17.10.2019, 6478 Zeichen
Trotz der Hoffnung auf eine Einigung im Brexit-Streit ging es für die europäischen Börsen gestern nur mühsam nach oben, der EuroStoxx 50 konnte sich kaum verbessern und schloss nahezu unverändert mit einem leichten Plus. Als Bremsklotz erwies sich der Umstand, dass das erhoffte Abkommen zwischen den USA und China im Handelsstreit wieder auf wackeligeren Füßen steht. Für den französischen Index ging es 0,1% nach oben, in Deutschland gab es immerhin ein Plus von 0,3%, in London schloss der Footsie hingegen mit einem Abschlag von 0,6%, hier erwies sich wieder das steigende Pfund als Belastung für die exportorientierten Unternehmen. Im Brexit-Wirrwarr scheint es, dass doch noch in letzter Minute eine Einigung gefunden werden kann, es bleibt aber nach wie vor der Unsicherheitsfaktor, ob dem auch das britische Parlament zustimmen wird. Mit Blick auf den internationalen Handelskonflikt sorgte ein vom US-Repräsentantenhaus verabschiedetes Gesetz zum Schutz von Demokratie und Menschenrechten in Hongkong bei Chinas Machthabern für Verstimmung, die chinesische Regierung drohte daraufhin mit Gegenmaßnahmen. Zu Wochenbeginn hatte China bereits weiteren Gesprächsbedarf vor einer Vereinbarung im Handelsstreit signalisiert.
Schwach tendierte europaweit der Rohstoffsektor, der 0,8% einbüßte, vor allem nach unten gezogen von Rio Tinto, wo es nach durchwachsenen Produktionszahlen im dritten Quartal ein Minus von 1,7% für den Minenkonzern gab. Für den britischen Rückversicherer Hiscox gab es nach einer negativen Studie der Barclays Bank, die nach den zweien jüngsten Taifunen einen deutlich geringeren Gewinn erwartet, einen Tagesverlust von 5,2%. Der Modehändler ASOS berichtete leicht über den Erwartungen liegende Quartalszahlen, woraufhin anscheinend viele Leerverkäufer ihre Positionen zurückdecken mussten, was den Aktienkurs 28,3% in die Höhe schnellen liess. In Deutschland konnte sich der Zahlungsabwickler Wirecard nach dem deutlichen Vortageseinbruch auf Grund neuerlich erhobener Bilanzierungsvorwürfe konsolidieren und endete mit einem kleinen Aufschlag von 0,4%. Thyssenkrupp kletterte um 4,6% nach oben, laut Medienberichten konkretisiert sich das Angebot des finnischen Industriekonzerns Kone für die Aufzugssparte des deutschen Stahlkonzerns.
Leicht besser als der europäische Durchschnitt konnte der heimische Markt zulegen, der ATX befestigte such um 0,4%. Am Dienstag hatte die Telekom Austria nachbörslich Geschäftszahlen über das dritte Quartal vorgelegt, sowohl Umsatz als auch Gewinn legten dabei deutlich zu. Die Anteilsscheine der Telekom Austria verteuerten sich um 3,7% und führten damit den ATX an. Die Wertpapierexperten der Raiffeisen Centrobank haben in Reaktion auf die Gewinnwarnung zum Wochenauftakt bei Kapsch TrafficCom das Kursziel für die Aktie des Mautsystemausrüsters von 38 auf 30 Euro nach unten gesetzt, ihre Einstufung beliessen sie unverändert bei „Halten“, der Mautsystemausrüster ging mit einem Minus von 1,4% aus dem Handel. Bei Warimpex hingegen hob die RCB das Kursziel von 1,50 Euro auf 1,75 Euro an, die starken Quartalszahlen und der profitable Verkauf der Disneyland-Anlagen in Paris Ende September bewogen die Analysten zu diesem Schritt, die Einstufung wurde aber unverändert bei „Halten“ belassen, das Immobilienunternehmen konnte sich gestern um 1,0% verbessern. Die Banken hatten einen tendenziell stärkeren Tag, bei Bawag gab es zwar einen marginalen Rückgang von 0,1%, die Raiffeisen konnte sich hingegen etwas um 0,2% verbessern, stark war gestern die Erste Group mit einem Aufschlag von 1,8%. Extrem volatil bleibt derzeit Valneva, gestern war der Impfstoffhersteller mit einem stolzen Plus von 5,7% Tagesgewinner an der heimischen Börse. Auch Zumtobel war wieder einmal gut nachgefragt, der Leuchtenhersteller erreichte einen Zuwachs von 1,9%. Ans untere Ende des Kursblattes rutschte AMAG ab, für den Aluminiumkonzern gab es gestern einen Rückschlag von 2,6%, auch die Strabag war in der Gunst der Investoren weit unten angesiedelt und musste 2,0% abgeben. In gleichem Ausmaß ging es auch für Marinomed nach unten.
Nicht zulegen konnten gestern die Börsen in den USA, neben den erneut aufflammenden Sorgen um die Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und China wurden auch die Umsatzzahlen aus dem Einzelhandel unter den Erwartungen gemeldet. So gab es für den Dow Jones ein leichtes Minus von 0,1%, der S&P 500 schloss 0,2% schwächer und der Nasdaq 100 fiel um 0,3%. Für Bewegung sorgten weiter die Unternehmensergebnisse, die Bank of America erzielte zwar wegen der Einstellung einer Sparte einen Gewinneinbruch, konnte aber durch ein anhaltend gutes Tagesgeschäft überzeugen und dadurch 1,5% zulegen. United Airlines überraschte mit einem Gewinnsprung dank boomenden Flugverkehr und gesunkener Kerosinpreise und konnte sich um 2,1% verbessern. Die Arzneimittelgroßhändler Cardinal Health, AmerisourceBergen und McKesson scheinen einen drohenden Prozess um ein süchtigmachendes Schmerzmittel mit einem milliardenschweren Vergleich abwenden zu können, die Aktien konnten gestern zwischen 2,4% und 4,8% zulegen. Johnson & Johnson konnte die Vortagsgewinne auf Grund erhöhter Umsatz- und Gewinnziele weiter ausbauen und war mit einem Plus von 1,8% Spitzenreiter im Dow Jones. Wenig erfolgreich verlief ein Kapitalmarkttag von Workday, einem Anbieter von cloudbasierter Software für Rechnungswesen, Personalverwaltung und Unternehmensplanung, Analysten äußerten Bedenken bezüglich des Wachstums einzelner Sparten und der Titel musste einen Kurseinbruch von 11,3% hinnehmen.
Erholung gab es bei den Ölpreisen, Brent schloss 1,2% stärker, WTI konnte sich um 1,0% verteuern. Gold tendierte während des gesamten Tagesverlaufes nach oben, das Edelmetall wurde gegen Abend bei einem Kurs von rund 1.490 US-Dollar gehandelt. Der Euro konnte sich dank der Aussichten auf einen Brexit-Deal deutlich verbessern und erreichte im späten Handel einen Kurs von knapp über 1,107 gegen den US-Dollar.
Vorbörslich sind die Märkte in Europa heute Donnerstag leicht schwächer indiziert. Die Börsen in Asien beenden den heutigen Handelstag nahezu auf Vortagesniveaus. Auf Unternehmensseite erwarten wir heute keine relevanten Nachrichten. Makroseitig stehen in Europa heute der Auftragsbestand Verarbeitendes Gewerbe (DEU), die Handelsbilanz (ITA), Einzelhandelsumsatz (GBR), in den USA die Baubeginne- und Genehmigungen, die Erstanträge Arbeitslosenhilfe, die Industrieproduktion sowie die Kapazitätsauslastung im Fokus der Märkte.
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