02.09.2015, 6358 Zeichen
Der Artikel "Die Österreicher und ihre eingeimpfte Aktienwut" war mein meistgelesener Fachheft-Artikel 2014. Nicht nur deswegen finde ich es super, dass die Kollegen von der "DerBörsianer" ein hochkarätiges Podium zusammengestellt haben. Hingewiesen wurde auf die Missstände am österreichischen Kapitalmarkt. Da kann nicht genug aufgerüttelt werden. Steter Tropfen höhlt den Stein. Die Politik foult ja das Volksvermögen ...
"NUR EIN GESUNDER STANDORT SORGT FÜR WOHLSTAND IN ÖSTERREICH
- Bürokratie und Belastungen bewerten und korrigieren
- Arbeitszeitflexibilisierung und Senkung der Lohnnebenkosten durchführen
- Lieber Reichtum als Armut in Österreich verteilen
- Kapitalmarkt in Österreich beleben und Wertpapiere nicht verteufeln
Wien, 02.09.2015 – Ein handlungsfähiger Wirtschafts- und Finanzstandort generiert laut Studien der Wirtschaftswissenschaft Einkommen, Beschäftigung und Wohlstand für die Menschen in Österreich. Seit 2008 wurden von der Bundesregierung mehr als 20 Maßnahmen (siehe Anhang) beschlossen, die für Unternehmen zusätzliche Belastungen beinhalten und somit den Interessen aller Menschen in diesem Land entgegenwirken. Aus diesem Anlass geben, auf Initiative des Fachmediums „DerBörsianer“, Unternehmer und Topkapitalmarktvertreter erstmals gemeinsam Anregungen zur Förderung des Standorts Österreich und erklären die Auswirkungen der Belastungen in der Praxis.
Karl Sevelda, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Bank International AG (RBI), spricht mahnende Worte in Richtung Regierung: „Österreich benötigt dringend nachhaltige Wachstumsimpulse, wenn es seine sozialen Errungenschaften bewahren möchte. Dazu benötigen wir ein investitionsfreundliches Klima und eine Bildungsoffensive.“ Auch die Erhöhung der Kapitalertrags- und Kursgewinnsteuer (Kest) von 25 auf 27,5 Prozent ist in seinen Augen „ein weiteres negatives Signal des Standorts Österreich“. Sehr betroffen zeigt sich Sevelda von der hohen Last der österreichischen Bankenabgabe. Im vergangenen Jahr betrug diese für die RBI 90 Millionen Euro. „Dies ist im internationalen Vergleich viel zu hoch und entzieht den Banken Substanz, wodurch Eigenkapitalaufbau und Kreditvergabe erschwert werden. Sie muss deshalb dringend abgeschafft werden. Die Kreditinstitute sollen wieder die Wirtschaft finanzieren können.“
In die gleiche Kerbe schlägt Bernhard Ramsauer, Vorstandsvorsitzender Semper Constantia Privatbank AG, der sich mit der Überregulierung im österreichischen Bankensektor nicht glücklich zeigt: „In einzelnen Bereichen werden die Vorgaben der EU seitens der österreichischen Gesetzgebung extensiv interpretiert.“ In seiner Funktion als Private Banker muss sich Ramsauer auch mit dem Thema „Reichen-Bashing“ befassen. „Der Ansatz, sich nur auf die Reichen zu konzentrieren, um eine Lösung für die Finanznöte des Staates zu finden, geht meiner Meinung nach in die falsche Richtung. Eine generelle Kampagnisierung gegen ‚die Reichen‘ kann vielmehr zu einer Abwanderung von Stiftungen oder Unternehmen und damit zu einer massiven Schwächung des Standorts führen.“
Ähnliches berichtet auch der Industrielle und Investor Norbert Zimmermann, Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG und Berndorf AG. „Menschen mit niedrigen Einkommen wird eingeredet, dass ihre Lage verbessert wird, wenn die Reichen mehr Steuern zahlen.“ Doch „die Idee, die Reichen ärmer und die Armen dadurch reicher zu machen, ist ein folgeschwerer Trugschluss“. Es gehe laut Zimmermann in einer modernen Gesellschaft vielmehr darum, wachsenden Reichtum gerechter zu verteilen: „Das funktioniert nicht durch Steuern und Neiddebatten, sondern durch Einbindung aller Mitarbeiter bei der Vermögensbildung in Unternehmen.“ Zimmermann fordert einen Stopp in der Steuerdebatte, eine Korrektur der vom Gesetzgeber gesetzten kapitalmarktfeindlichen Maßnahmen und ein Ende der ständigen Bedrohung von Organen börsennotierter Unternehmen mit strafrechtlichen Konsequenzen. Aus seiner Sicht ist es „hoffentlich noch fünf vor zwölf, um das Ruder in der Standortqualität herumzureißen“.
Das hohe Maß an Bürokratie ist auch Stefan Pierer, Vorstandsvorsitzender Cross Industries AG, ein Dorn im Auge: „Es ist unglaublich, welche Aufwendungen Unternehmen haben, etwa bei Baugesetzen, Gewerberecht und Arbeitszeitregelung. Für ein kleines Unternehmen ist das fast schon nicht mehr machbar.“ Pierer fordert neben einer Senkung der Lohnnebenkosten auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten: „Arbeitnehmern und Arbeitgebern sollte es möglich sein, die gesetzliche Wochenarbeitszeit im Einvernehmen frei einzuteilen. Ein funktionierender Heimatkapitalmarkt ist für die österreichischen Unternehmen wichtig und ein essenzieller Bestandteil einer funktionierenden Volkswirtschaft. Diese Tatsache muss in der Politik als auch in der Bevölkerung erkannt werden.“
Karl-Heinz Strauss, CEO der PORR AG dazu: „Auch wenn Österreichs Wirtschaft im internationalen Vergleich gut da steht, dürfen wir uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Ich plädiere vor allem für eine Steigerung der Selbstverantwortung, denn die Menschen sollen nicht zu bloßen Empfängern von Sozialtransfers „verkommen“, sondern müssen die Möglichkeiten haben, aktiv an der Gestaltung der Wirtschaft und damit ihres Lebensumfelds mitzuwirken. Bereits in der Schule sollte daher das Verständnis junger Menschen für wirtschaftliche Zusammenhänge geweckt werden. Als Unternehmer ist mir die Möglichkeit von Mitarbeiterbeteiligungen ebenso ein großes Anliegen wie private Finanzierungsmodelle für öffentliche Projekte vor allem in den Bereichen Infrastruktur, Bildung und Healthcare. Last but not least dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass Finanz- und Realwirtschaft in engster Wechselbeziehung stehen. Wenn die Politik die Rahmenbedingungen für ein Bekenntnis von Unternehmen zum Kapitalmarkt verbessert, stärkt sie auch den Standort Österreich.“
Die fünf Unternehmensführer fordern von den poltischen Entscheidern, dass mit demselben Mut, mit dem Reformen gesetzt werden, auch bestehende Gesetze auf ihre Sinnhaftigkeit und Funktion bewertet und allenfalls korrigiert werden. Alle Österreicherinnen und Österreicher sollten die Möglichkeit haben, durch Fleiß, Arbeit und kluge Veranlagung Vermögen aufzubauen. Nur ein gut funktionierender Kapitalmarkt wird langfristig die Wettbewerbsfähigkeit aller Unternehmen und somit den Wohlstand für alle Menschen in unserem Land sichern können."
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