13.09.2023,
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Wien (OTS) - Die aktuellen multiplen Krisen – Ukraine-Krieg,
Teuerung, Personalmangel – und die dadurch ausgelöste Stagflation für
die Wirtschaft sowie der Kaufkraftrückgang für die Konsument:innen
haben auch beim Thema Nachhaltigkeit ihre Spuren hinterlassen.
Umweltverträgliches Einkaufen ist den Konsument:innen nach wie vor
wichtig, jedoch ist die Bereitschaft, dafür mehr Geld auszugeben oder
auf Dinge zu verzichten, gegenüber 2021 deutlich gesunken. Das zeigt
die brandneue, zweite Ausgabe des Sustainable Commerce Report von
Handelsverband und EY in Zusammenarbeit mit Mindtake Research.
Zwtl.: Die Kernergebnisse des Sustainable Commerce Report 2023:
Beim Kauf von Lebensmitteln wird am stärksten auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und eine hohe Produktqualität geachtet;\nTop-Nachhaltigkeitsthemen: Vermeidung von
Lebensmittelverschwendung, Mülltrennung, sparsamer Umgang mit Ressourcen sowie Tierwohl;\nDer Reparaturbonus wurde bereits von jedem Vierten in Anspruch genommen;\nHäufigste Gründe gegen nachhaltiges Handeln sind die allgemeine Teuerung und der höhere Preis von nachhaltigen Produkten;\nKrisen haben die Investitionsfähigkeit in Nachhaltigkeit bei Händler:innen verringert;\nUnklare Kundenwünsche und zu wenig Kapital als Hürden für Nachhaltigkeit auf Seite der Handelsunternehmen.\n In einer großangelegten Konsumentenstudie mit über 1.000 Befragten
sowie einer Händlerbefragung unter 107 Mitgliedern des
Handelsverbandes wurden die Einstellung der österreichischen
Verbraucher:innen im Bereich Nachhaltigkeit sowie der Status Quo in
der Handelsbranche umfassend untersucht.
Zwtl.: Gutes Preis-/Leistungsverhältnis beim Einkauf aus Kundensicht
wichtiger als Nachhaltigkeit
Ob beim Kauf von Lebensmitteln, Kleidung, Möbeln oder
Elektrogeräten – Verbraucher:innen achten zurzeit vor allem auf ein
gutes Preis-Leistungsverhältnis (über 80%) und eine hohe
Produkt-Qualität (über 70%). Bei Lebensmitteln wird außerdem Wert
gelegt auf Regionalität (69%), Tierwohl (68%) und den Verzicht auf
fragwürdige Inhaltsstoffe (68%). Damit haben sich die Prioritäten der
Österreicher:innen im Vergleich zur letzten Erhebung 2021 kaum
geändert.
Ein deutlicher Unterschied zeigt sich jedoch bei der Bedeutung
eines generell niedrigen Preises bei Lebensmitteln und Bekleidung:
War dieser in 2021 nur für die Hälfte der Österreicher:innen
wichtig, so ist dies heuer bei Lebensmitteln für rund zwei Drittel
ein wesentliches Kaufkriterium, bei Bekleidung für knapp 60%. Fast
die Hälfte der Befragten (47%) gibt explizit an, dass sie sich
Öko-Produkte derzeit aufgrund der allgemeinen Teuerung nicht leisten
können.
"Beim Kauf von Möbeln oder Elektrogeräten ist die
Preissensibilität etwas geringer, längerfristige Investitionen werden
also auch von anderen Kriterien abhängig gemacht bzw. wurden schlicht
schon im Rahmen des Cocooning während der Pandemie angeschafft. Aber
gerade bei Produkten des täglichen Bedarfs ist zurzeit Sparen
angesagt", so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.
Nachhaltigkeitsaspekte wie umweltschonende Verpackungen oder faire
Arbeits- und Produktionsbedingungen regionaler Produzenten sind laut
Befragung für die Konsument:innen von mittlerer Bedeutung, während
faire Arbeitsbedingungen in produzierenden (Dritt-)Ländern beim Kauf
eher eine untergeordnete Rolle spielen.
"Im aktuellen Wirtschaftsumfeld mit hoher Inflation und sinkender
Kaufkraft ist es zwar bemerkenswert, dass Nachhaltigkeit in den
Köpfen der Menschen einen so hohen Stellenwert genießt und sich im
Vergleich zu 2021 wenig verändert hat. Trotzdem zeigen die Zahlen
eindeutig: Es müssen deutlichere Anreize geschaffen werden, damit
Nachhaltigkeit für die breite Masse leistbar bleibt", fasst Martin
Unger, Leiter des Sektors Konsumgüter und Handel bei EY Österreich,
die aktuelle Marktsituation zusammen.
Zwtl.: Hälfte der Konsument:innen bereit, für regionale und
Bio-Produkte mehr auszugeben
Wer es sich leisten kann, ist durchaus bereit, für Nachhaltigkeit
etwas mehr Geld hinzulegen. Rund die Hälfte der Konsumenten ist
bereit, für Bio-Produkte, Produkte aus der Region oder fair
gehandelte Waren tiefer ins Geldbörserl zu greifen. Besonders
Regionalität nimmt beim Einkauf einen hohen Stellenwert ein – 52%
sind bereit, für Produkte aus der Region zu überzahlen, ein Viertel
bis zu 5 Prozent mehr und knapp ein Fünftel sogar bis zu 10% mehr.
Bei Bio-Produkten zeigt sich ein ähnliches Bild. Für fair gehandelte
Produkte sind 43% der Befragten mehr Geld in die Hand nehmen, 15% bis
zu 10 Prozent des Kaufpreises.
"Regionalität steht aus Verbrauchersicht für eine ganze Bandbreite
von Aspekten, sei es Frische, kurze Lieferwege, Wissen um die
Herkunft und vor allem Förderung der lokalen Wirtschaft. Der Handel
hat darauf reagiert und seine Sortimente angepasst, und auch
Wochenmärkte und Hofläden erfreuen sich wieder zunehmender
Beliebtheit", ergänzt Nikolaus Köchelhuber, Partner bei EY-Parthenon.
Zwtl.: Nachhaltigkeit im Alltag: Große Unterschiede zwischen Jung und
Alt
Die Relevanz von nachhaltigem Handeln ist bei den meisten Menschen
mittlerweile im Alltag angekommen. Viele setzen bereits Maßnahmen zum
Schutz der Umwelt und gegen die Ressourcenverschwendung.
Vermeidung von Lebensmittelverschwendung (80%), Müllvermeidung und
-trennung (78%), sparsamer Umgang mit Ressourcen wie Strom, Wasser
und beim Heizen (72%) und Tierwohl (72%; 2021: 77%) sind jene
Bereiche, auf die Konsument:innen am stärksten in ihrem täglichen
Leben achten.
Die Hälfte gibt an, besonders auf ihren CO2-Fußabdruck zu achten
und unnötige Auto- und Flugreisen zu vermeiden (50%, 2021: 51%).
Jeweils über 40% geben an, großteils nicht bei außer-europäischen
Online-Shops und vornehmlich bei Marken oder Händlern zu kaufen, die
nachhaltig agieren. Auf Fisch und Fleisch verzichten 20% der
Befragten.
Signifikante Unterschiede gibt es zwischen den Generationen:
Während die 60-69-jährigen überdurchschnittlich auf Bio-Produkte,
Ressourcenschonung, Ökostrom, Tierwohl und Flugverzicht setzen,
setzen die 18-29-jährigen stark auf vegetarische oder vegane
Ernährung – ein Ernährungstrend, der 2023 übrigens gesamtheitlich
stark zugenommen hat (vegetarisch/vegan +25%/+56%).
Zwtl.: Der innere Schweinehund: Bereitschaft für nachhaltigen Konsum
zeigt Grenzen
Der Wunsch nach einem nachhaltigen Einkauf stellt die
Konsument:innen aber auch vor Herausforderungen. Nach der
eingeschränkten Zahlungsbereitschaft spielt vor allem Bequemlichkeit
eine Rolle: Die Bereitschaft, persönlichen Verzicht für
Nachhaltigkeit in Kauf zu nehmen, hat im Vergleich zu 2021 deutlich
abgenommen. Ein Drittel der Befragten (37%) möchte ungern auf Komfort
wie Auto, Flugreisen oder den Wäschetrockner verzichten. Vor allem
der jüngeren Generation fällt der Verzicht, etwa auf Fast Fashion
oder Flugreisen, überdurchschnittlich schwer. Zwei Drittel der
Österreicher:innen (65%) würden im Sinne der Nachhaltigkeit ein
leeres Regal im Supermarkt in Kauf nehmen, um der
Lebensmittelverschwendung vorzubeugen. 2021 waren es noch fast drei
Viertel gewesen (74%).
Zwtl.: Verantwortlichkeit und Anreizsysteme
34% sind der Ansicht, dass nachhaltige Bemühungen von Einzelnen
und auf lokaler Ebene sowieso nichts bewirken. Produzenten und
Lieferanten sowie die Politik werden am stärksten als
Verantwortungsträger für Nachhaltigkeit gesehen. "Nicht alles können
die Verbraucher:innen selbst bestimmen, oft stehen die
Rahmenbedingungen einem nachhaltigeren Konsum entgegen. Wirtschaft
und öffentliche Hand haben eine wichtige Hebelwirkung für nachhaltige
Produkte und Dienstleistungen. Wir alle sind gefordert, die
notwendigen Weichenstellungen voranzutreiben, damit die Menschen
nachhaltiger konsumieren können", ist Will überzeugt.
Um mehr Menschen zu nachhaltigem Konsum zu bewegen, könnten
Belohnungssysteme eine zentrale Rolle spielen: Zwei Drittel der
Konsument:innen können sich vorstellen, an einem
Nachhaltigkeits-Bonusprogramm – bei dem Teilnehmende Punkte z.B. für
den Kauf nachhaltiger Produkte oder für eine niedrige Stromrechnung
sammeln – zu partizipieren. Alltägliche Handlungen können durch ein
Belohnungssystem bewusster werden und durch das Punktesystem erfährt
man sofort eine positive Bestätigung. Ein Bonusprogramm setzt
zusätzlich Anreize für umweltgerechtes Verhalten.
Die Möglichkeit, Bonuspunkte gegen Gutscheine oder Rabatte
einzutauschen, ist für drei Viertel der Befragten interessant. Ein
Viertel würde den Öko-Punktestand mit seiner Social Media Community
teilen, und sich so gemeinsam anzuspornen.
Zwtl.: Reparaturbonus: Politische Maßnahme im Check
Durch den Reparaturbonus werden bis zu 50% der Reparaturkosten als
Förderung vom Staat übernommen. Dieses Angebot kommt in Österreich
gut an: Knapp ein Fünftel hat angegeben, den Reparaturbonus bereits
einmal genutzt zu haben, 6% haben ihn sogar schon mehrfach genutzt.
60% der Österreicher:innen kennen den Reparaturbonus, haben ihn aber
bisher noch nicht beansprucht. Nur 15% kannten den Reparaturbonus bis
zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht.
Zwtl.: Händlerbefragung: Krisen haben Investitionsbereitschaft in
Nachhaltigkeit verringert
Auch wenn das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile einen hohen
Stellenwert in vielen Unternehmen hat, haben die jüngsten
Entwicklungen wie die Energiekrise und der Ukrainekrieg dafür
gesorgt, dass die Investitionsmöglichkeiten hinsichtlich nachhaltiger
Technologien oder Projekte gesunken ist: So hat knapp ein Drittel der
Händler (30%) ihre diesbezüglichen Investitionen verringern müssen,
immerhin die Hälfte hat keine Einsparungen vornehmen müssen, 19%
haben ihre Investitionen diesbezüglich sogar erhöht.
"Die zahlreichen Herausforderungen der letzten Monate wie
Rekordinflation, Krieg in der Ukraine, Unterbrechungen der
Lieferkette oder in die Höhe schießende Energiepreise haben viele
Unternehmen dazu veranlasst, ihre Investitionen aufzuschieben, um
ihre Rentabilität zu schützen. Dennoch sollten
Nachhaltigkeitsinvestitionen nicht auf die lange Bank geschoben
werden, um dem veränderten Verbraucherverhalten gerecht zu werden",
so Martin Unger.
[Den vollständigen Pressetext sowie Fotos von der heutigen
Pressekonferenz finden Sie hier]
(
https://www.ots.at/redirect/handelsverband159).
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