24.04.2024, 3540 Zeichen
Besuchen Sie Europa, solange es noch steht. Als die deutsche Band „Geier Sturzflug“ 1983 die Titelzeile für einen Song präsentierte, wurde daraus in Kürze ein Hit. Heute ist mit diesem Satz weit mehr an Realität zu verbinden, als man sich vor 40 Jahren denken wollte und konnte.
Die Rede ist vom Tourismus, der seit Jahren an Dynamik und Kraft zunimmt. Gerade Europa schafft es, einen Rekord nach dem anderen zu berichten. Aus aller Welt strömen Touristen an den alten Kontinent. Vielleicht um ihn sich noch einmal anzusehen, oder einfach nur um ihr Erspartes mit Erinnerungen zu tauschen. Inzwischen hat dieser Trend aber bereits Grenzen erreicht, die nicht nur an die körperlichen oder ökonomischen Belastungspotentiale anstreifen, sondern auch wirtschaftliche Effekte erzeugen, die mehr und mehr Konfliktpotentiale auslösen.
Die Demonstrationen auf den Kanarischen Inseln mögen eine Orientierung sein, die Preiseffekte in vielen touristischen Bereichen eine Andere, die wachsende Kluft in der Wohlstandsbilanz einzelner Staaten die Alarmierendste.
Tatsache ist, trotz Ukraine, Cyberattacken, Terrordrohungen, Inflationsanstieg und einem Krieg im Nahen Osten steigen die Zahlen an Touristen insbesondere in Europa seit Jahren. Offensichtlich ist das Bewusstsein nach Freiheit, Schönheit, Erholung oder auch nur Distanz so groß wie schon lange nicht. SARS-CoV-2 war sicher ein Auslöser von Gedanken sich das restliche Leben stärker vor Augen zu führen, genauso wie kriegerische Auseinandersetzungen ein paar 100 Kilometer rechts vor der Haustüre niemanden so richtig kalt lassen und den Wunsch nach Genuss von Sicherheit ins Befinden importieren.
Am Beispiel Spanien lassen sich diese Trends am ehesten bestätigen. Heuer erwartet man, dass Touristen die Schallmauer von 200 Milliarden an Ausgaben überschreiten. Es werden erstmals auch mehr als 100 Millionen Touristen in Iberien erwartet. Die Wachstumsraten von Anzahl und Konsum von Touristen liegen seit Jahren konstant über 5% real. Dabei ist zu erkennen, dass der Wunsch nach „Qualitätstourismus“, jenen Besuchern, die mehr Geld ausgeben, ein frommer bleibt. Der Tourist wird zwar in Sparer und Genießer geteilt, in Masse und Luxus, die konsumierte Summe bleibt aber gleich.
Für uns an den Kapitalmärkten ein interessantes Gebiet mit vielfachen Ansätzen. Restaurants und kleinere Pensionen sind zumeist nicht börsennotiert. Hotelketten, Autovermietungen, Schiffbetreiber, Flugunternehmen, Reiseveranstalter oder gar Restaurantketten aber schon. Auch der Umgang der Politik mit diesem Thema birgt Potentiale. In Spanien, Italien oder zunehmend Portugal wird Tourismus als Wirtschaftsfaktor immer wichtige. In Frankreich dagegen immer störender wahrgenommen. So werden die kommenden olympischen Spiele in Paris im Sommer bereits jetzt schon als hauptsächlicher Grund für die kommende Stadtflucht von Einheimischen genannt. Der Einzelhandel gibt im Vorfeld bereits w.o... Im Sommer wird Paris von Vielen einfach „dicht gemacht“. Flucht auf’s Land oder in den Urlaub Programm.
Doch eines gilt es wie immer zu bedenken. Sollte man den Tourismus- und Freizeit-Sektor als Natural Hedge gegen Kriege oder ähnliche Situationen begreifen wollen, kann das durchaus funktionieren, nur hat man in seiner Suche nach guten Investments aber genauso tief wie sonst zu graben. Die Kraft steckt nach wie vor im Detail. Pauschal ist somit auch hier der Erfolg nur pauschal und mit Sicherheit kein Spaziergang im Urlaub.
(Der Input von Wolfgang Matejka für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 24.04.)
Börsepeople im Podcast S16/12: Thomas Eccli
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