19.10.2023,
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Wien (OTS) - Seit einem Jahr existiert in Österreich ein neues
Gasbilanzierungsmodell, implementiert und umgesetzt von der AGCS Gas
Clearing und Settlement AG mit Sitz in Wien. Journalistin Angelika
Kramer hat anlässlich des ersten Jahrestags mit dem Vorstand der AGCS
und Marktteilnehmern gesprochen. Resümee:
Für den Bilanzgruppenkoordinator AGCS war das vergangene Jahr
äußerst anspruchsvoll, bedingt durch die Gaskrise und die damit
verbundenen extremen Preisschwankungen. Unerfreulicherweise wurde die
deutsche Trading Hub Europe GmbH (THE) von der E-Control benannt, die
Bilanzierungsaufgaben in Österreich in Zukunft zu erfüllen. Da aber
die AGCS die Benennung des deutschen Marktgebietsverantwortlichen
durch die Regulierungsbehörde beeinspruchte blieb der Behörde nichts
anderes übrig, hätte sich die Umsetzung ansonsten um Jahre verzögert,
doch die AGCS zu beauftragen, die neue Bilanzierung in Österreich
umzusetzen. Obwohl seit 2018 darüber diskutiert wurde, musste dann
plötzlich alles ganz schnell gehen.
„Die inhaltlichen Änderungen bei den Ausgleichsregeln konnten
aufgrund der AGCS Erfahrung und der Flexibilität des AGCS
Bilanzgruppenmodells relativ rasch umgesetzt werden“,
berichtet Holzer, Vorstand der AGCS:
„Die Anzahl der Bilanzgruppenverantwortlichen beim
Bilanzgruppenkoordinator erhöhte sich deutlich von 40 auf 120. Das
Mengengerüst, der Datenverkehr, nun auch unter Einbindung der
Fernleitungsnetzbetreiber, skalierte nach oben.“
Seit Oktober 2022 werden alle Bilanzgruppen tagesbilanziert, wobei
die Netzbetreiber für Tagesabweichungen den Börsepreis, die
kommerzielle Marktteilnehmer den Börsepreis mit geringem Auf- und
Abschlag verrechnet bekommen.
„Die Umsetzung erforderte bei AGCS Softwareanpassungen und
natürlich auch erhebliche Umstellungsarbeiten bei jedem einzelnen
Marktteilnehmer. Die Gasmarktteilnehmer hielten sich an ihre neuen
Verpflichtungen, wie höhere Anforderungen bei der
Datenbereitstellung, engere Zusammenarbeit und Monitoring
untereinander“,
zieht Holzer eine positive Bilanz.
Eine besondere Herausforderung war laut Aubrunner, Vorstand der
AGCS die anhaltende Gaskrise, die die Gaspreise an der Börse in den
Bereich 300 Euro/MWh katapultierte. Eine der Hauptaufgaben der AGCS
ist es, für den Systemausgleich Gasmengen an der Gasbörse zu kaufen.
AGCS kann diese Kosten aufgrund des Modells jedoch nur zeitverzögert
an die Marktteilnehmer weiterverrechnen.
„Das bedeutet, wir müssen die gesamten Ausgleichsenergiemengen für
das Marktgebiet vorfinanzieren; natürlich auch in einer Gaskrise. Die
zeitweise Verzehnfachung der Gaspreise führte bei uns zu einer
Vervielfachung der Liquiditätsanforderungen“,
berichtet Aubrunner.
Angesichts der widrigen Umstände ist der Start der
Bilanzierungsstelle mehr als geglückt. Dieser Eindruck wurde auch
durch Gespräche mit Marktteilnehmern verstärkt. Deren Erfahrung mit
dem neuen Bilanzierungsregime ist durchwegs positiv. Vor allem die
integrierte Tagesbilanzierung in Fern- und Verteilnetz funktioniere
sehr gut. Die Abschaffung der ex-ante Bilanzierung auf der
Fernleitungsebene hätte für Marktteilnehmer definitiv eine spürbare
Erleichterung gebracht. Jetzt können diese ihr integriertes Portfolio
als Versorger und Transporteur über den Tag hinweg ausgleichen und
die verfügbaren Instrumente wie Speicher und Rest-of-the-day-Produkte
äußerst effizient nutzen. Verbesserungspotenzial bestünde bei der
Zuverlässigkeit von zeitnahen Daten zu Verbrauchs- und
Bilanzgruppenstatusermittlung. Die Auswirkungen, seien erheblich,
wenn Messdaten ausfallen oder fehlerhafte Daten übermittelt werden.
Die Versorger würden die Kosten tragen, wenn aufgrund von fehlenden
oder falschen Daten Ausgleichsenergie in deren Bilanzgruppen anfällt.
Einige Netzbetreiber hätten ihre Datenlieferung immer noch nicht oder
nicht vollständig an die neue Gesetzgebung angepasst. Daher wird an
eine rasche Initiative zur Verbesserung der Datenqualität appelliert,
um die Zukunftsfähigkeit des Marktmodells weiter zu stärken.
Ein Fernleitungsnetzbetreiber, auf die Herausforderungen der
Tagesbilanzierung angesprochen, meinte, dass insbesondere auf die
sogenannte Linepackbewirtschaftung geachtet werden muss, da die
Umstellung auf die Tagesbilanzierung mit größeren Schwankungen in den
Gasflüssen einhergehen kann und das Netz trotzdem zu jeder Zeit
stabil gehalten werden muss, um die Transportwünsche gleichzeitig zu
jedem Zeitpunkt zu erfüllen. Die erhöhten Datenbereitstellungen,
engere Zusammenarbeit und das Monitoring zwischen den
Marktteilnehmern, erhöhten den Aufwand bei den
Fernleitungsnetzbetreibern.
Wenn auch in Summe alles gut gelaufen ist, findet es AGCS Vorstand
Aubrunner befremdlich, dass aus einem Bilanzgruppenkoordinator eine
Bilanzierungsstelle gemacht wurde.
„Eine Erfindung der Regulierungsbehörde, die mit der GMMO-VO ein
Konstrukt geschaffen und europaweit ausgeschrieben hat, das
gesetzlich so gar nicht vorgesehen ist. Die Aufgaben des durch das
Gesetz vorgesehenen Bilanzgruppenkoordinators wurden dadurch in einen
Allokationsdatenabwickler und eine Abrechnungs-/Verrechnungsstelle
zerlegt“, kritisiert Aubrunner.
Diese Trennung sei für die Marktteilnehmer nicht besonders
praktikabel, vor allem aber:
„Derart sensible Energieaufgaben und Auktionsplattformen für die
Versorgungssicherheit sollte man in österreichischer Hand belassen
und nicht über Ausschreibungen ins Ausland verlagern“,
findet Aubrunner. Daher auch unsere Beschwerde gegen die Benennung
der deutschen THE. Laut Ausschreibung sollte das Benennungsverfahren
alle fünf Jahre wiederholt werden. Das hieße, dass alle paar Jahre
ausländische Infrastrukturprovider für die Abwicklung
österreichischer Bilanzierung und für Versorgungssicherheitsaufgaben
zuständig wären und im schlimmsten Fall sich die 120 Marktteilnehmer
im 5-Jahresrhythmus an neue Organisationen anbinden müssten.
Erfreulicherweise wurde die AGCS von der Regulierungsbehörde
beauftragt, das neue Gasmarktmodell interimistisch umzusetzen.
Zur AGCS: Die AGCS Gas Clearing und Settlement AG ist seit Oktober
2002 als Bilanzgruppenkoordinator und Verrechnungsstelle für den
österreichischen Gasmarkt tätig. Die Eigentümer der AGCS kommen zu
100 Prozent aus Österreich, wobei zur Sicherung der Unabhängigkeit 60
Prozent der Anteile von Unternehmen gehalten werden, die nicht mit
der Erdgaswirtschaft verbunden sind.
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