21.11.2018, 3791 Zeichen
Brexit? Welcher Brexit? Die Schlagzeilen über Theresa May und deren Tantalos-Aufgabe, ihr Brexit-Paket zuerst durch die eigenen Reihen und danach durch das Parlament zu bringen verstören die Märkte. Aktien sinken und werden sofort argumentativ der kurz vor uns stehenden parlamentarischen Ungewissheit geopfert. Eh klar, weil jetzt kommt der Brexit auf uns zu.
Man kann sich nicht oft genug an den Kopf greifen wie oberflächlich manche Argumentationen sind. Glaubt ernsthaft jemand, dass mit der Abwahl des Votums im Parlament die Börsen zusammenfallen werden? Dass erst dann die halbe Welt (die andere Hälfte kommt danach) panisch den Raum verlässt und Europa seinem sicheren Schicksal als Provinzbörse der Chinesen überlässt? Wir sind seit einem knappen Jahr im Brexit-Exodus! Die smarten UK-Banker mit ihren aufgeblähten Handelsabteilungen sind keine Dummköpfe. Die wissen genau, was es geschlagen hat. Und nicht erst seit vorigem Sonntag. Das heißt, raus aus London, ab nach Frankfurt, Paris oder Madrid. Das heißt genauso Abschied von den lieb-gewonnenen Gesetzen und Regeln am Londoner Finanzplatz. Jenen Freiheiten die man in der EU nun nicht mehr genießen wird dürfen. Genau diesen Effekt, den auch schon die Schweiz vor ein paar Jahren verspürte als es ans „normale“ Schaffen ging, ohne den geliebten Rückenwind heimischer Interpretationen internationalen Steuerrechts. UK leert die Bücher, that’s it. Und das nicht erst seit vorgestern. Einzige Überraschung ist, dass sie noch immer Bestände zu verkaufen haben. Viel kann es ja nicht mehr sein.
Klar, dies passiert vor geschlossenen Vorhängen. Wäre auch fatal hier als Verkäufer des Jahres entdeckt zu werden bevor man den Job erledigt hat. Da hilft es durchaus durch Auftritte der US-Administration regelmäßig unterhalten zu werden oder auch die Verteidigungsstrategien Chinas hinterfragt zu sehen. Selbst wenn Apple, als größte Luxusmarke der Welt, denn das ist die Bude in Wirklichkeit, einmal stolpert ist das eine perfekte Gelegenheit wieder ein paar Stücke zu verkaufen ohne dass jemand den wahren Grund erkennt. Und es ist auch sicher kein Nachteil, die UK-Hedgefunds auf seiner Seite zu wissen. Da verdient man mit ein paar leer verkauften Aktien noch zusätzlich jene Cents, die einem dann, nach dem Brexit Votum im Parlament, das karge Leben in der EU Pension erleichtern werden.
Wäre eine Idee der EU, ach was der EZB, weil die EU macht sicher nichts, zumindest nicht in einer annehmbaren Geschwindigkeit, einmal die Möglichkeit von Aktienkäufen näher zu bringen. Der Bondmarkt wurde ja schon zur Wüste gekauft. Wenn schon nicht wie in USA die eigenen Aktiengesellschaften ihre eigenen Aktien steuergeschenkbeseelt zurückkaufen, dann darf vielleicht Mario zugtreifen? Gesetz dafür gibt es zwar kein richtiges, aber das gab‘s für die Bondkäufe in einer EU am Beginn auch nicht wirklich. Wäre sogar mit Force Majeure erklärbar, weil UK ja gemäß dem eigenen Willen aus der EU heraus muss und der Schaden am Kapitalmarkt mittlerweile dem dumpfsten Beobachter auffallen muss.
Wird wohl nicht so laufen. Wir sind ja in der EU inzwischen die am weitesten vom Aktienmarktgedanken entfernte Region am Globus. Bleibt am Ende die Frage, ob es nicht ein demokratischer Lernprozess ist, zusehen zu müssen, wie ein digitales Votum (ja /nein) eines Landes, nicht nur für dieses selbst, sondern generell weitreichende Konsequenzen nach sich zieht die man einem normalen Wähler gar nicht objektiv in dieser Geschwindigkeit zu entscheiden zumuten konnte. Zumal die Erst-Entscheidung ja sogar als „quick & dirty“ beschleunigt wurde.
Das Eigentor des Jahrhunderts wurde hier aber nicht von der EU geschossen. Deren Märkte sind nur billiger geworden. Sale!
(Der Input von Wolfgang Matejka für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 21.11.)
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