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Binder+Co: Management und Sonstiges (Daniel Koinegg)

01.09.2015, 6189 Zeichen

Der nächste Schritt besteht darin, sich einen Überblick über verschiedene sonstige „weiche“ Faktoren zu verschaffen, die bei der Beurteilung eines Unternehmens durch einen Value Investor eine Rolle spielen. Ich persönlich arbeite hierbei eine erweiterte Checkliste ab, deren Items ich mir in den letzten Jahren aus der Literatur und aus Erfahrung zusammengebastelt habe. In dieser Kategorie „Sonstiges“ schreibe ich mir meistens überhaupt alle Dinge heraus, die mir bei der Lektüre der Unternehmensunterlagen erheblich vorkommen. Das Ergebnis dieses Rechercheteiles bildet den Inhalt dieses Artikels:

Zunächst soll eine Tatsache lobend herausgestrichen werden: Im Wiener Segment „mid market“ in seiner Ausprägung „Dritter Markt“ (hier fällt mir auf, dass ich mal einen Artikel über etwas undurchsichtigen Marktsegmentierungen in Wien schreiben könnte) sind die Berichtserfordernisse der dort notierten Unternehmen nicht besonders hoch. Es ist außerdem nicht erforderlich, dass die Unternehmen sich zum österreichischen Corporate Governance Kodex bekennen. Die Binder+Co AG erfüllt dieses Bekenntnis allerdings freiwillig und liefert für einen derartig iliquiden Nebenwert sehr umfassende Informationen.

Ein wichtiges Thema ist die Vergütungspolitik. Der zweiköpfige Vorstand verdient derzeit zwischen 400 TEUR und 500 TEUR, wobei der variable Anteil der Vergütung an das Vorsteuerergebnis und eine Komponente gekoppelt ist, die sich aus der Höhe des Eigenkapitals ergibt (ohne Näheres auszuführen). Der Höhe nach ist diese Vergütung meiner Meinung nach vertretbar, auch die Aufsichtsratsvergütung von insgesamt ca. 40 TEUR ist im Rahmen. Es existiert außerdem ein Aktienoptionsprogramm, in dessen Rahmen führende Mitarbeiter an der Gesellschaft beteiligt werden. Im Zuge dessen hat der Vorstand auch einige Tausend Aktien erworben.

Ein paar Worte zur Eigentümerstruktur der Gesellschaft: es gab in den fast 25 Jahren nominell doch einige Veränderungen, die für einen Außenstehenden nicht immer vollständig nachvollziehbar sind. Der Mann, der aber seit der Reprivatisierung der Binder+Co für das Unternehmen im Hintergrund die Fäden zu ziehen scheint, ist der österreichische Industrielle Herbert W. Liaunig bzw. in jüngeren Jahren dessen Sohn Alexander. Deren Holding Liaunig Industrieholding AG, hält zwar unmittelbar über die Genera Holding GmbH nur 28% der Anteile, die Binder+Co ist aber laut dem Geschäftsbericht 2014 in den Konzernabschluss der LIAG voll einbezogen. Hier muss ich erst weiter recherchieren, warum das so ist.

Überhaupt ist die Berichterstattung der Gesellschaft nicht immer leicht nachvollziehbar. Im Jahr 2013 waren die Töchter Comec, Bublon und Binder Machinery von der Segmentberichterstattung her noch in das Segment Aufbereitungstechnik einbezogen. Da diese Töchter allesamt Anlaufverluste produzierten (Comec und Binder Machinery tun das noch immer), war das Segment negativ. Es hat aber zumindest eine gesonderte Beurteilung der beiden anderen Segmente Umwelttechnik und Verpackungstechnik ermöglicht. Prompt wurde im Jahr 2014 die Zuordnung so verändert, dass Comec, Bublon und Binder Machinery zwei Segmenten, nämlich Aufbereitungstechnik und Umwelttechnik zugeordnet werden – je nach erbrachter Umsatzleistung.

Ein anderes Thema sind die von mir bereits angesprochenen Entwicklungskosten. Deren Abschreibungsdauer wurde von 2013 auf 2014 von einheitlichen 5 Jahren auf 5 bis 10 Jahre verlängert. Da muss man schon wirklich genau hinschauen, um auf so etwas zu kommen. Ebenfalls wurden in 2013 noch zwei verschiedene Verfahren zur Vorratsbewertung angewendet, nämlich FIFO und das gleitende Durchschnittspreisverfahren. Seit 2014 wird nur mehr FIFO angewendet. Dass von 2013 auf 2014 der Abschlussprüfer gewechselt wurde, passt hier irgendwie schon ins Bild.

Ein weiteres bemerkenswertes Element ist die Art und Weise, wie die Gesellschaft ihren Aktionären ihre Rentabilität berichtet. Diese wird als ROE(EBIT) gemessen, wird als Eigenkapitalrentabilität ausgewiesen und tatsächlich so errechnet, dass das EBIT des Jahres durch den Eigenkapitalstand des Jahres dividiert wird. Diese Berechnung sagt aus, dass sich das Eigenkapital der Aktionäre und Minderheiten mit einem Prozentsatz x verzinst hätte, wenn nicht noch (völlig überraschend) Zinsen und Steuern bezahlt werden müssten. Dass es absolut sinnlos ist, eine Bruttogröße durch eine Nettogröße zu dividieren, sollte aber klar sein.

Eine andere wichtige Maßzahl für die Gesellschaft ist die sogenannte „Innovationsrate“, die in Prozent gemessen wird und aussagt, wie viel Anteil am Jahresumsatz jene Produkte machen, die erst in den letzten drei Jahren entwickelt wurden. 2013 lag diese bei 17,4% und das erklärte Ziel der Gesellschaft war, diese in den kommenden Jahren auf 25% zu steigern. 2014 war diese dann auf 15% abgesunken und das Ziel wurde kleinlaut auf 20% „in den nächsten Jahren“ gekürzt.

Was ist sonst noch aufgefallen?

  • Die Mindestzahlungen aus operativen Leasing- und Mietverträgen belaufen sich insgesamt auf ca. 1,5 MEUR in den nächsten Jahren
  • Im Zusammenhang mit der Tochter Comec-Binder besteht für diese eine Bankgarantie für die Erfüllung einer Mietkaufvereinbarung für das dortige Betriebsgelände in Höhe von ca. 5,5 MEUR
  • Für sonstige Verpflichtungen von Comec und der chinesischen Tochter haftet man ebenfalls mit insgesamt ca. 5,2 MEUR
  • 2013 wurde berichtet, dass im Zuge einer Betriebsprüfung Forschungsprämien in Höhe von 770 TEUR, von denen knapp 2 Drittel ausbezahlt waren, bestritten werden. Rückstellungen wurden dafür noch keine gebildet. 2014 fand sich im Geschäftsbericht keine weitere Information zum Stand dieser Geschichte.
  • Unlängst wurde berichtet, dass die Gesellschaft einen dritten Vorstand bestellt. Ob man den angesichts der Unternehmensgröße wirklich braucht, sei dahin gestellt, aber hier wird man also den Personal- und Versicherungsaufwand in Zukunft noch einmal nach oben korrigieren müssen.

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Verwendete Quellen

Geschäftsberichte des Unternehmens

https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_W._Liaunig

http://www.liag.at/beteiligungen.html

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(01.09.2015)

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    Ein wichtiges Thema ist die Vergütungspolitik. Der zweiköpfige Vorstand verdient derzeit zwischen 400 TEUR und 500 TEUR, wobei der variable Anteil der Vergütung an das Vorsteuerergebnis und eine Komponente gekoppelt ist, die sich aus der Höhe des Eigenkapitals ergibt (ohne Näheres auszuführen). Der Höhe nach ist diese Vergütung meiner Meinung nach vertretbar, auch die Aufsichtsratsvergütung von insgesamt ca. 40 TEUR ist im Rahmen. Es existiert außerdem ein Aktienoptionsprogramm, in dessen Rahmen führende Mitarbeiter an der Gesellschaft beteiligt werden. Im Zuge dessen hat der Vorstand auch einige Tausend Aktien erworben.

    Ein paar Worte zur Eigentümerstruktur der Gesellschaft: es gab in den fast 25 Jahren nominell doch einige Veränderungen, die für einen Außenstehenden nicht immer vollständig nachvollziehbar sind. Der Mann, der aber seit der Reprivatisierung der Binder+Co für das Unternehmen im Hintergrund die Fäden zu ziehen scheint, ist der österreichische Industrielle Herbert W. Liaunig bzw. in jüngeren Jahren dessen Sohn Alexander. Deren Holding Liaunig Industrieholding AG, hält zwar unmittelbar über die Genera Holding GmbH nur 28% der Anteile, die Binder+Co ist aber laut dem Geschäftsbericht 2014 in den Konzernabschluss der LIAG voll einbezogen. Hier muss ich erst weiter recherchieren, warum das so ist.

    Überhaupt ist die Berichterstattung der Gesellschaft nicht immer leicht nachvollziehbar. Im Jahr 2013 waren die Töchter Comec, Bublon und Binder Machinery von der Segmentberichterstattung her noch in das Segment Aufbereitungstechnik einbezogen. Da diese Töchter allesamt Anlaufverluste produzierten (Comec und Binder Machinery tun das noch immer), war das Segment negativ. Es hat aber zumindest eine gesonderte Beurteilung der beiden anderen Segmente Umwelttechnik und Verpackungstechnik ermöglicht. Prompt wurde im Jahr 2014 die Zuordnung so verändert, dass Comec, Bublon und Binder Machinery zwei Segmenten, nämlich Aufbereitungstechnik und Umwelttechnik zugeordnet werden – je nach erbrachter Umsatzleistung.

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    Ein weiteres bemerkenswertes Element ist die Art und Weise, wie die Gesellschaft ihren Aktionären ihre Rentabilität berichtet. Diese wird als ROE(EBIT) gemessen, wird als Eigenkapitalrentabilität ausgewiesen und tatsächlich so errechnet, dass das EBIT des Jahres durch den Eigenkapitalstand des Jahres dividiert wird. Diese Berechnung sagt aus, dass sich das Eigenkapital der Aktionäre und Minderheiten mit einem Prozentsatz x verzinst hätte, wenn nicht noch (völlig überraschend) Zinsen und Steuern bezahlt werden müssten. Dass es absolut sinnlos ist, eine Bruttogröße durch eine Nettogröße zu dividieren, sollte aber klar sein.

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