21.03.2016, 7501 Zeichen
Wenn man den Werbespots um das Thema "Trading“, dem Handeln von Wertpapieren, Glauben schenkt, könnte man meinen es gehört zu den einfachsten Dingen der Welt, mit der Spekulation auf Aktienindizes oder Währungspaaren Geld zu machen.
Ein Klick hier am Laptop, ein Klick da am Mobiltelefon und schon kann man von überall aus rund um die Uhr Gewinne erzielen. Doch kann es so einfach sein?
Der Einstieg in die große Welt des Tradings ist heutzutage so einfach wie nie zuvor. Konten sind innerhalb weniger Minuten eröffnet und schon kann es los gehen. Die Plattformen sind so einfach strukturiert und bedienungsfreundlich, dass sie sogar ein Kleinkind bedienen könnte. Um die Sache abzurunden, bieten die Trading Plattformen auch gleich kostenlose Einstiegskurse mit einfachen Strategien, die Gewinne bringen sollen.
Doch Achtung, auch hier ist nur eine riesige Werbemaschinerie dahinter, dir das Geld aus der Tasche zu ziehen. Das Thema Trading ist eines der komplexesten Themen, die man sich vorstellen kann. Man benötigt viel Erfahrung und Durchhaltevermögen, um vielleicht irgendwann dauerhaft Gewinne zu erzielen – und selbst nach Jahren ist dies nicht gewiss.
Doch jetzt mal der Reihe nach. Bevor man sich ausmalt, wie viel Gewinn man mit dem Trading erzielen könnte, sollte man sich eines fragen …
Wie hoch ist das Risiko?
Bei der Geldanlage kann man sich die Chance auf potenzielle Gewinne immer nur mit Risiko erkaufen. Ganz allgemein lässt sich sagen: umso höher die potenziellen Gewinne, umso höher das Risiko.
Bei den meisten aggressiv beworbenen Trading Plattformen handelt man so genannte CFDs. Dieses Kürzel steht für "Contract for Difference". Einfach gesagt, erwirbt man mit diesem virtuellen Produkt das Recht, ein bestimmtes Produkt zum aktuellen Preis zu kaufen und zu einem späteren Zeitpunkt, zum dann aktuellen Preis zu verkaufen. Die Differenz zwischen diesen Preisen ist dann der Gewinn oder der Verlust. Die Trading Plattformen bieten CFDs zum Beispiel auf den deutschen Aktienindex "DAX" oder auf das Währungspaar Euro/US-Dollar an. Der Produktvielfalt ist aber keine Grenze gesetzt.
Eröffnet man bei einem solchen Anbieter ein Konto, bestätigt man, dass man sich der Risiken bewusst ist und den möglichen finanziellen Schaden tragen kann.
Doch wie hoch ist das Risiko wirklich?
Um das zu zeigen, möchte ich die Beschreibung der Risikoklassen meines BrokersFlatex heranziehen.
- Risikoklasse A
- Konservativ, z.B. Kontoguthaben, Bundesschatzbriefe und Finanzierungsschätze, Renten mit erstklassigem Rating
- Risikoklasse B
- Risikobewusst, z.B. Renten in Euro mit gutem bis sehr gutem Rating
- Risikoklasse C
- Ertragsorientiert, z.B. Renten mit mittlerem Rating
- Risikoklasse D
- Spekulativ, z.B. Renten in Euro mit schwachem bis mäßigem Rating; ausländische Aktien, die zu den gängigen Aktienindizes zählen, und inländische Aktien, die nicht zu einem gängigen Aktienindizes zählen
- Risikoklasse E
- Hochspekulativ, z.B. ausländische Aktien-Nebenwerte, stark risikobehaftete Anleihen, Optionsscheine, Futures und Optionen, CFDs (Contract for Difference)*, Devisentermingeschäfte
Diese Risikoklassen besagen nicht, dass Risikogruppe A sicher ist und Risikoklasse E nicht, sondern nur, dass man in Gruppe A mit den geringsten Wertschwankungen rechnen kann und in Gruppe E mit den höchsten.
Wo finden wir die besagten CFDs?
Ganz richtig, in der höchsten Risikoklasse E.
Man kann jetzt nicht per se sagen, dass die Produkte in der höchsten Risikostufe schlecht sind. Sie erfordern aber die höchste Erfahrung, um diese effektiv zu nutzen. Bevor man überlegt, ob man bei einer dieser Trading Plattformen ein Konto eröffnen möchte, sollte man sich klar machen, über wie viel Erfahrung man im Wertpapierhandel verfügt. Die Risikoklasse E ist nichts für Unerfahrene. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass man erst dann in den höchsten Risikoklassen handeln sollte, wenn man über genügend Wissen und Erfahrung in den niedrigeren Risikoklassen gesammelt hat.
Um das noch zu verdeutlichen, folgender Vergleich:
- Würdest du gegen den Boxer Wladimir Klitschko in den Ring steigen, obwohl du noch nie Boxhandschuhe getragen hast?
- Würdest du ein Kind auf eine Elite-Uni schicken, obwohl es erst im Kindergarten ist?
Die Antwort auf beide Fragen ist denkbar einfach: nein. Unser Hausverstand sagt uns, dass beides nicht sehr sinnvoll wäre. Wenn wir aber tolle Werbungen sehen, die uns Reichtum und Freiheit versprechen, schalten wir unseren Hausverstand gerne aus.
Diese Trading Plattformen scheffeln Geld ohne Ende, weil Sie Träume verkaufen. Ihnen ist egal, ob du damit Erfolg hast oder ob du scheiterst. Sie verdienen an deinem Umsatz und an Zinsen, welche oft bei über Nacht gehaltenen Positionen anfallen.
Ist Trading etwas für mich?
Diese Frage muss man sich letztendlich natürlich selbst beantworten. Man sollte sich aber bewusst machen, dass Trading nichts ist, was man von heute auf morgen lernt. Man kann es mit einem Handwerk vergleichen. Man muss über Jahre Erfahrung sammeln, sich weiterbilden und eine Strategie entwickeln, welche zur eigenen Persönlichkeit passt. Dieser Weg ist oft nicht einfach. Man muss bereit sein, Geld und vor allem Zeit einzusetzen, bevor man Erfolge erzielen kann. Mit Geld meine ich jetzt nicht nur das Geld für den Handel, sondern auch Kosten für Bücher und Seminare, die man benötigt um sich das notwendige Wissen anzueignen.
Hüte dich vor Geschichten im Internet und Seminaren, welche dir das schnelle Geld mit Trading versprechen. Das ist Schwachsinn.
Fazit
Da ich mich selbst schon mein halbes Leben lang mit dem Thema Geldanlage beschäftige, finde ich es natürlich großartig, wenn sich auch andere dafür interessieren. Es ist aber wichtig mit den richtigen Dingen zu starten und seine Erwartungen, gerade zu Beginn, nicht zu hoch zu schrauben. Wenn deine einzigen Geldanlagen bisher das Tagesgeldkonto und vielleicht ein Fond bei deiner Bank sind, ist das Trading mit CFDs wahrscheinlich nichts für dich. Zumindest nicht, bevor ein gewisses Basiswissen aufgebaut ist und du wirklich weißt was du tust.
Bei CFDs können durch Hebelwirkung mit kleinen Geldbeträgen große Summen bewegt werden. Die Verluste können durch große Bewegungen an den Märkten auch die anfänglichen Einlagen überschreiten. So kann es passieren, dass man sein Geld am Konto los ist und sogar noch mehr nachzahlen muss, um das Minus auszugleichen. Es gibt Fälle bei denen Personen Privatkonkurs anmelden mussten, da sie das Risiko unterschätzt haben und plötzlich 5-stellige Schulden hatten.
Gehe nicht mit den falschen Hoffnungen und Erwartungen an das Thema Trading heran. Möchtest du dich in das Thema einlesen, kann ich das Buch Das große Buch der Markttechnik, von Michael Voigt empfehlen. Hier wird sehr viel Basiswissen vermittelt, welches man haben sollte. Ein gutes Einstiegsbuch direkt zum CFD Trading ist hingegenCFD-Trading simplified, von Daniel Schütz.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass Trading nicht unbedingt zum Thema Geldanlage gehört. Aktives Trading ist der Versuch, mit einer bestimmten Strategie aus verschiedenen Marktlagen Gewinne zu erzielen. Für den Großteil der Menschen ist dies wahrscheinlich nichts. Worum sich aber jeder Gedanken machen sollte, ist eine Wertpapieranlage, um langfristig ein Vermögen aufzubauen, sei es für eine größere zukünftige Anschaffung oder für die Rente. Hierfür gibt es einfache Herangehensweisen, welche nichts mit dem kurzfristigen Trading zu tun haben. Doch dazu ein anderes Mal mehr.
Im Original hier erschienen: Geldfalle Nr. 2:"Schnelle Gewinne durch Online Trading"
kapitalmarkt-stimme.at daily voice 27/365: Die Gerüchteküche bezüglich der Wertpapier-KESt macht Sorgen
Bildnachweis
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