06.03.2021, 4499 Zeichen
Die „Grünfärberei“ ist allseits bekannt und wird immer wieder von Medien aufgegriffen – gefühlt dann, wenn es keine interessanteren News gibt. Generell glaube ich ja, dass sich die Industrie zum Guten hinwendet und der Finanzbereich als Schlüsselsektor zum Problemlöser wird, der durch die bewusste Steuerung der Finanzmittel mithilft, die riesigen Herausforderungen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu finanzieren. Manchmal scheint mir aber, als rechne man geradezu damit, dass auf dem Weg ins Gute, fleißig geschummelt und gemogelt wird. Die Frage, die sich daher stellt, ist, wann sich die ersten Institutionen etablieren werden, die ihre Fahnen auf Greenwashing heften, und derlei bewusste Verbrauchertäuschung nicht nur medial, sondern auch rechtlich verfolgen.
Nachhaltigkeitsboom als Verkaufsstrategie. Viele Konzerne instrumentalisieren längst den Nachhaltigkeitsboom und nützen diesen gekonnt als Marketing- und Verkaufsstrategie indem sie mit eigenen Schlagworten und Labels faire Produkte vortäuschen, sodass der Eindruck entsteht, sie würden besonders umweltfreundlich, ethisch korrekt und fair handeln.
Im Gegensatz zur sozialen und ökologischen Unternehmensverantwortung ist dies jedoch eine – immer noch weit verbreitete – Praktik, um mit dem guten Gewissen der Verbraucher und Anleger, viel Geld zu verdienen. Bewusste Täuschung oder gute Absicht oder einfach nur Unwissenheit und Naivität?
Gute Absicht oder bewusste Täuschung? Statt tatsächlich nachhaltig zu handeln, erhoffen sich viele Unternehmen durch Greenwashing einen größeren Gewinn. Im Vordergrund stehen also ganz klar ökonomische Interessen: Es gibt zahlreiche Instrumente des Greenwashings, mit denen sich die Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen gedenken – von der Aufpolitur des Images, über den stärkeren politischen Rückhalt, den sich Unternehmen durch scheinbar nachhaltiges Wirtschaften erwarten, bis hin zur Rechtfertigung eines höheren Produktpreises.
Gearbeitet wird mit versteckten Kompromissen – insofern, dass ein kleiner Teil umweltfreundlich ist, über den Rest jedoch nicht gesprochen wird – oder mit Beschönigungen, Verschleierungen und Bildern, die vom Inhalt ablenken. Selbst Falschaussagen werden verwendet oder es fehlen dann einfach die Nachweise zur proklamierten Nachhaltigkeit, denn Papier ist wie wir wissen, „geduldig“. Greenwashing muss jedoch nicht unbedingt absichtlich passieren, und wie allerseits bekannt, steckt der Teufel im Detail.
“The devil is in the details”. Lassen wir einmal die gute Absicht gelten. Kürzlich ist mir eine Pressenachricht mit der Headline „Österreich verhindert Greenwashing“ ins Auge gestochen. Während viele Mitgliedstaaten eine enge Verknüpfung der Nuklearforschung mit der Klimaneutralität Europas herstellen wollten, hat sich Österreich dagegen ausgesprochen und vertritt die Meinung, dass Nuklearenergie das Label „klimaneutral“ nicht verdient. Nur weil diese Energieform weniger mit CO2 belastet ist als andere, dürften die langfristigen Risiken von Kernkraftwerken für unseren Planeten nicht „grün gewaschen“ werden. Das Thema Atomstrom ist ein sehr geeignetes Beispiel, um aufzuzeigen, dass die Debatte keine einfache ist. Wo beginnt eigentlich Greenwashing und wo hört es auf?
Task Force für Nachhaltigkeit. Das Thema wird auf politischer, regulatorischer Ebene mittlerweile sehr ernsthaft betrieben. Ein Bericht der Meta-Aufsicht IOSCO (International Organization of Securities Commissions) hat Greenwashing als Herausforderung für den Anlegerschutz erkannt und will sich künftig damit gründlich befassen. Eine Task Force für Nachhaltigkeit wird dazu eingerichtet. Diese soll zudem die Koordination relevanter Regulierungs- und Aufsichtsansätze erleichtern, Transparenz und Vergleichbarkeit der ESG-Daten schaffen, die Methoden und Governance der Credit- und ESG-Rating-Agenturen durchleuchten und die Risiken des Greenwashing analysieren. Gut so, das Feld ist groß und längst aufbereitet – es liegt zur Bestellung bereit.
zur Autorin
Susanne Lederer-Pabst. Die Finanzanalystin und gerichtlich beeidete Sachverständige für den Bank- und Börsebereich will nachhaltiges, sozialverträgliches Investieren stärker in den Investmentfokus Institutioneller Investoren rücken.
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