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Mensch vs. Maschine: Vermögensverwaltung der Zukunft (Teil 1) (Christoph Scherbaum)

Bild: © www.shutterstock.com, Boxkampf, Wettkampf, Kampf, Tumar / Shutterstock.com , Tumar / Shutterstock.com

Autor:
Christoph Scherbaum

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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18.08.2017, 8065 Zeichen

Es klingt nach Science-Fiction, ist aber Realität. Investoren können sich von Computer-Algorithmen Möglichkeiten der Kapitalanlage vorschlagen lassen. Hat der Berater aus Fleisch und Blut künftig ausgedient? In einer dreiteiligen Serie wollen wir von der Börsenblogger-Redaktion dieser Frage nachgehen. Heute erscheint der erste Teil. Morgen und übermorgen folgen die Teile zwei und drei.

Das Drama um die Geldanlage hat nicht erst dieser Tage viele private Investoren erfasst. Die allumfassende Frage in Zeiten eines Niedrigzinsumfeldes steht überall im Raum: „Wohin mit meinem bisschen Geld, worin kann ich am sinnvollsten investieren? Eine Antwort der Finanzbranche lautet unter anderem „Robo-Advice“. Es klingt ein wenig martialisch – aber dahinter verbirgt sich auch der Traum der ganzen Finanzbranche. Die computergesteuerte Vermögensverwaltung für alle Anleger.

Was ist Robo-Advice? Hinter dem Begriff verbirgt sich nichts anderes, als eine computergesteuerte Depotverwaltung und Anlageauswahl. Einfach gesagt: Je nach Ausgestaltung der Software im Hintergrund werden klassische Kennzahlen oder technische Analysetools als Grundlage der Entscheidungen genutzt. Die Algorithmen sind jedenfalls so oder so hochkomplex, dass ein Nachvollziehen der jeweiligen Anlageentscheidung nur wenigen möglich ist.

Fluch und Segen zugleich. Ist das dann so transparent, wie es immer heißt? Denn am Ende scheint doch ein Computer immer nur so gut zu sein, wie der Programmierer, der ihn programmiert hat, oder nicht? Die Finanzbranche sagt klar nein. Muss sie wohl auch. Denn der Ausgangspunkt dieses Trends ist die Tatsache, dass die Kosten für die traditionelle Anlageberatung sehr hoch sind und eine individuelle Verwaltung bei einem spezialisierten Anbieter sich für viele Kunden einfach nicht lohnt. Deren Vermögen sind schlicht zu klein.

„Das Geschäftsmodell ist keineswegs
so schwer zu verstehen“

Auf der anderen Seite kann ein solcher (Klein-)Kunde nur bedingt auf seine örtliche Bankfiliale vertrauen. Dort bekommt er nicht selten (hauseigene) Produkte mit (sehr) hohen Gebühren verkauft. Stichwort „aktiv gemanagte Investmentfonds“ – ausgefeilte Produkte, versehen mit allerlei Gebühren, welche die Rendite des einzelnen Anlegers teils massiv mindern. Was also einer Kundengruppe im Investmentbereich anbieten, die eine (für sie hohe) Summe von beispielsweise 10.000 Euro langfristig anlegen will, bei der gleichzeitig aber die Kosten niedrig bleiben? Die Idee der computergesteuerten Vermögensverwaltung war geboren und das Geschäftsmodell ist keineswegs so schwer zu verstehen.

Infografik: Die USA sind führend bei Robo-Advisors | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Kunde muss nicht viel machen. Einfach nur in das Internet auf eine Robo-Advice-Seite gehen – lautet die Devise. In wenigen Schritten ist das Geld dann vermeintlich individuell angelegt. In einem ersten Schritt wird dort die Risikoneigung des einzelnen Anlegers mit Hilfe von Computerprogrammen ermittelt. Es werden dazu in einem webbasierten Katalog Fragen zur persönlichen finanziellen Situation und zu den Anlagewünschen sowie -vorstellungen gestellt. Viele Anbieter fragen darüber hinaus die eigenen anlagerelevanten Kenntnisse und Handelserfahrungen ab und stellen zudem auch Fragen zur persönlichen Risikotragfähigkeit – etwa in welchem Rahmen man selbst Verluste bei der Geldanlage verkraften könnte. Die Frage, wie das persönliche Anlageziel denn aussieht – ob als Altersvorsorge oder für die Ausbildung der Kinder angedacht – steht oftmals auch auf der Agenda.

Aus den Interessenten-Antworten ergibt sich der zweite Schritt: Der Computer entwickelt aus dem Kunden-Feedback durch einen Algorithmus einen konkreten Vorschlag für dessen Kapitalanlage. Der Grad der Standardisierung kann dabei zwischen verschiedenen Plattformen stark variieren. Teilweise kann der vorgegebene Anlagevorschlag dann auch auf den jeweiligen Plattformen umgesetzt werden, indem nach einer Registrierung die Eröffnung eines Wertpapierdepots erfolgt. Vergütet wird die Leistung des jeweiligen Robo-Advice entweder provisionsbasiert oder anhand eines honorarbasierten Modells, beispielsweise durch einen monatlichen Pauschalbetrag, in dem sämtliche Dienstleistungen des Anbieters enthalten sind. Klingt fair und nicht teuer.

ETFs im Fokus. Der Anlagevorschlag ist oft eine Kombination von gebührenniedrigen und börsengehandelten Indexfonds, so genannten Exchange-Traded Funds (ETF). Eine seit Jahren beliebte Anlageform, die üblicherweise nicht über die emittierende Investmentgesellschaft, sondern über die Börse am Sekundärmarkt erworben und veräußert wird. Unabhängig davon hat der Kunde eben gerade eine Anlagestrategie erhalten, die auf den Erkenntnissen seiner persönlichen Daten basiert.

Der heutige Bankkunde will
anders bedient werden

Das schützt leider keineswegs vor Verlusten. Das sollte auch der Kunde wissen. Der wiederum hat aber wohl eher im Hinterkopf, dass er just per Internet einen mit niedrigen Kosten verbundenen soliden Investmentvorschlag erhalten hat – im Gegensatz zu den Alternativen der konservativen aktiven (und vermeintlich teureren) Vermögensverwalter. Ein kurzes Zwischenfazit könnte an dieser Stelle also lauten:

Statt Fondsmanagern übernehmen spezielle Algorithmen die Verwaltung Ihres Geldes! Doch das wäre zu einseitig. Denn eines muss man der Finanzbranche zugestehen. Sie ist bemüht, den Kunden zu verstehen – wenn auch vielleicht vor dem Hintergrund, dass sie selbst sonst auf der Strecke bleibt. Die Konsequenz daraus:

Die fortschreitende Digitalisierung der Anlageberatung und des Vermögensmanagements hat in den vergangenen Jahren die gesamte Branche der etablierten Finanzdienstleister in Aufruhr versetzt. Man musste handeln. Der heutige Bankkunde will anders bedient werden. Zeitgemäßer. Die „Customer Journey Banking-Studie über Banking im digitalen Zeitalter“ – erstellt von Google und der Postbank – zeigte es jüngst eindrucksvoll auf. Wir erleben einen radikalen Wandel im Konsumentenverhalten.

Die ROPO-Kunden. Ob Girokonto, Geldanlage, Ratenkredit oder Bausparvertrag – die Kundenwünsche mögen verschieden sein, eines spielt eine immer wichtigere Rolle: Das Internet. In allen Informationsprozessen ist es in einer zentralen Rolle. 89 Prozent der Bankkunden recherchieren auf der Suche nach ihrem Wunschprodukt online. In der Vergleichsstudie 2013 waren es demnach lediglich 61 Prozent, die sich online auf die Suche nach Informationen zu einem Bankprodukt machten.

Der Desktop-Computer ist bei der Recherche ein zentrales Instrument. Das Smartphone nimmt allerdings eine immer wichtigere Rolle ein. Bereits jede dritte Google-Suchanfrage mit Bezug auf Bankprodukte kommt von einem Smartphone. Bankkunden gehen, nachdem sie digital gesucht und verglichen haben, aber immer noch mehrheitlich für den Produktabschluss den gewohnten Weg zum persönlichen Berater. Auf der anderen Seite: Die Onlineabschlüsse nehmen jedoch zu! 30 Prozent aller Bankprodukte werden bereits direkt im Internet abgeschlossen, ohne dass der Kunde überhaupt den Weg in eine Bankfiliale nimmt.

30 Prozent aller Bankprodukte werden
bereits direkt im Internet abgeschlossen

Erstaunlich ist auch dieser Fakt: Obwohl nur noch 10 Prozent der Abschlüsse in der Bankenbranche ohne Einfluss des Internets stattfinden, ist das persönliche Gespräch mit dem Finanzberater nach wie vor von großer Bedeutung, so die Studie. 61 Prozent der Kunden, die ihre Unterschrift unter einen Produktantrag setzen, sind sogenannte „ROPO“-Kunden – eine schöne Abkürzung, die für Research Online, Purchase Offline steht. Darunter versteht man das Phänomen, dass Kunden zunächst online recherchieren, das Produkt jedoch dann persönlich bei der Bank abschließen. Im Vergleich beispielsweise zur Reisebranche ist das ROPO-Segment im Finanzbereich von besonderer Relevanz: Im Banking-Bereich hat der ROPO-Effekt seit der letzten Studie um 36 Prozent zugenommen, so die Postbank…

Dieser Beitrag ist ein Stück aus marktEINBLICKE – dem Quartals-Magazin der Börsenblogger-Redaktion für Geldanlage und Lebensart. Erhältlich am Kiosk, als Online-Ausgabe oder im Abo. www.markteinblicke.de

 

 


(18.08.2017)

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    30 Prozent aller Bankprodukte werden
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