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Bayer: Normalisierung in Sicht? (Michael Vaupel, Christoph Scherbaum)

Bild: © www.shutterstock.com, Bayer, Logo, Flaggen Taina Sohlman / Shutterstock.com

Autor:
Christoph Scherbaum

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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03.07.2017, 4578 Zeichen

Kräftig unter Druck geriet vergangenen Freitag die Bayer-Aktie (WKN: BAY001 / ISIN: DE000BAY0017) – wegen einer Gewinnwarnung. Mehr dazu gleich, erst der Blick auf den Chart:

Bayer-Chart: finanztreff.de

Agrar-Chemie, vereinfacht gesagt das „Pflanzenschutz“-Geschäft, gebündelt sind. Dazu teilte Bayer am Freitag mit:

„Nach Abschluss der Erntesaison in Brasilien zeigen sich im dortigen Markt unerwartet hohe Warenbestände im Bereich Pflanzenschutz.“

Mit anderen Worten: Die dortigen Landwirte haben die Pflanzenschutz-Mittel von CropScience zu einem großen Teil links liegen lassen. Und das nicht zu knapp, denn Bayer beziffert dies:

Bayer: Ergebnis um 300-400 Mio. Euro belastet

Zitat Bayer: „Dies wird das Ergebnis (EBITDA vor Sondereinflüssen) im Gesamtjahr 2017 einmalig mit 300 bis 400 Millionen Euro belasten.“ Dies soll bereits im zweiten Quartal 2017 bilanziell berücksichtigt werden. Deshalb werden die kommenden Quartalszahlen zum gerade beendeten Quartal wohl enttäuschen.

Wieso aber sind in Brasilien die Pflanzenschutz-Mittel von Bayers CropScience nur so schlecht verkauft worden? Bayer verwendet das Wort „unerwartet“ und will „mit seinen Kunden gezielte Maßnahmen zur Normalisierung der Situation“ initiieren, so hießt es in der Meldung.

Nun, so unerwartet ist es wohl nicht – denn Bayer selbst schrieb bereits im Bericht zum ersten Quartal, ich zitiere: „Stark rückläufig war das Fungizidgeschaft in Brasilien vor allem aufgrund anhaltend hoher Lagerbestande im Markt.“ Das zeichnete sich also wohl schon damals ab.

Und das war am 27. April 2017, als Quelle verweise ich auf den Quartalsbericht zum ersten Vierteljahr 2017, dort auf die Seite 14, online abrufbar unter diesem Link.

Aber am 30. Juni hieß es dann „überraschend“. Na ok ich kenne das, mein Gedächtnis ist auch nicht immer besonders gut, da vergesse ich auch gelegentlich Dinge wie Geburtstagstermine etc. pp.

Von Bayer gab es in der Gewinnwarnung vom Freitag keine Angaben dazu, WARUM die „Warenbestände im Bereich Pflanzenschutz“ in Brasilien deutlich weniger nachgefragt worden sind.

Doch wer Ohren hat, der konnte hören – und zwar auf der Bayer-Hauptversammlung (HV) am 28. April in Bonn. Ich habe auf der Seite des Dachverbands „Kritische Aktionäre“ das Redemanuskript einer gewissen Verena Glass gefunden, die demnach bei der Bayer HV „im Namen der brasilianischen Kampagne gegen Agrargifte“ sprach. Und was Frau Glass dort mitzuteilen hatte, war eindeutig. Die „Pflanzenschutzmittel“ werden von ihr „Agrargifte“ genannt. Sie verwies auf folgende Forschungsergebnisse im brasilianischen Lucas do Rio Verde, ich zitiere:

„In der ländlichen Region fanden die Wissenschaftler in 88% der Blut- und Urinproben von untersuchten Lehrern auf dem Land Rückstände von Agrargiften, vor allem Glyphosat und Pyrethroide – also synthetische Insektizide

Es wurden mehrere Agrargifte gefunden in 83% der 12 Trinkwasserbrunnen, in 56% der Proben des Regenwassers und 25% der entnommenen Luftproben während der zweijährigen Untersuchung;

In 100% der Proben der untersuchten Muttermilch von 62 stillenden Müttern wurden Rückstände von Agrargiften wie DDE, Endosulfan, Deltamethrin und DDT gefunden“

Diese Zahlen sollen auf eine Untersuchung der Universität von Mato Grosso und der Fiocruz zurückgehen. Den kompletten Redetext dazu auf der Bayer HV finden Sie auf der Seite des Dachverbands Kritische Aktionäre zum Thema Bayer HV unter diesem Link

Was ich davon halte?

Dazu möchte ich aus besagter Rede das Fazit zitieren:

„Wir können nicht im Einzelfall belegen, dass es die Gifte von Bayer und Monsanto sind, die unsere Leute vergiften und töten. Aber wir sind uns sicher, dass all diese Studien, die weltweit auf diese schwerwiegenden Probleme hindeuten, Ihnen bei Bayer bekannt sind. Ich frage Sie daher: wie gehen Sie als Verkäuferin von Medikamenten für die Gesundheit mit diesen Vorwürfen um?“

Genau diese Frage finde ich berechtigt und von Bayer würde ich lieber darauf eine Antwort hören als Orwellschen-Sprachgebrauch der Art „unerwartet“ hohe Lagerbestände an Pflanzenschutz-Mitteln und „gezielte Maßnahmen zur Normalisierung der Situation“ initiiert.

Ein Beitrag von Michael Vaupel

Michael Vaupel, diplomierter Volkswirt und Historiker (M.A.), Vollblut-Börsianer. Nach dem Studium Volontariat und Leitender Redakteur und Analyst diverser Börsenbriefe (Emerging Markets, Internet, Derivate, Rohstoffe). Er ist gefragter Interview- und Chatpartner (N24, CortalConsors). Ethisch korrektes Investieren ist ihm wichtig.
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(03.07.2017)

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    Es wurden mehrere Agrargifte gefunden in 83% der 12 Trinkwasserbrunnen, in 56% der Proben des Regenwassers und 25% der entnommenen Luftproben während der zweijährigen Untersuchung;

    In 100% der Proben der untersuchten Muttermilch von 62 stillenden Müttern wurden Rückstände von Agrargiften wie DDE, Endosulfan, Deltamethrin und DDT gefunden“

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