12.02.2017, 4718 Zeichen
Warm anziehen müssen sich seit einiger Zeit die Anteilseigner des Textilriesen VF Corp. Die Aktie der auf Outdoor-Bekleidung spezialisierten US-Firma hat gegenüber ihrem Hoch vom Herbst 2015 mehr als ein Drittel eingebüßt. Allein in den letzten sechs Monaten ging’s um knapp 20% nach unten – kein anderer der 51 Dividenden-Aristokraten aus dem S&P 500 Index musste zuletzt stärkere Kursverluste hinnehmen.
Outdoor-Pionier spürt Krise des klassischen Textilhandels
Und in der Tat läuft’s derzeit nicht rund bei dem 1899 als Handschuh-Hersteller gegründeten Unternehmen aus North Carolina. Denn dass die Umsätze 2016 wohl erstmals seit dem Krisenjahr 2009 zurückgegangen sind, liegt nicht nur daran, dass im Sommer ein paar Marken – darunter das mäßig erfolgreiche Jeans-Label 7 for all mankind – verkauft wurden. Vielmehr strahlt die Krise des stationären Textilhandels auch auf VF als Produzent aus: Während immer mehr Bekleidung online geordert wird, haben die großen VF-Brands wie The North Face, Timberland, Vans und Napapijri zu lange zu stark auf traditionelle Ladengeschäfte gesetzt.
Funktionaler Nutzwert statt Glamour
Inzwischen jedoch wurde vor allem der Online-Direktvertrieb kräftig forciert. Davon dürften in den nächsten Jahren neben den Umsätzen auch die EBITDA-Margen profitieren, die mit 16,5% ohnehin über dem Branchenschnitt liegen. Positiv überdies, dass das Outdoor-Geschäft nicht denselben modischen Schwankungen unterliegt wie klassische Oberbekleidung. Bei regendichten Windjacken, schwitzfesten Shirts und rutschfesten Trekking-Sandalen achtet die Kundschaft eben nicht primär auf den Style-Faktor, sondern auf den funktionalen Nutzwert. Das sieht man dem einen oder anderen Teil auch an, weshalb die VF-Kernmarken wohl niemals einen Hype erleben wie einst Abercrombie & Fitch oder Michael Kors – gleichzeitig dürften sie auch nicht dermaßen dramatisch abstürzen.
Dividende seit 1973 kontinuierlich erhöht
Die Ausschüttungs-Historie ist ein Spiegelbild dieser Positionierung. Seit 1973 hat die nach der 2007 abgestoßenen Damenunterwäsche-Linie Vanity Fair benannte Firma ihre Dividende Jahr für Jahr erhöht. Die über drei Jahre geglättete Payout-Quote bewegt sich mit 49,1% fast genau in der Mitte unseres Zielkorridors und lässt genügend Spielraum, um notfalls auch zwei oder drei maue Jahre ohne Kürzung durchzustehen. Konjunkturresistent ist das Geschäft nämlich nicht, dafür ist die Funktionskleidung schlichtweg zu teuer.
Respekt verdient auch die Dividenden-Dynamik. Im Schnitt der letzten fünf Jahre konnte das im DividendenAdel Nordamerika auf Rang 34 platzierte Unternehmen seine Ausschüttung mit einer Jahresrate von 18% steigern. Dieses Tempo wird sich unserer Meinung nach nicht halten lassen. Aber selbst wenn die Wachstumsrate wieder auf das langfristige Mittel von 10% p.a. sinkt, würde das reichen, damit die Dividende sich binnen sieben Jahren verdoppeln kann – und zwar ausgehend von einer aktuell bei 3,5% liegenden Rendite.
Risikofaktor Trump könnte für Ausschläge sorgen
Wer noch keinen textilen DividendenAdel (etwa Inditex oder Nike ) im Portfolio hat, kann deshalb bei Kursen um 50 US-Dollar zugreifen – im vollen Bewusstsein, dass die in Deutschland nach 15.30 Uhr recht fair quotierte Aktie momentan an der Börse nicht „en vogue“ ist und durchaus noch weiter abrutschen kann. Größtes Risiko ist dabei die von Präsident Trump in den Raum gezwitscherte Steuer auf außerhalb der USA hergestellte Waren, schließlich lässt auch VF in Billiglohnländern fertigen. Dass eine Border Tax auf Textilien eingeführt wird, halten wir zwar für unwahrscheinlich. Bereits die fortschreitende Diskussion darüber könnte kurzfristig indes immensen Gegenwind für die Outdoor-Aktie bedeuten und dann sollte man noch Kapital in der Hinterhand haben.
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