15.08.2023,
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Linz (OTS) - Otto Musilek war mehr als 30 Jahre bei der OMV im
Gasbereich tätig, den er bis 2007 zehn Jahre leitete, und er war in
nahezu allen Verhandlungen für die Gaslieferungen eingebunden. Kaum
ein anderer Mensch in Österreich kennt den Energie-Markt generell und
den globalen Gasmarkt speziell so genau wie Musilek. Dr. Werner
Steinecker und Gottfried Kneifel, Geschäftsführer der Initiative
Wirtschaftsstandort OÖ (IWS) haben mit ihm Kontakt aufgenommen und um
eine Deutung der gegenwärtigen Gas-Versorgung Österreichs gebeten.
FRAGE: Wie geht es weiter mit der Energieversorgung in Österreich?
Die Europäische Union fordert, dass Österreich aus den
Gas-Lieferverträgen, die OMV-Vorstand
Rainer Seele mit einer Laufzeit
bis 2040 mit Russland/Gazprom abgeschlossen hat, aussteigen soll.
Diese Verträge müssen ja bezahlt werden – auch wenn Österreich diese
Gasmengen nicht konsumiert.
MUSILEK: Eine einseitige Kündigung der Verträge durch Österreich
würde von Gazprom unverzüglich bei internationalen Gerichten
angefochten werden. Solche Verfahren können bis zu einer endgültigen
Klärung der Rechtslage sehr lange dauern. Und ohne gerichtliche
Klarstellung müsste Österreich an Russland weiterzahlen. Wir reden da
von mehr als 30 Milliarden Euro. Dieses Risiko einzugehen, rate ich
der österreichischen Bundesregierung sicher nicht! Von den Kosten für
die Beschaffung von Ersatz-Gasmengen am Weltmarkt gar nicht zu reden.
Hat sich die OMV und haben Sie sich als OMV-Chefverhandler für den
Gasbereich in den vergangenen Jahrzehnten um alternative und
verlässliche Gas-Lieferanten ernsthaft bemüht?
Aufmerksame Medienbeobachter wissen um die politischen Probleme
beim Nabucco-Pipeline-Projekt. Die EU war nur halbherzig dabei und
die USA wollten Nabucco, womit iranisches Gas über die Türkei nach
Europa transportiert werden sollte, aus strategischen Gründen
unterbinden. Auch bei der Versorgung mit LNG waren wir – damals wie
im Projekt Nabucco – federführend aktiv und haben im Hafen Krk
(Kroatien) das Terminal geplant, dass übrigens seit 2021 – leider
ohne österreichische Beteiligung – in Betrieb ist. Wir haben uns
wirklich um Alternativen zum Russen-Gas bemüht. Aber für
Lieferverträge braucht man Partner, die nicht nur liefern können,
sondern es auch wollen.
Warum hat die OMV nicht mit Norwegen verhandelt? Oder früher die
Gasfelder im Schwarzen Meer zur Versorgung Österreichs aufbereitet?
Wir haben 1986 mit Norwegen langfristige Lieferverträge
abgeschlossen, die bis heute gelten. Das norwegische Gas war damals
um rund 30 Prozent teurer als das russische Gas, deswegen wurde nur
eine „bescheidene“ Menge kontrahiert. Die Vorkommen im Schwarzen Meer
liegen in sehr großer Tiefe und die Gasförderung wäre zu Marktpreisen
nicht rentabel gewesen. Auf der anderen Seite hat die Industrie wegen
der Wettbewerbsfähigkeit auf günstige Gaslieferungen gedrängt.
Oberösterreich ist ja als Industriebundesland Nummer 1 davon
besonders betroffen.
Derzeit bezieht Österreich rund 70 Prozent seines Gas-Bedarfes aus
Russland. Und Russland liefert – trotz Sanktionen, trotz Ukraine
Krieg, trotz der Warnungen der USA und der EU. Auch Ungarn, die
Slowakei und Italien sind stark auf russische Gaslieferungen
angewiesen. Gibt es dazu tragfähige Alternativen?
Ich sehe aufgrund meiner jahrzehntelangen Erfahrung auf den
internationalen Energie- und Gasmärkten keine tauglichen Alternativen
zum Russen-Gas. Ein einseitiger Ausstieg würde zig-Milliarden Euro
kosten und die Energieversorgung für Haushalte und Betriebe weiter
verunsichern.
kürzlich wurde von Regierungsseite vorgeschlagen, dass die
Gashandelstochter der OMV aus dem Konzern ausgegliedert werden soll.
Ist das ein taugliches Modell, mit dem Ziel, die Gas-Versorgung
Österreichs auf Dauer zu stabilisieren?
Davon halte ich überhaupt nichts. Erstens braucht so ein
Organisationsprozess Zeit. Zweitens wird dann alles noch
bürokratischer und drittens bleiben ja die Lieferquellen/Gasfirmen
und die Netze gleich. Viertens bleibt auch die Wettbewerbssituation
unverändert. Und wenn es die ausgegliederte Firma am Markt gibt, ist
der Krieg in der Ukraine möglicherweise schon zu Ende. Also sehe ich
in einer ausgegliederten Gashandelsfirma keinen Vorteil.
Was sind ihre Experten-Empfehlungen an die Regierung?
Mehr Sachlichkeit und Realismus – und weniger Ideologie. Endlich
ein klares und eigenständiges Energiekonzept der Europäischen Union.
Mehr Verlässlichkeit und weniger Verunsicherung. Ohne Russen-Gas wird
Österreich auch langfristig nicht auskommen.
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