17.09.2015, 3688 Zeichen
Benjamin Graham beschreibt in Kapitel 5 seines Werkes „The Intelligent Investor“ einige einfache Regeln für die Zusammensetzung eines Aktienportfolios, wenn man sich selbst als defensiver Investor sieht. In diese Kategorie fällt man, wenn man aus zeitlichen oder anderen Gründen nicht gewillt oder in der Lage ist, substantielle Mengen an Zeit in den Aktienauswahl- und Analyseprozess zu stecken. Mit den Regeln, die Graham aufgestellt hat, gelingt es mit sehr moderatem Zeitaufwand, ein Portfolio zu strukturieren und zu warten, das im Laufe der Zeit eine zufriedenstellende Rendite abwerfen wird, ohne dass große Teile des Vermögens einem endgültigen Ausfallsrisiko unterliegen.
Sehr viele Leser des Bargain Magazine sind zwar der Überzeugung, dass eine ordentliche Aktienkomponente zum langfristigen Vermögensaufbau geeignet ist, scheuen den finalen Schritt zum Aktienkauf aber aus verschiedenen Gründen, beispielsweise wegen dem zuvor angesprochenen befürchteten Zeitaufwand. Um diesen Personen Anregungen für interessante Unternehmen geben zu können, wird es im Bargain Magazine in Zukunft eine neue Rubrik mit dem Titel „Grahams Ecke“ geben, in der in regelmäßigen Abständen von ein bis zwei Wochen Aktiengesellschaften vorgestellt werden, welche Ben Grahams Kriterien zur Aktienauswahl für den defensiven Investor erfüllen. In diesem Artikel werden zum Einstieg diese Kriterien vorgestellt und kurz erläutert:
- Grundsätzlich empfiehlt Graham, sein langfristiges Investmentkapital in eine Komponente für Anleihen und in eine Komponente für Aktien zu splitten. Er meint weiters, dass man entweder die Quote statisch bei 50% Aktien und 50% Anleihen halten könne oder je nach Einschätzung der gesamten Marktlage die Komponenten zwischen 25% und 75% variieren solle. Auf keinen Fall dürfe allerdings eine der beiden Komponenten diesen Rahmen verlassen. Für Zertifikate und ähnlichen Hokuspokus findet sich hier (sinnvollerweise) kein Platz.
- In Bezug auf die Diversifikation, das heißt die Streuung der Titel hält Graham eine Aufteilung der Aktienkomponente auf zehn bis dreißig unterschiedliche Aktiengesellschaften für sinnvoll.
- Jedes Unternehmen solle „groß, bedeutend und konservativ finanziert“ sein. Unter einer ausreichenden Größe verstand Graham zu Beginn der 70er Jahre eine Bilanzsumme von 50 Millionen oder eine Umsatzgröße von mindestens 50 Millionen pro Jahr. Meines Erachtens kann man diese Größenordnungen in heutiger Zeit getrost durch je eine halbe Milliarde ersetzen. Hinsichtlich der Bekanntheit bzw. Bedeutsamkeit möchte er die Gesellschaft zumindest im ersten Viertel der Branche positioniert wissen. In Bezug auf die Finanzierung verlangt Graham eine Eigenkapitalquote von 50% bei einem Industrieunternehmen.
- Die Gesellschaft soll eine lange Historie an Dividendenzahlungen aufweisen. Graham setzt hier den restriktiven Maßstab von mindestens 20 Jahren.
- Er gibt auch ein grobes Preislimit für den Einkauf vor: man solle nicht mehr bezahlen als das 25-fache des durchschnittlichen Gewinne des Unternehmens über die letzten 7 Jahre und auch nicht mehr als das 20-fache der letztjährigen Gewinne.
Ein Portfolio, das nach und nach unter strikter Einhaltung dieser Kriterien aufgebaut wird, hat meines Erachtens größte Chancen, einen zufriedenstellenden Ertrag von deutlich mehr als den momentan am Markt verfügbaren Zinsen unter gleichzeitiger Minimierung des Gesamtverlustrisikos (wenngleich nicht der Schwankungen, die einen aber nicht berühren sollten) zu erreichen. Und es erfordert nicht so wahnsinnig viel Zeit.
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Börsepeople im Podcast S15/17: Dominik Lindner
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