07.05.2024,
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Klagenfurt (OTS) - So hat beispielsweise die Studie von Deloitte
Consulting zu „Österreichs Industrie im Wandel“ in Zusammenarbeit mit
der Abteilung für Wirtschaftspolitik der WKO besorgniserregende
Ergebnisse zutage gefördert: Die Attraktivität des
Industriestandortes schwindet, drei von vier Unternehmen sehen die
Gefahr der De-Industrialisierung in Österreich. Dabei sind
Produktionsverlagerungen bereits Realität und nehmen weiter zu, vor
allem kostenintensive Bereiche wandern ab. Dazu kommen geografische
Verlagerungstrends: Die USA gewinnen – nicht zuletzt aufgrund des
„Inflation Reduction Act“ – an Attraktivität.
Wirtschaft wandert ab
Aus dieser Gemengelage ziehen immer mehr Unternehmen ihre
Konsequenzen: Geplante Investitionen finden anderswo statt, Teile der
Produktion werden an günstigere Standorte verlagert. Auch in den
Medien gehören Berichte über die Verlagerung von
Produktionskapazitäten weg aus Österreich bzw. aus Europa
mittlerweile zum Alltag. Die Studie bestätigt diesen Eindruck: Mehr
als 40 Prozent der Unternehmen haben in den vergangenen drei Jahren
bereits Maßnahmen ergriffen, um ihre Wertschöpfungskette an die
verschlechterten Rahmenbedingungen in Europa und Österreich
anzupassen.
USA als großer Profiteur
Europa trägt als Folge des Einmarsches Russlands in der Ukraine die
Hauptlast der wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Aggressor, was
aufgrund der Abhängigkeit Europas von russischem Erdgas einen
Energiepreisschock ausgelöst hat. In den USA profitiert hin-gegen
nicht nur der Rüstungssektor von staatlichen Milliardeninvestitionen,
auch der Energiebereich boomt durch die Umstellung Europas von
billigem russischem Erdgas auf das wesentlich teurere
US-amerikanische LNG. Die Vereinigten Staaten 2023 sind damit zum
weltgrößten Exporteur von LNG aufgestiegen. Dazu kommt noch, dass die
USA aktiv um europäische Unternehmen werben: Der „Inflation Reduction
Act“ zieht massiv Firmen und Investitionen aus Europa ab. Damit
fördert die Regierung von US-Präsident Joe Biden klimafreundliche
Investitionen in den Vereinigten Staaten mit der enormen Summe von
insgesamt 430 Milliarden Dollar. Noch dazu ist das Prozedere, um
tatsächlich zu staatlichem Geld zu kommen, über Steuergutschriften
viel einfacher als in Europa mit seiner wuchernden Förderbürokratie.
Dazu locken wesentlich niedrigere Strompreise: Laut statista.com
kostete Haushaltsstrom in Österreich 2023 im Schnitt 47 Dollar-Cent,
in den USA 17.
Arbeitskosten kosten Wettbewerbsfähigkeit
Neben den Energiepreisen sind laut Deloitte-Studie die hohen
Arbeitskosten schuld da-ran, dass Unternehmen über Abwanderung oder
Produktionsverlagerung nachdenken. Weitere Auslöser für die aktuelle
Deindustrialisierungsdebatte in Österreich sind die enorme
Regulierungswut der Bürokratie, der anhaltende Mangel an
qualifizierten Arbeitskräften und die hohen Steuern und Abgaben.
WK-Präsident Jürgen Mandl: „Wir müssen uns als Lebens- und
Wirtschaftsstandort, dessen Wohlstand in hohem Maße vom weltweiten
Export abhängt, bewusst sein, wie dünn das Eis ist, auf dem wir alle
stehen: Die Unternehmen, die Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter und
der Staat mit allen seinen Aufgaben von der sozialen Absicherung über
Gesundheit und Bildung bis zum erhöhten Sicherheitsbedürfnis – all
das wird von unser aller Steuern und Abgaben finanziert, die wir
großteils außerhalb von Österreich verdienen. Stockt der Export,
stirbt das Land.“
Gaslücke bedroht die Industrie
Eines der Bedrohungspotentiale für die Wirtschaft ist für Mandl auch
die Ankündigung der Ukraine, die mit Ende 2024 auslaufenden
Gasdurchleitungsverträge mit Russland nicht zu verlängern. Dies
stelle für Österreich, das trotz der offensichtlichen Gefährdung der
Versorgungssicherheit durch den Krieg bisher keine Anstalten
unternommen habe, die enorme Abhängigkeit rasch zu verringern, eine
ernsthafte Herausforderung dar. Denn während große Teile Europas die
vergangenen beiden Jahre zum Aufbau von alter-nativen
Energieinfrastrukturen genutzt haben, hat Österreich diese
Umstellungsphase verschlafen.
Raus aus Russengas: Österreich hinkt hinterher
Die West-Austria-Gasleitung (WAG) verläuft seit 1980 auf 245
Kilometer Länge vom Gasknotenpunkt Baumgarten im Marchfeld bis nach
Oberkappel an der deutschen Grenze. Ursprünglich war sie für den
Gastransport von Ost nach West gedacht. Auf den letzten 40 Kilometern
vor Deutschland, zwischen Oberkappel und Bad Leonfelden im
oberösterreichischen Mühlviertel, soll die Leitung nun „geloopt“,
also um ein Rohr in die Gegenrichtung ergänzt werden, um auch Gas von
Nordeuropa in den Osten Österreichs transportieren zu können. Nachdem
aber erst vor wenigen Wochen die Entscheidung für eine Unterstützung
durch den Bund erfolgte, wird der Loop erst frühestens 2027
einsatz-bereit sein – Jahre zu spät, falls die Ukraine tatsächlich
mit Anfang 2025 die Gasdurchleitung einstellt. Weiters verlangt Mandl
die umgehende Aufnahme von Planungsarbeiten, wie die bestehende Trans
Austria Gaspipeline, die ebenfalls von Baumgarten durch die
Steiermark und Kärnten nach Italien führt, an die LNG-Terminals vor
Venedig und der kroatischen Insel Krk angebunden werden kann.
Netzkosten und Ausgleichszahlungen
Eine der Herausforderungen der Energiewende ist der Umstand, dass die
aktuellen Netzkapazitäten mit dem Zuwachs von erneuerbaren
Energiequellen sowie der Elektrifizierung der Gesellschaft nicht
Schritt gehalten haben. Das erhöht die Kosten sogenannter
Redispatch-Maßnahmen, mit denen das Netz – etwa bei Übereinspeisung
oder Leitungsausfall – stabil gehalten wird. Der österreichische
Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) beklagt eine hohe
Auslastung der Stromnetze und warnt vor steigen-den Kosten für
notwendige Eingriffe in die Stromversorgung. 2023 lagen diese für die
Stromkunden bei 141,6 Mio. Euro, das entspreche einer Erhöhung von 51
Prozent gegen-über dem Vorjahr und fast einer Verdoppelung gegenüber
dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre, so die APG.
Netzausgleichskosten explodieren
Auch diese Kosten muss am Ende der Stromkunde bezahlen. Ein
leistungsstarkes Strom-netz mit ausreichender Kapazität sowie
entsprechender Speicherkapazitäten in allen Ebenen würden die Kosten
erheblich verringern, weshalb die Wirtschaftskammer entsprechende
Netzinvestitionen seit langer Zeit einfordert. Mandl: „Das darf aber
nicht wieder zehn Jahre dauern wie bei der Netzabstützung Villach.
Land und Bund sind gefordert, entsprechende gesetzliche
Vereinfachungen zu schaffen, damit solche Infrastruktur-investitionen
auch in überschaubaren Zeiträumen umgesetzt werden können, sonst wird
die Energiewende in einer Flut von Beschwerden steckenbleiben.“
Eine erfolgreiche Energiewende und Transformation hin zu einem
erneuerbaren Energiemix verlangt dringend den Ausbau der Stromnetze
auf allen drei Spannungsebenen (110 kV, z.B. im Görtschitztal, 220 kV
und 380 kV). Wirtschaftskammerdirektor Meinrad Höfferer: „Eine
stabile Energieversorgung ist jetzt und zukünftig noch mehr ein
Qualitätsfaktor für eine prosperierende Wirtschaft und damit ein
wirksames Rezept gegen die Absiedelung von Betrieben und den Verlust
von Wohlstand.“
Energieflussdiagramm: So ist die Energiewende nicht zu schaffen
Die Abteilung Wirtschaftspolitik der WK Kärnten hat ein
Energieflussdiagramm entwickelt, das anschaulich die Anteile der
jeweiligen Energieträger und ihre Veränderung im Zeitablauf
darstellt. So machten Öl und Gas im Jahr 2022 mehr als 10.000
Gigawatt-stunden aus, Photovoltaik und Windkraft hingegen nur knapp
300. Herwig Draxler, Leiter der Wirtschaftspolitik: „Das ist der
berühmte Tropfen auf den heißen Stein: Selbst eine Steigerung der
Erneuerbaren Energie um 100 GWh pro Jahr würde bedeuten, dass Kärnten
noch fast 100 Jahre für die Energiewende braucht.“ Europa und
Österreich haben sich allerdings vorgenommen, bis 2040 (!) sämtliche
fossilen Energieträger durch erneuerbare zu ersetzen.
Aktuelle Gesetzesentwürfe
Das Raumordnungsgesetz und die PV-Verordnung waren in den vergangenen
Wochen in Begutachtung. WK-Präsident Mandl: „Die vorliegenden
Vorschläge sind ein guter und wichtiger Schritt, wobei an manchen
Standorten eine größere Freiflächenkapazität für die
Energieproduktion von großem Vorteil wäre. Entscheidend aus Sicht der
Wirtschaft ist jedoch das Tempo bei der Umsetzung!“
Zündet der Investitionsturbo?
Der angestrebte ganzjährige Energiemix benötigt einen schnellen
Ausbau der Windkraft für die Wintermonate. Die Wirtschaft fordert
daher, in ähnlicher Geschwindigkeit wie im Bereich der Photovoltaik
die Windkraft zu forcieren und die entsprechenden Verordnungen und
Gesetze demensprechend zu adaptieren. Denn, so Mandl: „Die
Energiewende ist ein Investitionsturbo, der Kapital, Tempo durch
Entbürokratisierung und Mut für klare politische Entscheidungen
braucht. Die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft ist die Grundlage
unseres Wohlstandes – und dafür ist eine sichere, günstige
Energieversorgung die Grundvoraussetzung.“
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