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Gespräch mit dem CEO zur Sanochemia-Insolvenz (Günter Luntsch)

Bild: © Aussender, Sanochemia, Labor, Biotech, Pharma, Credit: Sanochemia

10.03.2020, 10042 Zeichen

Gespräch mit dem CEO zur Sanochemia-Insolvenz. Der kleine Aktionär erklimmt das erste Mal in seinem Leben die Strudlhofstiege, liest neben dem wunderschönen Brunnen traurige Worte eines Heimito von Doderer über die Vergänglichkeit des Schönen, findet dann die Boltzmanngasse, die er nie zuvor gesehen hat, obwohl er die bekannten Straßen ringsum schon lange kennt, und steht vor dem Erzbischöflichen Priesterseminar mit seiner schönen Kirche. So abgelegen wie gedacht liegt das Zielgebäude gleich rechts neben der Kirche nicht, die umliegenden Straßen sind leicht erreichbar, die unmittelbare Nähe vieler Palais und vieler Gebäude mit Verbindung zur Medizinischen Universität wertet die Gegend auf. Ja, das ist wohl ein guter Platz für ein pharmazeutisches Unternehmen, denkt man sich. Aber im Hinblick darauf, dass das Werk der Sanochemia Pharmazeutika AG mit praktisch allen Mitarbeitern im burgenländischen Neufeld steht, ist das doch recht große Gebäude Boltzmanngasse 9 und 11 für das Unternehmen wirklich nicht notwendig. Egal wie hoch die laufenden Kosten der Anmietung dieses Objekts waren, ich kann nachvollziehen, dass wir diese Adresse aufgeben. Als reine Postadresse brauchen wir 1090 Wien auch nicht, die Sitzverlegung werde ich also nicht ablehnen. In diesem Fall.

Was mich am 3.3.2020 ins ehemalige Headquarter der Sanochemia geführt hat, das war die Einladung von CEO Timo Bender zu einem persönlichen Gespräch. Mein Optimismus, endlich alle Fragen beantwortet zu bekommen, die ich seit Dezember mit mir herumschleppe, war verfrüht. Ich kann Benders Beweggrund teils verstehen, er möchte nicht gegen die "Gleichbehandlung aller Aktionäre" verstoßen. Ich soll die Fragen auf der Hauptversammlung vortragen, also ein paar Tage später, damit alle Aktionäre gleichermaßen informiert sind.

Der Hauptgrund für die Gesprächseinladung war Benders Wunsch, zu kommunizieren, dass ihm die Kleinaktionäre nicht egal sind. Ihm war sichtlich daran gelegen, auszudrücken, dass er sich im gleichen Boot mit den Minderheitsaktionären sieht. Er selbst habe am meisten verloren. Nicht nur die 5 Mio. Euro, die er über eine Kapitalerhöhung bei 1,80 Euro ins Unternehmen gesteckt hat, sondern auch Darlehen in Höhe mehrerer Millionen Euro, die durch die Insolvenz weg seien. Ich glaube, er meinte damit, dass diese als Nachrangkapital gewertet worden seien, da sie von einem Aktionär oder aus dessen nahem Umfeld stammen.

Dass die Insolvenz so plötzlich aufgetreten ist, sei einfach erklärt: Schadenersatzforderungen von ehemaligen Kunden. Es sei über Höhe und Art der Abgeltung (in Ware wäre uns lieber gewesen als in Geld) dieser Schäden verhandelt worden. Wir würden natürlich die Höhe dieser Forderungen bestreiten, aber da z.B. die größte Schadenersatzforderung 18 Mio. Euro ausgemacht habe, habe er nicht mehr länger warten können, alles andere wäre "Insolvenzverschleppung". Im November habe er noch fest daran geglaubt, dass man sich einigen werde können.

Auf meine Anmerkung, dass seine Zeichnung der Kapitalerhöhung zu 1,80 Euro pro Aktie den Aktionären Zuversicht gegeben habe, dass es um das Unternehmen nicht so schlecht bestellt sein kann, versicherte er, er hätte die 5 Mio. Euro nie in das Unternehmen gesteckt, wenn er die Dimension der Schadenersatzforderungen geahnt hätte. Jetzt aber habe sich das Ausmaß gezeigt, jetzt werde er kämpfen, dass dieses Unternehmen überleben kann, das gute Werk mit seinen fleißigen Mitarbeitern und die Aktionäre würden es verdienen, dass es bestehen bleibt und einmal in die schwarzen Zahlen kommt.

Ja, die Aktionäre: Er meinte, die 8 Cents, die die Altaktie nach Kapitalschnitt wert sein würde, seien besser als alles zu verlieren. Die Verwässerung müsse man akzeptieren. Er versicherte, den Wunsch der Minderheitsaktionäre nach Beteiligung an der KE zur Kenntnis zu nehmen, mehr könne er im Moment nicht tun. Ohne Ausschluss des Bezugsrechts müsste er einen Kapitalmarktprospekt herausbringen, die Kosten seien extrem hoch, vor allem aber fehle dafür die Zeit. Auch glaube er nicht, dass auf diese Weise 6 Mio. Euro zusammenkommen würden, in Zeiten wie diesen. Anmerkung: Damit wird er wohl recht haben, dass ein Großteil der Minderheitsaktionäre bei der KE nicht mitziehen würde, das wäre auch schon vor dem aktuellen Kursverfall an den Börsen so gewesen, aber z.B. ich wäre mit einem fünfstelligen Betrag dabei gewesen, bei diesem Bezugspreis. Ich möchte noch anmerken, dass Bender derzeit nicht glaubt, dass Sanochemia in absehbarer Zeit eine neuerliche KE nötig haben wird, ich bin da zuversichtlicher, dass es eine neue Runde wird geben müssen, man wird die Aktionäre also noch brauchen, die mit dem Unternehmen in einem Boot sitzen. Ich werde Geld bereit halten. Im Moment gibt es eh so viele andere günstige Investitionsmöglichkeiten an der Börse, in einem Jahr sehen wir weiter.

Zu den Fragen nach dem zukünftigen Verhältnis seines Unternehmens zur Sanochemia und nach einer eventuellen Wiederaufnahme der Börsenotiz meinte er, mit dem Gedanken an Börsenotiz könne er sich im Moment nicht beschäftigen, denkbar wäre das schon, allerdings sei die Börsenotiz sehr teuer, das Unternehmen beschäftige eine Person nur im Zusammenhang mit den Kapitalmarktvorschriften, und wenn diese Arbeit weniger würde, könnte diese Person an anderer Stelle im Unternehmen arbeiten. Die Sanochemia werde jedenfalls keine Tochtergesellschaft seines Unternehmens werden, an Squeeze Out wolle er derzeit nicht denken. Die Partner für die Kapitalerhöhung seien ihm wichtig, weil es besser sei, die Risiken einer Sanierung auf mehrere Schultern zu verteilen. Er fühle sich mit dem Land Burgenland an Bord auch sicherer. Er wolle sich nicht dauerhaft um Sanochemia kümmern, es solle eine Lieferant-Kunde-Beziehung bleiben, er wolle auch wieder heim nach Deutschland zur Familie. Aktuell habe er eine Unterkunft in Neufeld, sei nur am Wochenende daheim. Ja, er sei der größte Kunde der Sanochemia, vertreibe in Deutschland deren Kontrastmittel, sein Unternehmen habe jedenfalls einen Marktanteil von mehr als 10% bei diesen Mitteln. Ich habe da herausgehört, dass die Kontrastmittel der Sanochemia auf dem deutschen Markt eine führende Rolle spielen. Sogar in Korea haben sie ja bekanntlich 10% Marktanteil, und das wird hoffentlich so bleiben.

Bender sprach einen meiner Beiträge an, wo ich gefürchtet habe, dass in der Zeit der Insolvenz niemand das Unternehmen leitet. Er habe sehr wohl auch in dieser Zeit - in Absprache mit Masseverwalter und Gericht - das Unternehmen geleitet, man sei operativ auch ganz gut unterwegs, Produktionseinstellung habe es (bis auf die offiziell geschlossenen Bereiche "Entwicklung", "Nachtschicht" und "Tiermedizin") keine gegeben, im Gegenteil, schon am 7.1.2020, gleich nach dem Weihnachtsurlaub, habe man weiterproduziert. Die Veterinärmedizin als kleinster Bereich nach F&E sei zu klein gewesen, um rentabel sein zu können. Anmerkung: Trotzdem schade darum, haben wir ja erst vor nicht allzu langer Zeit übernommen. Das Unternehmen wird bis zur Aufhebung der Insolvenz weiterhin offiziell vom Masseverwalter vertreten. Bender sah als eigentliches Problem seit Insolvenzeröffnung, dass das Unternehmen nur mehr gegen Vorauskasse beliefert wird. Das werde auch noch einige Zeit so bleiben. D.h. ausreichend Cash ist auch dafür dringend notwendig.

Auf die Frage, wie viele Mitarbeiter dem Unternehmen erhalten bleiben, antwortete er "Leider mussten wir uns von Mitarbeitern trennen". Diese Worte schienen ihm nicht leicht über die Lippen zu kommen. Nach meiner Überzeugung ist er kein Freund des üblichen "Gesundschrumpfens", allerdings wird bei einer Sanierung etwas Härte notwendig sein. Auf der anderen Seite ist es natürlich gut, wenn man die Mitarbeiter schätzt, schließlich sind sie wesentlich für Gelingen oder Scheitern des Projekts. Er erklärte den Mitarbeiterabbau vor allem mit dem Wegfall der Tiermedizin. Die für die Produktion nötigen Mitarbeiter habe man aber behalten können, die Produktion leidet also nicht. Meine Frage, ob es eine Option gewesen wäre, nur die Vermögenswerte (Werk und Patente) aus der Insolvenzmasse herauszukaufen, beantwortete er mit der klaren Aussage, das sei bei Pharmafirmen schwierig, denn Pharmazulassung, Beipackzettel usw. hingen an der Gesellschaft, das könne nicht jemand anderer einfach übernehmen.

Meine Frage, ob die vorherigen Manager aufgrund ihrer Managerhaftpflichtversicherungen ohne Selbstbehalt eventuell zur Sanierung beitragen könnten, beantwortete er damit, dass er diesbezüglich keine Verfehlungen bei den vorherigen Organen sehe. Überhaupt ließ er sich kein einziges kritisches Wort über seine Vorgänger entlocken.

Für die besicherten Forderungen wird es mehr als 20% geben. Das betrifft Grundstück und Werk. Ich nehme an, die Gläubiger hier werden Banken sein. Lieferantenkredite gebe es keine mehr, war Benders Worten zu entnehmen. Wir bekommen ja nichts mehr auf Kredit geliefert. Bis 21.4.2020 müssen zusätzlich zur ersten Sanierungsplanquote und zu sämtlichen offenen Massefoderungen noch weitere 500.000 Euro für zu erwartende weitere Masseforderungen am Massekonto hinterlegt werden. In Neufeld an der Leitha sind nur die zusätzlichen 500.000 Euro alleine immerhin zwei Einfamilienhäuser. Oder noch mehr, je nach Größe und Zustand. Ohne größere Investoren kriegen wir soviel Geld auch mit viel gutem Willen nicht zusammen.

Asche auf mein Haupt, das Wort "Planinsolvenz" habe ich als "geplante Insolvenz" gedeutet und entsprechend falsche Schlussfolgerungen gezogen. Bender sicherte mir zu, dass diese Insolvenz nicht schon von langer Hand geplant gewesen sei, "Planinsolvenz" sei ein Wort aus dem Insolvenzrecht und bedeute, dass es einen Zahlungsplan gibt. Das habe ich jetzt nachgelesen: Ja, es stimmt! Happy End für HV-Besucher gibt es in diesem Beitrag keines: Laut Bender wird es im Anschluss an die HV am 11.3.2020 kein Buffet geben. Erstens habe es das Unternehmen aktuell nicht so dick, und zweitens spreche die Optik dagegen.

(Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 10.03.)


(10.03.2020)

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    Zu den Fragen nach dem zukünftigen Verhältnis seines Unternehmens zur Sanochemia und nach einer eventuellen Wiederaufnahme der Börsenotiz meinte er, mit dem Gedanken an Börsenotiz könne er sich im Moment nicht beschäftigen, denkbar wäre das schon, allerdings sei die Börsenotiz sehr teuer, das Unternehmen beschäftige eine Person nur im Zusammenhang mit den Kapitalmarktvorschriften, und wenn diese Arbeit weniger würde, könnte diese Person an anderer Stelle im Unternehmen arbeiten. Die Sanochemia werde jedenfalls keine Tochtergesellschaft seines Unternehmens werden, an Squeeze Out wolle er derzeit nicht denken. Die Partner für die Kapitalerhöhung seien ihm wichtig, weil es besser sei, die Risiken einer Sanierung auf mehrere Schultern zu verteilen. Er fühle sich mit dem Land Burgenland an Bord auch sicherer. Er wolle sich nicht dauerhaft um Sanochemia kümmern, es solle eine Lieferant-Kunde-Beziehung bleiben, er wolle auch wieder heim nach Deutschland zur Familie. Aktuell habe er eine Unterkunft in Neufeld, sei nur am Wochenende daheim. Ja, er sei der größte Kunde der Sanochemia, vertreibe in Deutschland deren Kontrastmittel, sein Unternehmen habe jedenfalls einen Marktanteil von mehr als 10% bei diesen Mitteln. Ich habe da herausgehört, dass die Kontrastmittel der Sanochemia auf dem deutschen Markt eine führende Rolle spielen. Sogar in Korea haben sie ja bekanntlich 10% Marktanteil, und das wird hoffentlich so bleiben.

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    Auf die Frage, wie viele Mitarbeiter dem Unternehmen erhalten bleiben, antwortete er "Leider mussten wir uns von Mitarbeitern trennen". Diese Worte schienen ihm nicht leicht über die Lippen zu kommen. Nach meiner Überzeugung ist er kein Freund des üblichen "Gesundschrumpfens", allerdings wird bei einer Sanierung etwas Härte notwendig sein. Auf der anderen Seite ist es natürlich gut, wenn man die Mitarbeiter schätzt, schließlich sind sie wesentlich für Gelingen oder Scheitern des Projekts. Er erklärte den Mitarbeiterabbau vor allem mit dem Wegfall der Tiermedizin. Die für die Produktion nötigen Mitarbeiter habe man aber behalten können, die Produktion leidet also nicht. Meine Frage, ob es eine Option gewesen wäre, nur die Vermögenswerte (Werk und Patente) aus der Insolvenzmasse herauszukaufen, beantwortete er mit der klaren Aussage, das sei bei Pharmafirmen schwierig, denn Pharmazulassung, Beipackzettel usw. hingen an der Gesellschaft, das könne nicht jemand anderer einfach übernehmen.

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