17.01.2024,
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Graz/Wien (OTS) - In einem schwierigen wirtschaftlichen und
politischen Umfeld fand der traditionelle Neujahrsempfang der
Deutschen Handelskammer in Österreich (DHK) in Graz statt. Wieder
bildete die kultivierte Atmosphäre der Aula der Alten Universität den
Rahmen für die Veranstaltung.
Christian Jauk, Leiter der Landesdirektion Steiermark der DHK, und
Honorarkonsul Joachim Schönbeck, Vorstandsvorsitzender der Andritz AG
konnten besonders viele und prominente Vertreter der steirischen
Politik und Wirtschaft begrüßen, unter ihnen den Industriellen und
früheren Minister Martin Bartenstein und den ehemaligen CEO von
Andritz AG, Wolfgang Leitner. Landesrat Werner Amon vertrat den
Landeshauptmann, Stadtrat Günter Riegler die Stadt Graz.
Keynote-Speaker war der prominente Nationalökonom Clemens Fuest,
Präsident des Münchener ifo Instituts zum Thema „Die wirtschaftliche
Entwicklung 2024 in Deutschland, Österreich und Europa“.
Der deutsche Botschafter in Österreich Vito Cecere umriss die
Positionen der Regierung in Berlin zu den großen internationalen
Problemen: Deutschland werde weiter die Ukraine unterstützen, denn
diese kämpfe auch „für die Freiheit bei uns“. Das Existenzrecht
Israels sei für Deutschland „nicht verhandelbar“. Er erwähnte auch,
dass viele steirische Betriebe vorbildlich seien für klimaschonende
Produktion.
Zwtl.: Österreich an der Spitze bei „hidden champions“
Wo entsteht neue Wertschöpfung? Wohin wird die
Deindustrialisierung führen und muss man Abschied vom Wachstum
nehmen? Wohin wird die deutsche Energiepolitik führen? Das waren
einige der Fragen, die sich Clemens Fuest, Präsident des
ifo-Instituts München und einer der prominentesten deutschen
Wirtschaftsforscher in seiner Keynote beim Neujahrsempfang der DHK in
Graz stellte – und auf die er manche überraschende Antwort gab.
Fuest widersprach der allgemeinen Auffassung, dass ein großer
Industriesektor die einzige Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg
sei. Es gebe auch andere Wege, abhängig davon wie ein Land seine
komparativen Vorteile nützen könne. In Deutschland und Österreich
habe die Industrie erheblich zum Wohlstand beigetragen; wenn das nun
aber zurückgeht, stelle sich die Frage, wo und wie neue Wertschöpfung
entsteht und das müsse nicht nur in der Industrie sein. Es sei
jedenfalls falsch, das mit staatlicher Planung zu versuchen. Ein Land
dürfe nicht den Fehler machen, sich dort spezialisieren, wo es
schwach ist, sondern müsse sich dort stärken, wo es
Wettbewerbsvorteile hat. „Und das ist die Aufgabe von Unternehmern“.
Ein Wachstumssektor werde jedenfalls die Gesundheit sein, sagte
Fuest. Aber das dürfe nicht zu einer Belastung werden, sondern müsse
„die Marktkräfte stärken“.
Welches hohe Potenzial für Innovationen gerade in Deutschland und
Österreich herrscht, konnte Fuest am Beispiel der „hidden champions“
zeigen. Zusammen mit der Schweiz liegen unsere beiden Länder mit
weitem Abstand an der Spitze vor allen anderen europäischen Ländern.
Diese Champions hätten ein hohes Wertschöpfungspotential und seien
häufig mittelständische Unternehmen mit über 500 Beschäftigten und
häufig Familienunternehmen. Auch die Steiermark besitzt einige
davon. Bei Unternehmensgründungen („unicorns“ mit einem Wert von
über einer Milliarde Euro) hingegen sei Deutschland relativ schwach,
Österreich habe zwei davon.
Die größten Wachstumsbremsen seien die Demografie und
Arbeitskräftemangel, diagnostizierte Fuest. Dazu kämen Bürokratie und
hohe Steuerbelastung und in Deutschland die hohen Energiepreise.
Fuest beschrieb besonders das Phänomen, dass zwar immer mehr
Arbeitskräfte in Beschäftigung seien, dabei aber nicht mehr
Arbeitsstunden geleistet werden, weil der Anteil an
Teilzeitarbeitsverhältnissen stark gestiegen sei, besonders bei
Frauen. „Und außerdem gibt es Institutionen, die die Menschen vom
arbeiten abhalten“.
Der ifo-Präsident kritisierte den subventionierten
Industriestrompreis in Deutschland, was auch eine Warnung für
Österreich sein kann. Grundsätzlich müssten die Inputpreise
kostendeckend sein, eine Subvention bringe noch nicht mehr Angebot.
Das Argument, der ‚Brückenstrompreis‘ gelte nur solange, bis es
genug erneuerbare Energie gibt, nannte er eine „Brücke ins Nichts“.
Die Strompreise würden hoch bleiben, weil Deutschland im
internationalen Standortvergleich wesentlich höhere Gestehungskosten
für erneuerbare Energien habe. Selbst wenn die Energiepreise
mittelfristig wieder senken sollten, bestünde kein Marktversagen bei
der Anpassung an diese Zeit, Subventionen seine daher unbegründet.
„Subventionsprogramme bergen die Gefahr von Fehlanreizen und teurer
Verzögerung des Strukturwandels“.
Moderiert wurde der Abend vom Chefredakteur des ORF Steiermark
Wolfgang Schaller. In einer Podiumsrunde nach der Keynote betonte
Jauk die Bedeutung des Kapitalmarkts für Wachstum und Innovation. Die
Österreicher seien Sparmeister, es gelinge aber nicht ausreichend,
diese Mittel in die Wirtschaft zu bringen. Das eigentlich bestimmende
Motiv des anregenden Abends war dann die Aufforderung des
Vorstandsvorsitzenden der Andritz AG Joachim Schönbeck: „Lassen Sie
uns aus der Krise eine Chance machen“. Und humorvoll zum Ausklang:
„Meine Laune ist deutlich besser als die von Fuest“.
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