01.12.2015, 8171 Zeichen
Der österreichische „Gourmetkonzern“ Do&Co AG, der auf zahllosen Flügen und Events weltweit schon den Gaumen von so manchem verwöhnt hat, veröffentlichte in den letzten Wochen einige äußerst bemerkenswerte Vorgänge. Diese möchte ich im Zuge des Fokus` auf österreichische Unternehmen auch im Bargain Magazine beleuchten.
Interpretation der IFRS durch Do&Co
Mitte November wurden die Zahlen zum Halbjahr des laufenden Wirtschaftsjahres 2015/16 publiziert. Im Anhang findet sich unter anderem folgendes Statement:
„DO & CO hat mit Wirkung zum 30. November 2013 100 % der Anteile der Oleander Group AG mit Sitz in Baar/Schweiz erworben und bislang aus Wesentlichkeitsgründen nicht konsolidiert.„
Zum damaligen Zeitpunkt habe der Kaufpreis übrigens 7,2 Mio. Euro betragen, wie später im Halbjahresfinanzbericht noch erklärt wird. Das war im damaligen Wirtschaftsjahr 2013/14 gut ein Viertel des Konzernjahresergebnisses. Auf Anfrage beim Unternehmen wurde mir mitgeteilt, dass diese Vorgangsweise in entsprechender Interpretation des für die IFRS geltenden Wesentlichkeitsgrundsatzes (konkret in IAS 8.8 niedergelegt) gewählt wurde. Über die Akquise wurde in vorherigen Geschäftsberichten konkret gar nichts geschrieben. Lediglich ein Blick auf die Liste der Beteiligungsgesellschaften der Do&Co AG offenbart, dass es einige Gesellschaften im Eigentum des Konzerns gibt, die nicht in den Abschluss einbezogen werden. Außerdem wird in den Anhangsangaben (konkret unter den Beziehungen zu nahestehenden Personen und Unternehmen) allgemein darauf hingewiesen, dass Geschäftsbeziehungen mit nicht konsolidierten Tochterunternehmen in bestimmtem Ausmaß unterhalten werden.
Was heißt das nun vereinfacht gesagt? Man kaufe ein Unternehmen um einen Preis, der immerhin ein Viertel des Jahresgewinnes ausmacht, berichte zwei Jahre lang (!) überhaupt nicht darüber und beziehe dieses auch nicht in den Konzernabschluss ein. Ich weiß, dass juristische Definitionen, so auch die IAS/IFRS in verschiedene Richtungen auslegbar sind. Aus diesem Grund möchte ich auch überhaupt nicht darauf eingehen, ob dieses Vorgehen formaljuristisch korrekt sein kann oder nicht. Ich finde einfach die Signalwirkung der konkret gewählten Auslegung bedenklich: Durch diese Interpretation des Wesentlichkeitsgrundsatzes der Rechnungslegungsvorschriften wird die Beantwortung der Frage, was wesentlich sei und was nicht, absichtlich völlig in die Hand des Managements gelegt. Jene Töchter, die wesentlich sind, werden einbezogen, jene, die es nicht sind, werden nicht einbezogen. Ob und wie der Wesentlichkeitsbegriff erfüllt ist bzw. erfüllt werden kann, entscheidet ausschließlich der Insider.
Oberste Maxime der Rechnungslegungsvorschriften sollte sein, dem außenstehenden Betrachter eine brauchbare Beurteilung der Vorgänge in der Gesellschaft und vor allem auch deren Quantifizierung zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang frage ich mich, ob dieser Maxime noch genüge getan wird, wenn es der Diskretion des Managements obliegt, ob man über eine Transaktion, die immerhin das Viertel eines Jahresgewinnes des Gesamtkonzerns ausmacht, zeitnah berichten will oder nicht. Weiters ist zu überlegen, aus welchen Motiven man sich überhaupt darüber Gedanken macht, ob man eine Tochter einbezieht oder nicht. Für einen international tätigen Konzern mit einer Vielzahl von Tochtergesellschaften kann es jedenfalls keinen nennenswerten Mehraufwand bedeuten, den Abschluss einer weiteren Tochter zu konsolidieren. Wenn Kosten- und Aufwandsüberlegungen keine Rolle spielen, so muss ein anderes Motiv dafür ausschlaggebend sein, genau hier eine andere Vorgangsweise als die übliche zu wählen und obendrein noch den Beratungsaufwand dadurch zu erhöhen. Es wird ja schließlich Geld gekostet haben, sich darüber zu informieren, ob man hier unter Berufung auf den Wesentlichkeitsgrundsatz die Konsolidierung unterlassen kann oder nicht. Allgemein formuliert kann das also nur heißen, dass man dem Publikum etwas nicht mitteilen möchte. Ob die so zurückgehaltene Information eine positive oder negative Implikation in sich trägt, kann der Außenstehende logischerweise erst gar nicht beurteilen. Noch kurioser ist die folgende Einsicht: Nachdem die Rechts- und Beratungskosten üblicherweise von der Gesellschaft getragen werden, bezahlen indirekt die Eigentümer dafür, dass sie weniger Informationen erhalten.
Schlussendlich wirft diese Vorgangsweise simple buchhalterische Fragen auf. Wenn man ein Unternehmen kauft, fließen einerseits Vermögenswerte ab (oder bauen sich zumindest korrespondierende Verbindlichkeiten auf) und treten andererseits neue Vermögenswerte hinzu. Das muss eigentlich unabhängig davon gelten, ob man das erworbene Unternehmen konsolidiert oder nicht. Wenn es nicht konsolidiert wird, fragt man sich logischerweise, wo der Mittelabfluss, so einer stattgefunden hat, dargestellt wird und wo, das heißt in welchem Aktivposten der Anteil an der erworbenen Tochter gezeigt wird. Ich muss offen und ehrlich gestehen, dass ich diese Sache noch nicht kapiert habe. Die diesbezüglich an das Unternehmen übermittelte Rückfragen wurden bisher noch nicht beantwortet.
„Durchreichung“ des Haas-Hauses
Eine weitere Überraschung hatte die Gesellschaft per heutiger ad-hoc-Meldung für die Streubesitzaktionäre parat. So wurde das sogenannte „Haas-Haus“, eine der wertvollsten und bekanntesten Immobilien in der Wiener Innenstadt mit Lage direkt am geschichtsträchtigen Stephansplatz erst voriges Jahr um etwas mehr als 100 Mio. Euro erworben. Diese Immobilie ist einerseits Sitz des noblen Do&Co Hotels und beinhaltet außerdem vermietbare Geschäftsflächen. Heute wurde bekanntgegeben, dass die Immobilie um den selben Preis, der im Vorjahr bezahlt wurde, an den Haupteigentümer der Do&Co AG, nämlich die Stiftung von Gründer und CEO Attila Dogudan weiterverkauft wurde. Kurioserweise hat die Stiftung den Kaufpreis scheinbar durch die Veräußerung von Do&Co-Aktien finanziert.
Ich finde auch dieses Vorgehen bedenklich. Erstens kann ich den strategischen Mehrwert für die AG überhaupt nicht erkennen. Das angeführte Argument, Do&Co hätte jetzt wieder mehr liquide Mittel für Akquisitionen und organisches Wachstum, unterstütze ich nicht. Die Immobilie wurde voriges Jahr schuldenfrei aus dem Cashbestand erworben. Angesichts der Einzigartigkeit und Schuldenfreiheit der Immobilie wäre es für die Gesellschaft ein leichtes gewesen, günstiges Fremdkapital zu bekommen, wenn man es gebraucht hätte. Außerdem hat man einen soliden operativen Cashflow. Obendrein wäre angesichts der momentanen fürstlichen Bewertung der Aktie auch eine Kapitalerhöhung kein Malheur. Das Liquiditätsargument ist meines Erachtens also kein valides. Ganz im Gegenteil: ursprünglich wurde durch den Erwerb der Immobilie das Risikoprofil des Konzerns deutlich verbessert. Das Geschäftsmodell von Do&Co weist einige wirklich gute Differenzierungsmerkmale auf, aber auch signifikante Schwächen. Knapp ein Drittel des Umsatzes wird in der Türkei bzw. mit türkischen Gesellschaften generiert. Hieraus resultieren umfangreiche politische und währungsbezogene Risiken. Außerdem ist man umsatzseitig zu zwei Drittel vom Airline Catering abhängig, einem kompetitiven Markt mit teilweise sehr dominanten Kunden. All diese Risiken könnte man deutlich abschwächen, wenn man seine Innenfinanzierungskraft mit solch einzigartigen Assets wie dem Haas-Haus unterstützt. Leider wird dieser Vorteil dem Unternehmen nun wieder genommen.
Disclaimer: Diese Ausführungen stellen lediglich meine persönliche Meinung dar, die ausschließlich auf den publizierten bzw. von der Investor Relations Abteilung zur Verfügung gestellten Informationen beruht. Ich will sie keinesfalls als Empfehlung im Hinblick auf den Kauf, das Halten oder den Verkauf von Aktien der Do&Co AG oder sonstiger mit ihr zusammenhängenden Wertpapiere und/oder Derivate verstanden wissen. Insbesondere wird keine Gewähr dafür übernommen, dass die hier geäußerte Interpretation der veröffentlichten Informationen juristisch haltbar ist. Macht also (wie hoffentlich immer) Eure eigenen Hausaufgaben und verlasst Euch keinesfalls auf meine Meinung!
The post Kritisches zur Do&Co AG appeared first on Bargain Magazine.
SportWoche Podcast #117: Floorball, vorgestellt von FBC Dragons Gründer Harry Steinbichler
DO&CO
Uhrzeit: 10:33:31
Veränderung zu letztem SK: -0.24%
Letzter SK: 167.40 ( 0.48%)
Bildnachweis
1.
Do&Co
>> Öffnen auf photaq.com
Aktien auf dem Radar:Amag, Agrana, RHI Magnesita, Austriacard Holdings AG, Flughafen Wien, Addiko Bank, Rosgix, ATX, ATX Prime, ATX TR, Wienerberger, Bawag, AT&S, Österreichische Post, Palfinger, Semperit, Cleen Energy, Pierer Mobility, UBM, Wiener Privatbank, Oberbank AG Stamm, CA Immo, Erste Group, EVN, Immofinanz, Telekom Austria, Uniqa, VIG, Symrise, Siemens Healthineers, BMW.
Random Partner
iMaps Capital
iMaps Capital ist ein Wertpapier- und Investmentunternehmen mit Schwerpunkt auf aktiv verwaltete Exchange Traded Instruments (ETI). iMaps, mit Sitz auf Malta und Cayman Islands, positioniert sich als Private Label Anbieter und fungiert als Service Provider für Asset Manager und Privatbanken, welche ETIs zur raschen und kosteneffizienten Emission eines börsegehandelten Investment Produktes nutzen wollen.
>> Besuchen Sie 68 weitere Partner auf boerse-social.com/partner
Latest Blogs
» SportWoche Podcast #117: Floorball, vorgestellt von FBC Dragons Gründer ...
» Österreich-Depots: Pierer Mobility nach Neumeister-News weiter aufgestoc...
» Börsegeschichte. 12.7.: Addiko Bank, voestalpine (Börse Geschichte) (Bör...
» Reingehört bei Agrana (boersen radio.at)
» PIR-News: News zu Pierer Mobility, S Immo, Research zu VIG und Flughafen...
» Nachlese: Radatz, Raffaela Ortner, Rheinmetall-Schock (Christian Drastil)
» Wiener Börse Party #692: Gottfried Neumeister Kurstrigger für Pierer Mob...
» Wiener Börse zu Mittag schwächer: Pierer Mobility, Polytec und VIG gesuc...
» Börsenradio Live-Blick 12/7: DAX unentschlossen, Rheinmetall-Schock sit...
» Börse-Inputs auf Spotify zu u.a. MSCI, VW, AMD, Radatz, Raffaela Ortner
Useletter
Die Useletter "Morning Xpresso" und "Evening Xtrakt" heben sich deutlich von den gängigen Newslettern ab.
Beispiele ansehen bzw. kostenfrei anmelden. Wichtige Börse-Infos garantiert.
Newsletter abonnieren
Runplugged
Infos über neue Financial Literacy Audio Files für die Runplugged App
(kostenfrei downloaden über http://runplugged.com/spreadit)
per Newsletter erhalten
AT0000A3AWL5 | |
AT0000A3CT72 | |
AT0000A37NX2 |
- wikifolio Champion per ..: Richard Dobetsberger m...
- SportWoche Podcast #117: Floorball, vorgestellt v...
- Wie Noratis, Suess Microtec, Wells Fargo, 3D Syst...
- Wie Ahlers, WCM Beteiligungs- und Grundbesitz-AG,...
- Wie IBM, Home Depot, UnitedHealth, JP Morgan Chas...
- Wie Siemens, MTU Aero Engines, HeidelbergCement, ...
Featured Partner Video
Börsenradio Live-Blick, Fr.12.7.24: DAX unentschlossen, Rheinmetall-Schock sitzt, Siemens Energy korrigiert, Pierer Mobility Coup
Christian Drastil mit dem Live-Blick aus dem Studio des Börsenradio-Partners audio-cd.at in Wien wieder intraday mit Kurslisten, Statistiken und News aus Frankfurt und Wien. Es ist der Podcast, der...
Books josefchladek.com
Eron Rauch
Heartland
2023
Self published
Ros Boisier
Inside
2024
Muga / Ediciones Posibles
Dominic Turner
False friends
2023
Self published
Stefania Rössl & Massimo Sordi (eds.)
Index Naturae
2023
Skinnerboox