Eine Strategie kann sein, auf Nachzügler zu setzen, die sich in der Vergangenheit - aus welchen Gründen auch immer - nicht so gut entwickelt haben. Die Idee dahinter: Kandidaten mit Aufholpotenzial finden, bevor die breite Masse es tut. Doch macht das wirklich Sinn? Die von uns befragten wikifolio-Trader haben dazu eine klare Meinung.
Qualität ist das oberste Gebot
Für Christian Schmidt aka Schmidt macht es generell keinen Sinn, ganz statisch einfach auf die jüngsten Underperformer zu setzen. Stattdessen sollten immer unternehmensspezifische und auch externe Faktoren betrachtet werden. Insofern würden seiner Meinung nach zum Beispiel abgestürzte Aktien wie Bayer (Stichwort „Glyphosat“) oder die Titel aus der Automobilbranche zurzeit kein Investment darstellen. Entsprechend fehlt von diesen Werten in seinem wikifolio Fundamental unterbewertete Aktien auch jede Spur. Schmidt dazu: „Qualität ist insbesondere in der derzeit stürmischen Zeit das oberste Gebot. Die Unternehmen sollten über ein nachhaltiges Geschäftsmodell mit steigenden Cash-Flows verfügen, die darüber hinaus auch konjunkturelle Abschwünge weitgehend unbeschadet überstehen können. “
Aus den Reihen der jüngsten „Flop“-Aktien sieht er diese Voraussetzungen bei Werten wie Helma Eigenheimbau oder den Vorzügen von Sixt als gegeben an. „Mit Helma war in den letzten drei Jahren kein Geld zu verdienen. Dies könnte sich nun ändern. Zum einen ist die Pipeline gut gefüllt, zum anderen sorgt das insbesondere seit Mai gesunkene Zinsniveau noch einmal für deutlich niedrigere Zinskosten für das Unternehmen und auch die potentiellen Immobilienkäufer“, erklärt Schmidt. Die Sixt Vorzugsaktien sind laut dem Trader in der Vergangenheit deutlich hinter den Stammaktien zurückgeblieben: „Bei einer Dividendenrendite von über vier Prozent sowie einem KGV von unter 12 besteht bei dem dynamisch wachsenden Mobilitätsanbieter noch deutlich Luft nach oben.“
Charts sind die „Fußspuren des Geldes“
Auch sein Trader-Kollege Joachim Köngeter ( joibaer ) hält wenig davon, Aktien nur wegen ihrer zuletzt eher schwachen Performance zu kaufen. Er rät Anlegern vielmehr dazu, „sich mit den Outperformern zu beschäftigen und nicht mit den Underperformern“. Anhand der Kurscharts könne man diejenigen Titel herausfiltern, in die „mehr Geld investiert als abgezogen wird“. Aktien, die sich in einem Aufwärtstrend befinden, sollte man daher nach dem Motto „the trend is your friend“ folgen und erst in Übertreibungsphasen die Positionen schrittweise abbauen.
Underperformer kommen für ihn nur in Frage, wenn sie entweder einen neuen Aufwärtstrend ausbilden, gerade einem panikartigem, nicht nachrichtenbedingten Ausverkauf ausgesetzt sind oder durch massive Insiderkäufe auffallen, die darauf hindeuten könnten, dass unternehmensintern bereits wieder gute Zahlen in Sicht sind und die Firmenlenker offensichtlich wieder festes Vertrauen in ihr Unternehmen aufgebaut haben. Als wichtiges Hilfsmittel dient ihm dabei das gehandelte Volumen der Aktien, das vor allem bei Nebenwerten eine hohe Bedeutung haben kann. „Ein hohes Volumen könnte ein Zeichen dafür sein, das hier größere Investoren beginnen, sich einzukaufen. Dem ‚großen Geld‘ frühzeitig zu folgen, kann sehr lukrativ sein“, erklärt der Trader. Wie lukrativ seine Handelsidee generell ist, beweist er mit seinem wikifolio Tradingchancen deutsche Aktien bereits seit November 2014.
Software-Anbieter mit Comeback-Potenzial
Als interessanten Turnaround-Kandidaten bezeichnet er aktuell die Aktie von GK Software , die sich trotz vielversprechendem Geschäftsmodell seit ihrem Hoch Anfang 2018 fast halbiert hat: „Die Aktie scheint nun einen Boden gefunden zu haben und der Kurs zeigt auch an schwachen DAX-Tagen wieder aufkeimende Stärke. Auf Tages- und vor allem auch auf Wochenbasis sieht die Aktie nach einem echten Comeback aus.“
Die Suche nach den echten Perlen an der Börse kann man freilich auch innerhalb der „richtigen“ Branche beginnen - so hätte man mit Technologie-Werten in der jungen Vergangenheit nicht viel falsch machen können. wikifolio-Trader Schmidt dazu: „Eine einzelne Branche herauszupicken ist prinzipiell schwierig. Jedoch wird zukünftig das Thema ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells immer mehr in den Vordergrund rücken. Die ökologische Nachhaltigkeit betrifft u.a. Cleantech-Unternehmen, die sich beispielweise auf erneuerbare Energien konzentrieren oder einen Beitrag zur Reduzierung von CO2 leisten. Ökonomische Nachhaltigkeit ist bei Unternehmen zu beobachten wie zum Beispiel Mobilitätsanbietern, die den Automobilherstelllern das Geschäft abgraben, oder auch Fintechs, die Bankgeschäfte in Teilbereichen besser und effizienter anbieten können.“