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22.04.2020, 5336 Zeichen

Let there be blood. Öl, das schwarze Gold, hat seit gestern wohl für Manche eher den Beigeschmack von Blut. Die Unmöglichkeit, gekauftes Öl auch lagern zu können löste einen Preissturz sondergleichen aus. Die Sorte „West Texas Intermediate“, der Welt meistgehandeltes Öl, besser unter dem Begriff „Crude“ bekannt, fiel von 17,85 US$ langsam aber stetig in Richtung Null. Und dann, als die Börse erlaubte auch darunter zu handeln, auf einen Wert von -40,35 US$ bevor sie bei -37,63$ schloss. Für ein Barrel Rohöl Crude bekam man ebendiese 37,63$. Umgerechnet sind das 23 Cent je Liter „geschenkt“. Wenn man lagern kann.

Ein Beispiel verdeutlicht die Malaise: wenn man sich beispielsweise eine Aktie kauft, dann bezahlt man den Börsenpreis, den Kurs, die damit verbundenen Spesen, das Meiste davon Bankspesen, und die Sache wird aufs eigene Depot gebucht. Bei Öl ziemlich ähnlich, nur muss man sich auch vergewissern, dass man dieses Öl auch lagern kann. Ein Öl-Depot ist physisch. Man kann Öl nicht als Eintrag in ein Bankenregister verstehen, sondern muss auch den Platz dafür bei einem Öllager bezahlen. Das größte Öllager der USA und daher auch der Platz wo man Öl physisch settelt, ist der kleine Ort Cushing. Dort im schönen Oklahoma treffen riesige Pipelines zusammen und dort stehen auch die größten Ölspeicher der USA. Und diese Speicher sind so ziemlich voll. Eigentlich randvoll. Wer dort lagern möchte (oder muss) braucht derzeit schon mehr als Glück. Voll ist voll. Und wer ins Detail blickt, der erkennt, dass die Talfahrt wieder von einem ETF ausgelöst wurde.

Der größte Öl-ETF der USA, der U.S. Oil Fund, hatte zuletzt enorme Zuflüsse erhalten. Man nahm an, dass die kürzlich vereinbarten und von Mr. President himself lautstark als sein persönlicher Verdienst postulierten Ölförderkürzungen zu einem Anstieg der Ölpreise führen könnten und wollte davon profitieren. Nun ist dieser Fonds durchaus professionell unterwegs und weiß auch ob der Lagerproblematik. Bei einem Volumen von aktuell 13.900 Milliarden USD ein Muss. Dieser Fonds hat also seine als Forderung bestehenden Öl-Bestände ins nächste Monat gerollt. Dies hat so viel an Kapazität gebunden, dass nach dieser Transaktion kaum Lagerplatz mehr vorhanden war. Dem Rest des Marktes, und dieser war ziemlich von auch privaten Teilnehmern charakterisiert, blieb kein Settlement mehr übrig. Die Kontrakte, die man hatte, musste man verkaufen, weil wo soll man sein Öl lagern? Die „Todesspirale“ war geboren.

Die Ursachenforschung, wie so etwas nur überhaupt entstehen konnte, erzeugt jede Menge langer Ohren. Da ist einmal das „Kürzungsabkommen“. Die so lautstark verkündete Förderkürzung von 10 Mio. Barrel ist offiziell nur 9,7 Millionen, sie kam nur zustande nachdem sich Mexiko bereit erklärt hatte auch zu kürzen (statt 400.000 nur 100.000 Barrel). Genügte daher noch nicht ganz, also kürzten auch die bis dahin so passiven Nutznießer USA um 300.000. Dann war die Rechnung erledigt. Aber nur scheinbar, denn die Basis der Kalkulation dieser Förderzurücknahme war nicht das aktuelle Datum, sondern ein Termin von vor einem Jahr. Und vor einem Jahr waren die Ölabsätze höher und eine Kürzung von diesem Niveau sieht zwar gut aus, bringt auf aktuellem Niveau aber weit weniger Verknappung. Nämlich nur 3,7 Mio. Barrel. Und diese Schummelei war kurz nach Verkündigung der 10 Mio. bekannt geworden. Ein weiterer Grund liegt natürlich in den globalen Stillständen der Ölverbraucher bedingt. Dies sollte sich zwar langsam auflösen, aber vorher wollte man noch schnell seinen Teil am Kuchen verdienen und verkaufte. Die Springflut am Ölmarkt verstärkte sich.

Die Frage ist nun, ob das „europäische Öl“, die Sorte Brent, die bis dato ja relativ glimpflich mit einem aktuellen Kurs von 19 US$ aus diesem Stress gehalten werden konnte, sich nicht demnächst dem Theater anschließt. Auch hier driftet man bereits etwas nach Süden. Einfache Antwort: Man wird ziemlich rasch Kapazitäten zur Öllagerung finden müssen, sonst wird das ein Öl-See den auch hier keiner will.. Allein die Frachtraten für VLCCs (Very Large Crude Carriers) sind seit Wochen auf historischen Höchstständen. Für so einen Tanker a la „Exxon Valdez“ müssen mittlerweile 90.000 US$ bezahlt werden. Pro Tag!

Nutznießer diese Situation gibt es natürlich auch. Es sind Schifffahrtsunternehmen mit noch freien Tankerkapazitäten, Hersteller von Ölspeichern, Pipelinebetreiber, energieintensive Branchen, Chemieunternehmen, die Airlines wären an erster Stelle wenn nicht, …. Betroffen sind natürlich auch viele Andere die die Rücknahme vom Konsum ölfördernder Länder und die Schieflagen einiger Öl-Produzenten samt deren sie begleitender Banken fürchten. Prompt meldeten in USA einige rohstoffgewidmete Hedgefunds Zahlungsschwierigkeiten und in Singapur gab das bis dato hoch respektierte Öl-Handelshaus Hin Leong über Nacht seinen Konkurs bekannt. Einige Banken haben jetzt zusätzliche Kopfschmerzen.

Fakt ist, dass wir inzwischen aufpassen müssen, dass gerade dieser Ölpreis sich nicht zum Corona-Effekt hinzuaddiert und deflatorische Tendenzen auslöst. Dann wären, aus gelebter Erfahrung, wohl wieder die Notenbanken an der Reihe einzuspringen …

Und für alle, die einen Natural Hedge lieben, … so spät als möglich tanken.

(Der Input von Wolfgang Matejka für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 22.04.)



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    Let there be blood. Öl, das schwarze Gold, hat seit gestern wohl für Manche eher den Beigeschmack von Blut. Die Unmöglichkeit, gekauftes Öl auch lagern zu können löste einen Preissturz sondergleichen aus. Die Sorte „West Texas Intermediate“, der Welt meistgehandeltes Öl, besser unter dem Begriff „Crude“ bekannt, fiel von 17,85 US$ langsam aber stetig in Richtung Null. Und dann, als die Börse erlaubte auch darunter zu handeln, auf einen Wert von -40,35 US$ bevor sie bei -37,63$ schloss. Für ein Barrel Rohöl Crude bekam man ebendiese 37,63$. Umgerechnet sind das 23 Cent je Liter „geschenkt“. Wenn man lagern kann.

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