11.07.2018, 4180 Zeichen
Die Frage, wie ein Unternehmen in der anhaltenden Niedrigzinsphase sein Geld noch gewinnbringend anlegen kann, beschäftigt derzeit nur noch jeden vierten Finanzchef. "Viele CFOs haben aus der Not eine Tugend gemacht und Investitionen vorangetrieben, zum Beispiel auch in strategisch relevante Unternehmen wie Start-ups", sagt Kai Grönke, Partner im Bereich Controlling & Finance bei Horváth & Partners. Zudem stehen auf der anderen Seite der "Niedrigzinsmedaille" auch Vorteile, wie etwa Exportstärke oder günstige Finanzierungen. Damit könnte es mit Anhebung des Leitzinses Mitte 2019 vorbei sein, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) an ihren Plänen festhält. Für den Moment spielen diese Überlegungen bei den Finanzchefs jedoch eine untergeordnete Rolle, da sie voll mit den Auswirkungen der Digitalisierung beschäftigt sind, wie die CFO-Studie 2018 der Managementberatung Horváth & Partners zeigt.
Ganz oben auf den To-Do-Listen der Chief Financial Officers (CFOs) steht aktuell mit großem Abstand die digitale Transformation. Für 77 Prozent der Finanzchefs ist der durch den digitalen Wandel hervorgerufene Umbruch im Unternehmen die größte "Baustelle", an der sie arbeiten. An zweiter Stelle folgt mit 64 Prozent die Umorganisation des Finanzbereichs zur Anpassung an überwiegend digitalgetriebene neue Geschäftsmodelle. Im Vorjahr hatte der digitale Wandel erst bei jedem zweiten Unternehmen solch spürbare Auswirkungen auf Geschäftsmodelle, dass eine Neujustierung des Finanzbereichs notwendig wurde.
"Der technologische Wandel und die Möglichkeiten der Digitalisierung haben die Unternehmen in ihren Geschäftsmodellen und organisatorischen Grundfesten jetzt voll erfasst", sagt Horváth & Partners Experte Achim Wenning, der bei den Consultants den Beratungsbereich CFO-Strategie und Organisation leitet. "Für CFOs und ihre Abteilungen bedeutet das ebenfalls eine digitale Transformation. Sie müssen sich mit digitalen Geschäftsmodellen auskennen, Investitionen in digitale Systeme bewerten, mit digitalen Lösungen steuern und selbst agiler werden. Die Herausforderungen für Finanzchefs sind heute so vielfältig und komplex wie nie zuvor." In der Mehrheit der Unternehmen ist die CFO-Organisation historisch gewachsen und wurde im Zuge der Digitalisierung noch nicht ausreichend neu aufgestellt.
Der digitale Wandel erschwert auch eine weitere Aufgabe der CFOs, nämlich, die Compliance zu wahren. Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung ist nur eines von vielen Beispielen für neue Regularien und Entwicklungen, die Auswirkungen auf Unternehmensrisiken haben. 63 Prozent der befragten Entscheider haben Probleme, die gestiegenen Anforderungen zu bewältigen.
Die Arbeit eines CFOs beruht immer stärker auf Business Intelligence beziehungsweise Big-Data-Analysen. Steuerungsanwendungen, die darauf basieren, sind quasi zum Navigationssystem der Finanzchefs geworden. Ist die Qualität der darin verarbeiteten Daten mangelhaft, fehlt den Entscheidern die Übersicht, an welchen Stellen Handlungsbedarf besteht und wo geeignete Stellschrauben zur Effizienzsteigerung sind.
Mehr als jeder zweite Finanzchef muss sich heute nach eigenen Aussagen mit fehlerhaften oder unvollständigen Daten herumschlagen (53 Prozent). Der Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent angestiegen. "Die Dunkelziffer der Finanzchefs, die Entscheidungen auf einer unzureichenden Datengrundlage fällen, ist hoch", sagt Kai Grönke von Horváth & Partners. Auch der Anteil der befragten Entscheider, die mit vorhandenen Steuerungsgrößen nicht mehr zurechtkommen, ist angewachsen, sogar um 25 Prozentpunkte. Fast jeder Zweite hat inzwischen erkannt, dass die aktuellen KPIs nicht mehr effektiv sind, um das Unternehmen zu steuern. Ein wenig abgenommen hat immerhin die Unzufriedenheit mit implementierten IT-Systemen. Es klagen "nur noch" 53 Prozent der CFOs über eine IT-Landschaft, die mehr Patchwork als Gesamtkonzept ist. Im letzten Jahr waren dies fünf Prozent mehr. Hier können die CFOs langsam die Früchte ihrer Arbeit der vergangenen Jahre ernten, denn zwei Drittel der Befragten geben an, die Standardisierung von Prozessen und Vereinheitlichung von Systemen schon weit vorangetrieben zu haben.
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