12.10.2023,
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Wien (OTS) - Das Jahr 2022 hat auf den Strom- und Gasmärkten zu
großen Veränderungen geführt. Ein funktionierender und effektiver
Wettbewerb, wie er seit Beginn der Liberalisierung der Energiemärkte
im Jahr 2001 (Strom) bzw. 2002 (Gas) gegeben war, ist völlig ins
Wanken geraten. Bereits gegen Ende des Jahres 2021 sind die
Energiepreise stark gestiegen, was sich durch den russischen
Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar noch weiter verschärft hat.
„Das hat zur Folge gehabt, dass es bei den Konsument:innen auf der
einen Seite zu einer großen Verunsicherung gekommen ist, auf der
anderen Seite war das Bewusstsein darüber, wie wertvoll unsere
Energie ist, selten so groß. Ein sorgsamer Umgang mit Energie darf
aber kein kurzfristiges Krisenprojekt sein, sondern muss zu einem
nachhaltigen Selbstverständnis transformiert werden. Und hier sind
wir auf einem guten Weg.“, zieht der Vorstand der E-Control, Alfons
Haber, Bilanz.
„Mit dem Erlass des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) mit Juli
2021 hat der Gesetzgeber nicht nur ein neues Förderregime, sondern
auch eine neue Basis für die Berichtspflichten der E-Control
geschaffen. Der diesjährige EAG-Monitoringbericht, welcher sich auf
das Jahr 2022 bezieht, ist erst der zweite seiner Art. Als zentrale
Vorgabe des EAGs kann das Ziel von 100% erneuerbarem Strom am
Gesamtstromverbrauch angesehen werden. Somit steht nicht mehr
ausschließlich der geförderte Ökostrom, der in das öffentliche Netz
eingespeist wird, im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern der gesamte
Strom aus erneuerbaren Quellen.“, erläutert Alfons Haber. Im
EAG-Monitoringbericht werden somit der laut Ökostromgesetz (ÖSG 2012)
geförderte Ökostrom, erneuerbare Anlangen, die mittels EAG gefördert
werden, sowie jene Anlagen, die keine Förderung (mehr) erhalten, in
der Berichtsdarstellung aufgenommen.
Zwtl.: Zielerreichung
Um diese Zielsetzungen entsprechend dokumentieren zu können,
bildet der Inlandstromverbrauch die Basis und die (erneuerbare)
Bruttostromerzeugung wird als Indikator für die erneuerbare Erzeugung
herangezogen.
„Aufgrund des gesunkenen Inlandstromverbrauchs und der
gleichzeitig gesunkenen Bruttostromerzeugung konnten 2022 wiederum 78
% des Inlandstromverbrauchs durch erneuerbaren Strom gedeckt
werden.“, zeigt sich Alfons Haber erfreut.
Zwtl.: Installierte Leistung gestiegen
Die installierte Leistung von Erneuerbaren konnte bis Ende 2022
verglichen mit 2020 (netto) um 2.141 MW gesteigert werden, wobei die
erzeugten Mengen in diesem Zeitraum um 3.611 GWh zurückgingen. Dies
spiegelt den steigenden Einfluss von guten oder vergleichsweise
schlechten Wasser-, Wind- und Sonnenjahren wider.
Zwtl.: Geförderter Ökostrom und Unterstützungsvolumen weiterhin
rückläufig
Der bis Ende 2022 auf 51,45 Cent/kWh gestiegene Marktpreis hat
sich deutlich auf den geförderten Ökostrom ausgewirkt.
Verglichen mit 2021 (8.363 GWh) sank die von der Abwicklungsstelle
für Ökostrom AG (OeMAG) abgenommene Menge in der Ökobilanzgruppe,
welche Anlagen, die einen Einspeisetarif laut ÖSG 2012 erhalten oder
zum Marktpreis alt an die OeMAG liefern, auf 3.006 GWh. Dieser Trend
spiegelt sich auch bei der installierten Leistung der Ökobilanzgruppe
wider. Diese sank von 2.698 MW am 31.12.2021 auf 1.518 MW am
31.12.2022.
„Das bedeutet aber nicht, dass diese Leistung verloren oder
stillgelegt wurde, sondern nur, dass diese temporär aus dem
Fördersystem ausgetreten ist, um den Strom zum höheren Marktpreis zu
vermarkten. Viele Anlagen nutzen diesen und profitieren dadurch vom
gestiegenen Marktpreis.“, betont Haber. „So stieg die installierte
Leistung in der Marktpreisbilanzgruppe (Marktpreis neu) von 23 MW
Ende 2021 auf 1.390 MW Ende 2022. Gleichzeitig wurden so 465 GWh von
der OeMAG über diesen Weg abgenommen.“, so Haber. Und weiter: „Im 4.
Quartal 2022 hat der Marktpreis gemäß § 41 ÖSG 2012 seinen Höhepunkt
erreicht. 2023 ist dieser wieder deutlich gesunken. Welche
Auswirkungen dies haben wird, werden wir im nächsten
EAG-Monitoringbericht darstellen.“ Informationen zum aktuellen
Marktpreis sind auf der Homepage der E-Control abrufbar.
Aufgrund der gesunkenen Mengen in der Ökobilanzgruppe sank das
Vergütungsvolumen von 913 Mio. im Jahr 2021 EUR auf 666 Mio. EUR im
Jahr 2022. Das berechnete Unterstützungsvolumen, also jener Anteil,
der nach Abzug des Marktwertes des geförderten Stroms aufzubringen
ist, hat sich von 62 Mio. EUR 2021 auf minus 109 Mio. EUR 2022
gedreht.
Zwtl.: Erneuerbaren-Förderbeitrag und Erneuerbaren-Förderpauschale
für 2023 ausgesetzt
Aufgrund des gestiegenen Marktpreises, welcher sich auch im zuvor
angeführten Unterstützungsvolumen widerspiegelt, konnte die OeMAG im
Jahr 2022 deutliche Mehreinnahmen durch die Zuweisung des geförderten
Ökostroms an die Lieferanten generieren. Diese Mehreinnahmen waren so
hoch, dass Berechnungen von Ende 2022 wieder ergeben haben, dass
etwaige Förderkosten des Jahres 2023 bereits abgedeckt waren. Nachdem
keine zusätzlichen Einnahmen für das Jahr 2023 notwendigen waren, war
der Erneuerbaren-Förderbeitrag mit 0 Cent/kWh anzusetzen. Die oben
erwähnten Mehreinnahmen waren sogar so hoch, dass der Gesetzgeber
nachträglich auch die Erneuerbaren-Förderpauschale mittels
Gesetzesnovelle für das Jahr 2023 erneut auf 0 gesetzt hat.
Zwtl.: Hilfe für einkommensschwache Haushalte
Mit dem EAG wurde für einkommensschwache Haushalte eine weitere
Unterstützung eingeführt. „Neben der bereits bekannten und
bestehenden Kostenbefreiung für einkommensschwache Haushalte gibt es
nun auch eine zusätzliche Kostendeckelung für Haushalte. Abhängig vom
Nettoeinkommen des Haushalts werden die
<a>Erneuerbare-Förderpauschale und der Erneuerbaren-Förderbeitrag
</a>auf 75 Euro jährlich begrenzt. Sobald es also zu einem Anstieg
von Erneuerbare- Förderbeitrag und der Erneuerbaren-Förderpauschale
kommt, greift diese Bremse bei einkommensschwachen Haushalten.“,
erläutert Haber die Erleichterung für benachteiligte Haushalte.
Zwtl.: Ergebnisse des aktuellen EAG-Monitoringberichts: Photovoltaik
konnte auch bei der abgenommenen Menge zulegen
Auch 2022 wurden trotz Erlass des EAGs mit Mitte 2021 weiterhin
bestimmte Ökostromtechnologien mittels staatlich garantierter
Einspeisetarife, also fixen Abnahmepreisen für den Strom, gefördert.
Betrachtet man die von der OeMAG laut ÖSG 2012 abgenommene Menge
im Jahr 2022, so kam es nach einem Rückgang 2021 auf 8.363 (-1.185
GWh) zu einem weiteren Rückgang auf 3.006 GWh (-5.357 GWh) 2022. „Den
signifikantesten Rückgang verzeichnete dabei erneut die Windkraft.
Nach knapp 640 GWh 2021 waren es 2022 3.391 GWh weniger, gefolgt von
der festen Biomasse mit 677 GWh.“, zitiert Haber aus dem
EAG-Monitoringbericht.
Bei der installierten Leistung ergibt sich ein etwas
differenzierteres Bild. Hier sank die installierte, von der OeMAG in
der Ökobilanzgruppe abgenommene, Leistung bei der Photovoltaik um 838
MW und bei der Kleinwasserkraft um 105 MW. „Gleichzeitig stieg die
installierte Leistung in der Marktpreisbilanzgruppe im Bereich der
Photovoltaik deutlich um 1.313 MW.
Entwicklung der von der OeMAG in der Ökobilanzgruppe abgenommenen
Mengen von 2021 auf 2022 im Überblick:
Windkraft -69%\nPhotovoltaik -34%\nKleinwasserkraft -56%\nBiomasse fest -81%\nBiogas -68%\n Dabei gilt – wie schon erwähnt -, dass Mengen abseits der OeMAG
für das Gesamtsystem Großteils nicht verloren sind, sondern aufgrund
des hohen Marktpreises von ihrer Möglichkeit zur Selbstvermarktung
Gebrauch machen. Aus der E-Control Betriebsstatistik geht dabei z.B.
hervor, dass 2022 sogar 1.018 MW Photovoltaik zugebaut wurden.“, so
Haber.
Laufkraftwerke +127 MW\nSpeicherkraftwerke +52 MW\nWindkraft +211 MW\nPhotovoltaik +1.018 MW\nBiogas +0,6 MW\nZwtl.: Ökostromvergütung leicht gesunken
Der Rückgang der in der Ökobilanzgruppe abgenommenen
Ökostrommengen spiegelt sich auch in den gesunkenen ausbezahlten
Förderungen wider. So sank das im Jahr 2022 ausbezahlte
Vergütungsvolumen auf 666 Mio. Euro (-247 Mio. Euro). Das
Vergütungsvolumen ist die Summe der ausbezahlten Einspeisetarife und
enthält somit den Marktwert des abgenommenen Stroms. Das errechnete
Unterstützungsvolumen, welches die tatsächliche Förderung über dem
Marktwert hinaus zeigen soll, belief sich im Jahr 2022 auf -109 Mio.
Euro. „Hierbei steht dem Rückgang des Vergütungsvolumens der deutlich
gestiegene Marktpreis entgegen. Verglichen mit dem angesetzten
Marktpreis von 2021 ergibt sich dadurch ein Effekt von 465 Mio.
Euro[1].“, erläutert der Vorstand der E-Control, Wolfgang
Urbantschitsch, weitere Details aus dem EAG-Monitoringbericht. Der
den Berechnungen zugrunde gelegte Marktpreis stieg dabei von 107
(2021) auf 261 Euro/MWh im Jahr 2022.
Zwtl.: Anstieg bei den Energiegemeinschaften
Um die Anzahl und regionale Verteilung von Energiegemeinschaften
zu dokumentieren, wurde von der E-Control erneut eine Abfrage bei den
österreichischen Netzbetreibern durchgeführt.
Mit Ende 2021 waren fünf Erneuerbare-Energiegemeinschaften (EEG)
und eine Bürgerenergiegemeinschaft (BEG) in Betrieb. „Betrachtet man
den Berichtszeitraum 2022, so waren mit 31.12.2022 bereits 161
Erneuerbare-Energiegemeinschaften und vier Bürgerenergiegemeinschaft
in Betrieb. Drei der vier BEG waren im Netzgebiet der Wiener Netze
GmbH tätig und eine im Netzgebiet der Kärnten Netz GmbH.“, erläutert
Urbantschitsch.
Tabelle: Energiegemeinschaften Bundesländer; Quelle: E-Control
Gleichzeitig wurde zusätzlich abgefragt, ob und wie viele
Energiegemeinschaften bis 30.06.2023 im Netzgebiet der jeweiligen
Netzbetreiber tätig waren. Dabei kam es in diesem Zeitraum zu einem
Anstieg auf 28 BEGs. Im Bereich der EEGs kam es zu einem deutlichen
Anstieg auf 675 EEGs. Dabei waren es 209 lokale und 466 regionale
EEGs.
„Unter den gegebenen Bedingungen können diese Zahlen durchaus als
beachtlich bewertet werden, vor allem die Dynamik des 1. Halbjahres
2023. Mit Inkrafttreten des EAG gab es für Energiegemeinschaften
wenig konkrete Erfahrungswerte hinsichtlich einer möglichen
Umsetzung. Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen haben als Anhaltspunkt
gedient, aber konnten andererseits auch wieder nicht direkt auf
Energiegemeinschaften umgelegt werden.“, ist Urbantschitsch
überzeugt. Für die Unterstützung bei der Umsetzung wurde die
Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften[2] gegründet.
Mittlerweile konnte diese sehr viele Erfahrungswerte sammeln und hat
diverse Leitfäden und Informationsmaterial veröffentlicht.
„Es gilt, basierend auf den Erfahrungen der Vergangenheit, die
gesetzlichen Grundlagen von Energiegemeinschaften zu adaptieren bzw.
in anderen Bereichen klarere Regelungen zu finden. Gerade für
Energiegemeinschaften spielen dabei zeitnahe und korrekte
Abrechnungsdaten eine zentrale Rolle. Demgegenüber steht die
technische Realität, dass Daten nicht immer zu 100% verfügbar sind.
Unabhängig von der Teilnahme an einer Energiegemeinschaft müssen hier
jedoch Regelungen spezifiziert werden, die im Einklang mit dem
Strommarktdesign stehen.“, fordert Urbantschitsch.
Zwtl.: Zusammenfassung und Ausblick
Das EAG hat die Weichen für eine neue Förderlandschaft und eine
neue Integration der Erneuerbaren gesetzt. Den langfristigen
Einspeisetarifen, eingebettet in ein Rund-um-Sorglos-Paket, folgt ein
neuer marktbasierter Ansatz, bei dem die Anlagenbetreiber auch mehr
Verantwortung übernehmen sollen. Die ersten Ausschreibungsrunden
wurden durchgeführt, wobei vor allem die Schiene der
Investitionszuschüsse reges Interesse gefunden hat.
Der anhaltende Trend bei den Strommarktpreisen stellt jedoch eine
Herausforderung dar. Unter den aktuellen Marktbedingungen brauchen
Erneuerbare wenig bis keine Förderung und im Marktprämiensystem laut
EAG wären auch nur geringe Prämien auszubezahlen. Dies spiegelt sich
auch darin wider, dass viele Anlagenbetreiber die Ökobilanzgruppe der
OeMAG verlassen, damit einhergehend auch die Förderung ruhend
gestellt haben und den Strom selbst vermarkten. „Verglichen mit Ende
2020 (4.279 MW) haben bis Mitte 2023 rund 2.800 MW an Leistung die
Ökobilanzgruppe verlassen, wobei gleichzeitig nur mehr 948 MW der
verbliebenen 1.430 MW zum Einspeisetarif laut ÖSG 2012 an die OeMAG
geliefert haben. Sobald der Marktpreis unter 10 Cent/kWh fällt, ist
aber zu erwarten, dass vermehrt Anlagen in das Fördersystem
zurückkommen.“, ist Urbantschitsch überzeugt.
Eines ist aber sicher: Der Ausbau der Erneuerbaren erlebt einen
nie dagewesenen Boom. Die Entwicklung der letzten Monate zeigt, dass
es sich dabei nicht um einen „Trend“ handelt, sondern dies einen
nachhaltigen Effekt darstellt. Menschen wollen aus energetischer
Sicht unabhängiger werden und sich nicht mehr den volatilen Launen
des Marktes unterwerfen. Eigenversorgung, Energiegemeinschaften und
weitere neue Versorgungsmodelle werden in den nächsten Jahren immer
mehr an Bedeutung gewinnen. „Für uns als E-Control ist es dabei
wichtig, die Marktentwicklungen zu begleiten, damit alle Kund:innen
partizipieren und davon profitieren können. Weiters ist es natürlich
unerlässlich, im Kerngeschäft der Regulierung entsprechende Maßnahmen
zu ergreifen, damit die Infrastruktur mit den Veränderungen mithalten
kann.“, so Wolfgang Urbantschitsch abschließend.
Der aktuelle EAG-Monitoringbericht steht auf der Homepage der
E-Control unter
https://www.e-control.at/eag-monitoringbericht zur
Verfügung.
* * *
[1] Wäre der Marktpreis von 2021 auf 2022 konstant geblieben (und
nicht gestiegen), so hätten für die Mengen aus dem Jahr 2022 ein um
465 Mio. EUR höherer Finanzierungsbedarf bestanden.
[2]
https://energiegemeinschaften.gv.at/
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