schiffl)
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