14.11.2018, 4057 Zeichen
Stafettenlauf ohne Stafette? Am 1.1.2019 ist es soweit. Die EZB beendet ihre Anleihekäufe. In Summe wird die Europäische Notenbank dann seit März 2015 rund 2,6 Billionen Euro an Bonds gekauft haben. Ein stolzes Sümmchen. Das Ziel, damit zu einer Beruhigung im Bankenbereich und einem Aufkommen der europäischen Wirtschaft geholfen zu haben ist zwar mit Augenzwinkern erreicht, das wahre Ziel, die Entschuldung der Staatskassen voranzutreiben nur zum Teil. Zu sehr haben sich die Staaten auf alles andere als ihre eigene Verantwortung verlassen und nun wird es brenzlig, denn wenn die EZB weg ist wird man sich mehr anstrengen müssen. Die geplante Übergabe der Stafette beginnt im Jänner.
Die Reaktionen in Euroland sind unterschiedlich, fast schon charakteristisch unterschiedlich. Während der Norden versucht die Füße still zu halten und selbst mit dem einen oder anderen Steuerprogramm aufhorchen lässt, will der Süden seine, die letzten Jahre so angenehm gewordene Rolle des passiv Finanzierten nicht abgeben. Italiens Budget ist bestes Beispiel dafür, wie man sich daran gewöhnt hat, dass Brüssel eh alles bezahlen wird. Und im globalen Dorf fällt auch die Rhetorik eines Donald Trump hier natürlich auf fruchtbaren Boden, weil so heftig straflos auf alle möglichen Gegner zu schimpfen, das beeindruckt, also wird auch hier verbal eskaliert.
Dieser Donald Trump hat wiederum gleich seine Notenbank als Feind erkoren. Nachdem die Steuergeschenke demnächst ihre Wirkung verlieren, interessanterweise hat man festgestellt dass damit überwiegend eigene Aktien von den Unternehmen zurückgekauft wurden, Investitionen in sich selbst hatte man sich da zuerst anders erwartet, droht ein Anstieg der Inflation wenn das Wirtschaftswachstum nicht mehr die Erwartungen halten kann und auf von der FED erhöhte Zinsen trifft. In Verbindung mit Chinas dank Zollrhetorik schwächelnder Währung eine unangenehme Mischung die sich da aufbaut. Genauso wie in Europa wird hier, zugegeben lauter, auf die Aktionen der Notenbank mit dem geübten Finger gezeigt um nur ja den Schuldigen im Voraus zu fixieren.
Kein Wunder daher, wenn die Kapitalmärkte in ihren Analysen diese Faktoren gewichten. Die Zinskurve in USA zeigt durch ihre Abflachung, dass der Markt nicht mehr an ein weiteres hohes Wachstum ab 2020 glaubt. Europa ist hier noch positiv unterstützt. Da geht was, die Kurve ist steil, aber in absoluten Zahlen tut sich fast gar nichts auf, denn die europäische Zinskurve ist in einer Bandbreite von gerade einmal 0,78% derzeit gespannt. Kein Wunder, dass hier der Stopp der Anleihekäufe der EZB von einer zunehmend größeren Teilnehmerschicht als positiv gesehen wird. Nach dem Motto „lassen wir die langen Renditen doch endlich steigen, damit wir überhaupt einen Wirtschaftseffekt erzeugen können“.
Und jetzt kratzt sich doch jeder Zweite am Kopf. Waren die EZB-Käufe gar wirklich nur für die Staatsentschuldung gedacht? War deren wirtschaftlicher Effekt vielleicht sogar negativ? Und könnte man sich jetzt, nachdem zu Silvester der letzte Italienbond von „Super-Mario“ gekauft wurde, eine beginnende Normalisierung von Geschäftsmodellen von Banken, Versicherungen, genereller Kreditaufnahme, oder gar Investitionen erwarten? Frei nach dem die letzten Jahre fast abtrainierten Motto: „wenn ich am langen Ende mehr verdiene, kann ich auch mehr Kredit vergeben?“. Europas Banken sind lt. aktuellem Stresstest „safe“. Alle haben es geschafft. Grund für Zweifel gibt es daher derzeit keine.
Was wäre daher, wenn die Investitionsneigung auch durch Unterstützung der Banken in 2019 ansteigen würde, die Politik mit Steueranpassungen diesen Prozess erleichtern und die Polemik sich mehr den ökonomischen Erfolgen als populistischen Halbwahrheiten zuwenden würde? Bleibt ein Bewertungsniveau an den Märkten, das das alles gar nicht bewertet. Quasi, die Nulllinie ist eh schon da! Warum noch ängstlich sein?
Und ich schreibe das, um jeden Zweifel zu beseitigen, bevor die Punschstände öffnen.
(Der Input von Wolfgang Matejka für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 14.11.)
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