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#gabb aktuell



15.07.2019, 6246 Zeichen

Wein um 0,99 pro Liter? Ja, es gibt ihn. Sogar um 0,79 hab ich Wein schon gesehen, im Tetrapak. Ich wollte mal den elektronischen Weinberater vom Merkur pflanzen und hab ihm den Strichcode so eines Tetrapaks über den Leser gezogen, in Erwartung eines Naserümpfens, begleitet von Worten wie "Nein, das ist kein Wein, was Sie mir da jetzt zeigen!" Aber der Berater war höflich und hat sinngemäß geantwortet: "Gratuliere! Auch billiger Wein muss nicht schlecht sein. Dieser Rotwein passt hervorragend zu Wild etc." Fazit: Dieser Wein ist gut. Warum aber greifen so wenige Menschen zum guten billigen Wein im Tetrapak? Wenn der Wein um 6 Euro oder 20 Euro pro Flasche nicht so viel besser ist, dass er den z.B. siebenfachen Preis rechtfertigen würde? Antwort: Es liegt an der Aufmachung, an der Verpackung, die für den Konsumenten (ohne dass er es sich eingestehen will) einen guten Teil des höheren Preises rechtfertigt. Man ist ja kein Trinker, man gönnt sich natürlich etwas Nobleres, wenn man das Geld dafür hat. Auch wenn man nach Genuss des Weines die schöne Flasche genauso wegwirft wie das Tetrapak. Wenn man die Prospekte der Diskonter ansieht: Auch im Bereich von 3 Euro pro Liter gibt es schon Weine in der Glasflasche. Aber praktisch nie um 1 Euro. Die ihren Wein im Tetrapak oder in der Plastikflasche verramschen wollen, die kriegen eben nicht mehr als 1 Euro pro Liter. Denn das Auge trinkt mit.

Sollte das bei Bier anders sein? Eines der Hauptthemen der letzten Zeit in Gesprächen mit anderen Anlegern war die Frage, warum z.B. Ottakringer Helles im Handel laufend im Bereich von 0,50 pro 1/2 Liter zu haben ist. 0,50 zahlen die Konsumenten gerne auch für 1/2-Liter-Flaschen Mineralwasser. Die Konsumenten sind bei Getränken nicht wirklich preissensibel. Im Wirtshaus ist es ihnen ja auch fast egal, ob sie nun 3,60 oder 4,80 fürs Krügerl Bier zahlen. Sie motschkern vielleicht kurz, wenn der Wirt den Preis erhöht, aber es ist für sie kein Grund, das Wirtshaus zu wechseln. Nun fragen sich einige, ob Ottakringers Kampfpreise die Antwort auf den "gestiegenen Wettbewerb im Diskontbereich" sein sollen, der zu einem mengenmäßigen Rückgang im (gesamten) Inlandsbiergeschäft von 2017 auf 2018 um mehr als 5% geführt haben soll. Da z.B. die Pepsi-Produkte im Geschäftsbericht im Segment Bier enthalten sind, sind die Zahlen leider nicht wirklich aussagekräftig. Die "Biermarge" von 4,3% enhält auch die Pepsi-Produkte, wo man laut GB Preissteigerungen unterbringen habe können, in Wirklichkeit könnte die Marge bei Bier und alkoholfreiem Bier bzw. Biermischgetränken also noch schlechter als diese 4,3% sein. Was ich mir bei so niedrigen Verkaufspreisen im Handel (der ja auch seine Spanne hat, Ottakringer kriegt noch weniger) durchaus vorstellen kann, alleine die Kosten der Wegwerfflasche müssen wir mit vielleicht 0,10 Euro (im Internet schreiben Kleinbrauereien von 0,20, aber Ottakringer ist ja Großabnehmer, im Lagerhaus könnt Ihr leere Bierflaschen übrigens um rund 1 Euro pro Stück kaufen) veranschlagen. Wertumsatz durch Mengenumsatz (incl. Pepsi) laut GB dividiert, würde Ottakringer um 0,61 Euro netto ohne Umsatzsteuer pro Krügerl an Handel und Gastronomie verkaufen, was ich nicht ganz nachvollziehen kann bei den Preisen, die ich im Handel oft sehe, es sei denn, die Konsumenten greifen eher zu hochpreisigeren Ottakringer-Sorten als zu Ottakringer Hellem.

Dass Ottakringer leider überwiegend Wegwerfflaschen anbieten müsse, weil der Konsument es so verlange, wie auf der HV zu erfahren war, kann jedenfalls nicht ganz stimmen, denn erstens kostet Ottakringer in der Pfandflasche im Handel mehr als in der Wegwerfflasche (d.h. man bekniet den Konsumenten, doch lieber die Wegwerfflasche zu nehmen, drum lässt man auch beim Preis nach), und zweitens hat sogar Lidl als Diskonter schlechthin bereits einige Filialen mit Pfandrücknahmeautomaten ausgestattet. Weil? Weil die Konsumenten Bier doch lieber aus der Pfandflasche trinken. Also wenn selbst Lidl das wahrnimmt, warum fällt es Ottakringer nicht auf?

In Skandinavien und in Ostasien zahlt man auch im Supermarkt weit höhere Preise als hierzulande für Bier. Solche Preise müssen nicht sein, Bier soll das Genussmittel für jedermann bleiben. Aber warum will man es uns nicht so gern in der formschönen Halbliterpfandflasche verkaufen? Warum muss man es in schirchen Einwegflaschen oder Dosen verramschen? So als ob es nicht mehr wert wäre? Sogar deutsche Fussballfans kann ich immer wieder im Zug beobachten, wie sie aus ihrer Heimat mitgebrachtes Bier stilsicher aus in Kisten mitgebrachten Pfandflaschen trinken, obwohl Wegwerfflasche und Dose gerade auf Reisen die Pfandflasche noch halbwegs sinnvoll ersetzen könnten, weil das Zurückbringen des Leerguts umständlich ist. Jedenfalls müsste man Ottakringer nicht um 0,50 und darunter im Handel verramschen, der Konsument ist durchaus bereit, für ein Getränk in ansprechender Verpackung auch entsprechend zu bezahlen.

Letzter Punkt: wo ist der Heimvorteil? Salzburger sind stolz auf ihr Stiegl, Grazer preisen ihr Puntigamer, warum gelingt es nicht einmal im Heimmarkt Wien, sich ohne Preissschlacht gegen Diskontmarken durchzusetzen? An der Qualität kann es nicht liegen. Vor Jahren hat mir einmal im östlichen Ungarn ein Mann gesagt, dass es für ihn ganz normal ist, Ottakringer zu trinken, auch wenn er es von weit her holen muss, denn Ottakringer sei für ihn das, was er am stärksten mit Wien verbinde, der Stadt, die er gerne besuche. Fazit: Was, wenn Ottakringer im Handel vom Diskontbier zum Premiumbier aufsteigen kann? Wenn Ottakringer stark genug ist, um die Höhe der Listinggebühren zu verhandeln? Wenn eine Preiserhöhung (quer über alle Produkte im Segment Bier, da mir die Aufschlüsselung fehlt) von 30% durchgesetzt werden könnte, ohne nennenswerten mengenmäßigen Einbruch, so wärend das etwa 23 Mio. Euro zusätzlicher Umsatz, der fast 1:1 auch zusätzlicher Gewinn vor Steuern wäre. Von 13 Mio. auf 39 Mio. Gewinn vor Steuern. Nach Steuern wäre das bei 2,8 Mio. Aktien und einem Kurs von 100 ein KGV von 10, und das würde mir sehr gefallen. Auf Sicht von zwei bis drei Jahren ein anstrebenswertes Ziel, würde ich meinen.

(Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 15.07.)



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    Dass Ottakringer leider überwiegend Wegwerfflaschen anbieten müsse, weil der Konsument es so verlange, wie auf der HV zu erfahren war, kann jedenfalls nicht ganz stimmen, denn erstens kostet Ottakringer in der Pfandflasche im Handel mehr als in der Wegwerfflasche (d.h. man bekniet den Konsumenten, doch lieber die Wegwerfflasche zu nehmen, drum lässt man auch beim Preis nach), und zweitens hat sogar Lidl als Diskonter schlechthin bereits einige Filialen mit Pfandrücknahmeautomaten ausgestattet. Weil? Weil die Konsumenten Bier doch lieber aus der Pfandflasche trinken. Also wenn selbst Lidl das wahrnimmt, warum fällt es Ottakringer nicht auf?

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