02.08.2019, 7906 Zeichen
Zahlt eh die Versicherung? Und wieder das Thema Versicherung: Gestern wurde im Bekanntenkreis sehr intensiv darüber diskutiert, was die Mieter der nach der Gasexplosion zerstörten Wohnungen in der Wiener Preßgasse von ihren Haushaltsversicherungen zu erwarten haben. Anlass war ein Bericht in ORF-online, wo der Sprecher von Wiener Wohnen abwertend das Wort "IKEA-Kastl" verwendete, für das man nicht das Leben der Räumarbeiter aufs Spiel setzen wolle, er persönlich finde es sogar "letztklassig", dass manche Mieter ihre Kastln gerettet haben hätten wollen: https://wien.orf.at/stories/3006824 Tragischerweise hat es bei dieser Explosion Tote gegeben. Aber auch die Überlebenden stehen natürlich unter Schock. Man rechnet ja nicht damit, dass man von einem Moment auf den anderen seine Wohnung samt dem gesamten Hausrat und allen Erinnerungsstücken verliert. Stücke, denen Außenstehende vielleicht keinen Wert beimessen, die man aber nicht verlieren möchte: Photoalben, alte Sammlerstücke, vielleicht sogar Dokumente. Sachen, die man auch in beschädigtem Zustand noch retten möchte. Nun hat es in Wien schon mehrere Gasexplosionen mit Toten gegeben, die Ursache hat normalerweise recht rasch festgestellt werden können. Dieses Mal nicht. Wir wissen also noch nicht, ob es unvermeidliche Höhere Gewalt war, oder ob es Schlampigkeit (oder gar Vorsatz) war, und wer an der Katastrophe eventuell die Schuld trägt. Allein schon aus diesem Grund denke ich, steht es dem Sprecher des Vermieters nicht zu, so pampig zu reden. Die Mieter sind zuerst einmal als unschuldige Opfer zu betrachten, die man - vor allem in Anbetracht dessen, was ihnen widerfahren ist - möglichst wertschätzend behandeln sollte.
Nun kennt wohl jeder von uns jemanden, der die Versicherung übers Ohr gehauen hat, oder der damit prahlt, dass er einen Betreuer bei der Versicherung hat, der darauf schaut, dass er alles ersetzt bekommt, was er meldet, und wenn er sich einen neuen Zaun oder neue Fenster wünscht, weil an den alten Sachen halt der Zahn der Zeit genagt hat. Das soll nicht sein, Versicherungsbetrug ist kein Kavaliersdelikt, denn wenn Leute ohne wirklichen Versicherungsfall Geld der Risikogemeinschaft bekommen, fehlt es denen, denen es zustehen würde. Die Versicherungen versuchen erstens, solche Betrügereien zu erkennen, also z.B. zu screenen, bei welchen Betreuern besonders viel ausbezahlt wird, bzw. überhaupt die Schäden unabhängig begutachten zu lassen, und zweitens versuchen sie natürlich sowieso, so wenig wie möglich auszuzahlen. Was wieder viele Versicherte anspornt, sich irgendwann einmal irgendwie etwas zurück zu holen. Die Versicherungen kämpfen hier auch gegen das schlechte Image, regelmäßig sieht man bei Konsumentenschutzsendungen im Fernsehen, dass nicht gezahlt wird, obwohl der Versicherte geglaubt hat, dass dieses Risiko eindeutig versichert ist. Regelmäßig auch strebt man "Kulanz" an, denn es ist sehr hart, wenn die Versicherung nicht zahlt, weil auf einzelnen Worten herumgeritten wird.
Dieses Problem haben wir nämlich: Dass sehr viele Menschen (vielleicht der überwiegende Teil der Bevölkerung?) Versicherungsverträge haben, die sie nicht wirklich verstehen. Sie wissen nicht, unter welchen objektiven Bedingungen die Versicherung wirklich zahlt. Manche haben seit Ewigkeiten Verträge, wo gewisse Risiken einfach nicht inkludiert sind, weil man an diese bei Abschluss noch gar nicht gedacht hat. Viele andere interessieren sich zwar aktiv für eine Versicherung, bekommen als Antwort "Ich mache Ihnen ein Angebot!", und dann bekommen sie genau 1 Angebot. Oder gleich eine Polizze, "wo eh alles drin ist." Ich denke natürlich auch, dass es die meisten Menschen überfordern würde, wenn sie 20 verschiedene Angebote bekämen. Aber ich finde, dass es jetzt im Computerzeitalter möglich sein müsste, dass das Angebot oder die Polizze klar beschreibt, was alles enthalten ist und was nicht. Und was es kosten würde, zusätzliche Bausteine dazu zu kaufen. Ich bin jetzt kein Versicherungsfachmann, als Konsument stelle ich mir das in etwa so vor, dass der Computer eine Aufzählung auswirft: "Enthält: Schäden durch Sturm bis 130 km/h. Schäden durch Sturm über 130 km/h dazu nehmen, 35 Euro Zusatzprämie pro Jahr?" Man kann dann JA und NEIN ankreuzen, man kann dann sehen, um wieviel sich die Prämie verteuert oder verbilligt, und vor allem hat man Schwarz auf Weiß, welches Risiko abgedeckt ist. Und die Versicherung hat das auch. Dann gibt es hoffentlich keine langwierigen Verhandlungen, Konsumentenschutzanfragen und Gerichtsprozesse mehr, in denen man z.B. über das nicht ganz einfache Thema streitet, was genau unter "Sturm" zu verstehen ist. Die Versicherungen ersparen sich viel Geld für Gerichtsprozesse, man muss nicht viel Geld für "Kulanzen" ausgeben, hat aber trotzdem den untadeligen Ruf, dass man problemlos das bezahlt hat, was versichert war. Ein gutes Geschäft (ein Versicherungsvertrag ist ein Geschäft) ist nur ein gutes Geschäft, wenn beide wissen, worauf sie sich einlassen, und wenn beide damit zufrieden sind, das ist meine Meinung. Und man kann die Prämien günstig halten, da das wirkliche Risiko viel besser kalkulierbar ist. Denn "Kulanz" ist ja nichts anderes als Nachverhandeln, wenn der Schadensfall bereits eingetreten ist.
Was die Explosion in der Preßgasse betrifft, so glaubt die überwiegende Zahl der gestrigen Diskutanten, dass die Haushaltsversicherungen eh zahlen werden, den Zeitwert halt, "weil Möbel werden eh immer billiger". Ein Teil davon meint, das sei gerecht, "weil irgendwann muss man die alten Sachen eh auswechseln". Ein Teil meint auch, Leute ohne Haushaltsversicherung seien "selber schuld", mit einer Gasexplosion müsse man rechnen. Grundsätzlich kann man erkennen, dass die einzelnen Schicksale vielen Menschen egal sind, "Hauptsache es trifft nicht mich". Sie sind zum Glück nicht allen egal, manche können sich in die Lage der Betroffenen hinein versetzen, und es gibt offenbar eine Spendensammlung für die Betroffenen. Von einer Benefizveranstaltung in der Nachbarschaft habe ich auch gelesen, mehr weiß ich nicht, ich bin nicht aus diesem Grätzl.
Jenseitig finde ich auf jeden Fall die Wortmeldung des Markus Leitgeb von Wiener Wohnen. Zum einen muss es nicht so sein, dass Mieter von Gemeindewohnungen nur Ikea-Einrichtungen haben, es wird durchaus auch Mieter geben, die mehr Geld für ihre Möbel ausgegeben haben. Zum anderen muss man Ikea-Kunden nicht abwerten, es geht nicht nur um den Preis, manche Leute mögen den Ikea-Stil, praktisch sind viele Sachen von Ikea auch, und vor allem transportabel. Manche Leute verdienen halt nicht soviel Geld wie ein Wiener-Wohnen-Sprecher, um sich all die hochpreisigen Sachen kaufen zu können, die auf der Wohnen&Interieur-Messe präsentiert werden. Und was das "Leben aufs Spiel setzen" betrifft: In Wahrheit setzt jeder Bauarbeiter sein Leben aufs Spiel, die Arbeit ist oft gefährlich, auch ich habe schon am Bau gearbeitet, neben mir ist ein (neuer!) Balken gebrochen, ein Mann ist in die Tiefe gestürzt, ohne dass irgendwo ein Hinweis gewesen wäre, dass das Betreten dieser Baustelle gefährlich sei. Die Wohnungen wurden ja ausgeräumt, egal ob die Sachen den Eigentümern übergeben wurden oder ob sie in die Mulde geworfen oder sonstwohin verbracht wurden, die Wohnungen sind leer, die Arbeiter mussten also auf jeden Fall hinein und die Sachen heraus holen. Wenn das Betreten wirklich zu gefährlich gewesen wäre, wäre niemand hinein gegangen. Dann wäre die Abrissbirne gekommen, ohne dass die Wohnungen vorher ausgeräumt wurden. Warum also hat man die Sachen nicht den Eigentümern gegeben? Wenn sie schon lieber ihre alten Sachen behalten wollten, anstatt sich die Sachen von der (eventuellen) Versicherung ersetzen zu lassen.
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(Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 02.08.)
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