20 Prozent DAX-Minus bei einem „Grexit“ (Martin Hüfner)
Bild: © shutterstock.com/eigene Bilder, Syriza, Griechenland, Alexis Tsipras, Ververidis Vasilis /
Syriza, Griechenland, Alexis Tsipras, Ververidis Vasilis /
18.02.2015,
5753 Zeichen
Ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro würde an den Finanzmärkten ein größeres Beben auslösen als viele vermuten.
Eine Kapitalflucht aus dem Euro-Raum ist trotzdem nicht sinnvoll. Der „Rest-Euro“ würde vermutlich aufwerten.
Bei Aktien würde es erhebliche Kursverluste geben. Sie wären aber außerhalb von Griechenland nur vorübergehend. Mit Festverzinslichen kann man gewinnen.
Was passiert, wenn es bei dem Gepokere über die Zukunft Griechenlands im Euro doch zu einem „Grexit“ kommt? Keiner will, dass das Land aus dem Euro ausscheidet. Aber keiner kann es ausschließen. Finanzminister Varoufakis hat ausdrücklich gesagt, dass er bei Verhandlungen immer auch ein Scheitern einkalkuliert.
Ein „Grexit“ ist nach wie vor nicht das wahrscheinlichste Szenario. Aber zu 40% sollte man schon damit rechnen. Auf das Wetter übertragen: Bei solch einer Regen-Wahrscheinlichkeit nimmt man besser einen Regenschirm mit. Die englische Regierung hat offiziell verlauten lassen, dass sie sich auf die Folgen eines „Grexits“ vorbereitet. In vielen Unternehmen und Banken liegen die Notfall-Pläne in der Schublade. Auf was muss sich der Anleger einstellen?
Wenn es zu einem „Grexit“ kommt, erwartet der bekannte amerikanische Ökonom Barry Eichengreen in Anlehnung an die fatale Pleite der Investmentbank Lehman Brothers 2008 ein „Lehman zum Quadrat“. Das ist übertrieben. So schlimm kommt es nicht. Griechenland ist ein kleines Land. Es macht weniger als 2% des BIP des Euroraums aus (siehe Graphik).
Aber einen großen Knall wird es schon geben. Finanzmärkte reagieren sensibel auf Unsicherheit. Internationale Investoren schauen sich um, wo das „nächste Griechenland“ im Euroraum sein könnte. Es könnte zu erheblichen Spekulationswellen kommen. Nach der Freigabe des Schweizer Frankens hat man gesehen, dass von regional begrenzten Ereignissen oft mehr Bereiche betroffen sind als ursprünglich vermutet.
Der erste Gedanke, den jeder für einen solchen Fall hat, ist: Da möchte man nicht dabei sein. Das Geld sollte vorher in Sicherheit gebracht werden. Die meisten denken dabei an Fluchtorte wie die Schweiz oder Norwegen, vielleicht auch an Kanada oder Dänemark.
Das ist jedoch falsch. Nur für die Griechen ist es sinnvoll, ihr Geld außer Landes zu bringen, denn die neue Drachme wird sich abwerten. Zudem wird die Regierung in Athen den Kapitalverkehr beschränken.
In allen anderen Ländern des Euroraums macht eine Kapitalflucht keinen Sinn. Zwar verlieren diese Staaten aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Forderungen gegenüber Griechenland. Zudem geht der Nimbus der Unauflöslichkeit des Euro verloren. Beides schwächt die Gemeinschaftswährung. Auf der anderen Seite hat der Euro nach einem „Grexit“ aber ein paar Probleme weniger. Er wird für die internationale Gemeinschaft attraktiver. Das gilt noch mehr, wenn zusammen mit Griechenland auch andere Währung ausscheiden würden, die eher zu den schwächeren zählen (zum Beispiel Zypern).
Insgesamt rechne ich damit, dass sich der Euro bei einem „Grexit“ gegenüber dem Rest der Welt aufwerten würde. Unter diesen Umständen sind Anleger mit ihrem Geld zu Hause besser aufgehoben. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass der Euro bei einem „Grexit“ ganz zerfallen würde, würde der Wechselkurs der neuen Währung Deutschlands (vermutlich wie früher im Verbund mit Österreich) deutlich hochschießen. Kurse von 1,60 gegenüber dem Dollar (verglichen mit den derzeitigen 1,14 Dollar) sind nicht unwahrscheinlich.
Auf den Aktienmärkten würden die Kurse in dem ersten Schock abstürzen. Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 ist der DAX sechs Monate lang fast ununterbrochen gefallen und hat sich insgesamt mehr als halbiert. Mit so etwas muss man jetzt allenfalls in Athen rechnen. Beim deutschen DAX wäre ein Rückschlag in der Größenordnung von vielleicht 20% denkbar. Danach ist aber zu vermuten, dass sich der Markt wieder erholt. Denn die alten Argumente für steigende Aktienkurse – niedrige Zinsen und der Mangel an Alternativen für Dividendenpapiere – gelten weiter. Hinzu kommt, dass sich der Euroraum nach einem Ausscheiden Griechenlands neu ordnen wird. Er wird stabiler. Davon werden internationale Investoren profitieren wollen.
Festverzinsliche sind in der Regel die sicheren Häfen in Krisen. Nach der Pleite von Lehman Brothers ging die Renditen deutscher Bundesanleihen in wenigen Wochen um einen ganzen Prozentpunkt zurück. So stark dürfte die Reaktion nach einem „Grexit“ nicht ausfallen. Denn die Zinsen sind jetzt schon sehr niedrig. Aber ein Rückgang um einen halben Prozentpunkt ist schon denkbar. Anders als bei den Aktien ist nicht zu vermuten, dass sich die Entwicklung dann wieder schnell zurückbildet. In anderen Ländern der Währungsunion, zum Beispiel in Italien und Spanien, werden die Zinsen vermutlich steigen. Die Spreads zu Bundesanleihen gehen nach oben.
Für den Anleger: Die Zeit, als man sagte, dass ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro keine Katastrophe sei, ist vorbei. Ein „Grexit“ würde ein größeres Beben auf den Finanzmärkten auslösen als viele vermuten. Dazu drei Tipps. Erstens: Verlassen Sie nicht das Eurogebiet. Verlagern Sie Ihr Geld aber im Euro in die Regionen, die von einem „Grexit“ profitieren könnten (vermutlich Deutschland). Zweitens: Überlegen Sie, ob Sie einen stärkeren Rückgang der Aktienkurse, auch wenn er vorübergehend ist, aushalten können oder wollen. In jedem Fall ist es klug, vorher ein paar Gewinne aus den letzten Monaten zu realisieren. Drittens: Kaufen Sie Festverzinsliche in Deutschland, auch wenn die Renditen inzwischen schon sehr niedrig sind. Es winken Kursgewinne. Der Zeitpunkt, an dem ein „Grexit“ kommen könnte: vermutlich nicht vor März/April. So lange kann sich Athen noch behelfen.
(Martin Hüfner für direktanlage.at)
(18.02.2015)
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Was passiert, wenn es bei dem Gepokere über die Zukunft Griechenlands im Euro doch zu einem „Grexit“ kommt? Keiner will, dass das Land aus dem Euro ausscheidet. Aber keiner kann es ausschließen. Finanzminister Varoufakis hat ausdrücklich gesagt, dass er bei Verhandlungen immer auch ein Scheitern einkalkuliert.
Ein „Grexit“ ist nach wie vor nicht das wahrscheinlichste Szenario. Aber zu 40% sollte man schon damit rechnen. Auf das Wetter übertragen: Bei solch einer Regen-Wahrscheinlichkeit nimmt man besser einen Regenschirm mit. Die englische Regierung hat offiziell verlauten lassen, dass sie sich auf die Folgen eines „Grexits“ vorbereitet. In vielen Unternehmen und Banken liegen die Notfall-Pläne in der Schublade. Auf was muss sich der Anleger einstellen?
Wenn es zu einem „Grexit“ kommt, erwartet der bekannte amerikanische Ökonom Barry Eichengreen in Anlehnung an die fatale Pleite der Investmentbank Lehman Brothers 2008 ein „Lehman zum Quadrat“. Das ist übertrieben. So schlimm kommt es nicht. Griechenland ist ein kleines Land. Es macht weniger als 2% des BIP des Euroraums aus (siehe Graphik).
Aber einen großen Knall wird es schon geben. Finanzmärkte reagieren sensibel auf Unsicherheit. Internationale Investoren schauen sich um, wo das „nächste Griechenland“ im Euroraum sein könnte. Es könnte zu erheblichen Spekulationswellen kommen. Nach der Freigabe des Schweizer Frankens hat man gesehen, dass von regional begrenzten Ereignissen oft mehr Bereiche betroffen sind als ursprünglich vermutet.
Der erste Gedanke, den jeder für einen solchen Fall hat, ist: Da möchte man nicht dabei sein. Das Geld sollte vorher in Sicherheit gebracht werden. Die meisten denken dabei an Fluchtorte wie die Schweiz oder Norwegen, vielleicht auch an Kanada oder Dänemark.
Das ist jedoch falsch. Nur für die Griechen ist es sinnvoll, ihr Geld außer Landes zu bringen, denn die neue Drachme wird sich abwerten. Zudem wird die Regierung in Athen den Kapitalverkehr beschränken.
In allen anderen Ländern des Euroraums macht eine Kapitalflucht keinen Sinn. Zwar verlieren diese Staaten aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Forderungen gegenüber Griechenland. Zudem geht der Nimbus der Unauflöslichkeit des Euro verloren. Beides schwächt die Gemeinschaftswährung. Auf der anderen Seite hat der Euro nach einem „Grexit“ aber ein paar Probleme weniger. Er wird für die internationale Gemeinschaft attraktiver. Das gilt noch mehr, wenn zusammen mit Griechenland auch andere Währung ausscheiden würden, die eher zu den schwächeren zählen (zum Beispiel Zypern).
Insgesamt rechne ich damit, dass sich der Euro bei einem „Grexit“ gegenüber dem Rest der Welt aufwerten würde. Unter diesen Umständen sind Anleger mit ihrem Geld zu Hause besser aufgehoben. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass der Euro bei einem „Grexit“ ganz zerfallen würde, würde der Wechselkurs der neuen Währung Deutschlands (vermutlich wie früher im Verbund mit Österreich) deutlich hochschießen. Kurse von 1,60 gegenüber dem Dollar (verglichen mit den derzeitigen 1,14 Dollar) sind nicht unwahrscheinlich.
Auf den Aktienmärkten würden die Kurse in dem ersten Schock abstürzen. Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 ist der DAX sechs Monate lang fast ununterbrochen gefallen und hat sich insgesamt mehr als halbiert. Mit so etwas muss man jetzt allenfalls in Athen rechnen. Beim deutschen DAX wäre ein Rückschlag in der Größenordnung von vielleicht 20% denkbar. Danach ist aber zu vermuten, dass sich der Markt wieder erholt. Denn die alten Argumente für steigende Aktienkurse – niedrige Zinsen und der Mangel an Alternativen für Dividendenpapiere – gelten weiter. Hinzu kommt, dass sich der Euroraum nach einem Ausscheiden Griechenlands neu ordnen wird. Er wird stabiler. Davon werden internationale Investoren profitieren wollen.
Festverzinsliche sind in der Regel die sicheren Häfen in Krisen. Nach der Pleite von Lehman Brothers ging die Renditen deutscher Bundesanleihen in wenigen Wochen um einen ganzen Prozentpunkt zurück. So stark dürfte die Reaktion nach einem „Grexit“ nicht ausfallen. Denn die Zinsen sind jetzt schon sehr niedrig. Aber ein Rückgang um einen halben Prozentpunkt ist schon denkbar. Anders als bei den Aktien ist nicht zu vermuten, dass sich die Entwicklung dann wieder schnell zurückbildet. In anderen Ländern der Währungsunion, zum Beispiel in Italien und Spanien, werden die Zinsen vermutlich steigen. Die Spreads zu Bundesanleihen gehen nach oben.
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Ein „Grexit“ ist nach wie vor nicht das wahrscheinlichste Szenario. Aber zu 40% sollte man schon damit rechnen. Auf das Wetter übertragen: Bei solch einer Regen-Wahrscheinlichkeit nimmt man besser einen Regenschirm mit. Die englische Regierung hat offiziell verlauten lassen, dass sie sich auf die Folgen eines „Grexits“ vorbereitet. In vielen Unternehmen und Banken liegen die Notfall-Pläne in der Schublade. Auf was muss sich der Anleger einstellen?
Wenn es zu einem „Grexit“ kommt, erwartet der bekannte amerikanische Ökonom Barry Eichengreen in Anlehnung an die fatale Pleite der Investmentbank Lehman Brothers 2008 ein „Lehman zum Quadrat“. Das ist übertrieben. So schlimm kommt es nicht. Griechenland ist ein kleines Land. Es macht weniger als 2% des BIP des Euroraums aus (siehe Graphik).
Aber einen großen Knall wird es schon geben. Finanzmärkte reagieren sensibel auf Unsicherheit. Internationale Investoren schauen sich um, wo das „nächste Griechenland“ im Euroraum sein könnte. Es könnte zu erheblichen Spekulationswellen kommen. Nach der Freigabe des Schweizer Frankens hat man gesehen, dass von regional begrenzten Ereignissen oft mehr Bereiche betroffen sind als ursprünglich vermutet.
Der erste Gedanke, den jeder für einen solchen Fall hat, ist: Da möchte man nicht dabei sein. Das Geld sollte vorher in Sicherheit gebracht werden. Die meisten denken dabei an Fluchtorte wie die Schweiz oder Norwegen, vielleicht auch an Kanada oder Dänemark.
Das ist jedoch falsch. Nur für die Griechen ist es sinnvoll, ihr Geld außer Landes zu bringen, denn die neue Drachme wird sich abwerten. Zudem wird die Regierung in Athen den Kapitalverkehr beschränken.
In allen anderen Ländern des Euroraums macht eine Kapitalflucht keinen Sinn. Zwar verlieren diese Staaten aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Forderungen gegenüber Griechenland. Zudem geht der Nimbus der Unauflöslichkeit des Euro verloren. Beides schwächt die Gemeinschaftswährung. Auf der anderen Seite hat der Euro nach einem „Grexit“ aber ein paar Probleme weniger. Er wird für die internationale Gemeinschaft attraktiver. Das gilt noch mehr, wenn zusammen mit Griechenland auch andere Währung ausscheiden würden, die eher zu den schwächeren zählen (zum Beispiel Zypern).
Insgesamt rechne ich damit, dass sich der Euro bei einem „Grexit“ gegenüber dem Rest der Welt aufwerten würde. Unter diesen Umständen sind Anleger mit ihrem Geld zu Hause besser aufgehoben. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass der Euro bei einem „Grexit“ ganz zerfallen würde, würde der Wechselkurs der neuen Währung Deutschlands (vermutlich wie früher im Verbund mit Österreich) deutlich hochschießen. Kurse von 1,60 gegenüber dem Dollar (verglichen mit den derzeitigen 1,14 Dollar) sind nicht unwahrscheinlich.
Auf den Aktienmärkten würden die Kurse in dem ersten Schock abstürzen. Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 ist der DAX sechs Monate lang fast ununterbrochen gefallen und hat sich insgesamt mehr als halbiert. Mit so etwas muss man jetzt allenfalls in Athen rechnen. Beim deutschen DAX wäre ein Rückschlag in der Größenordnung von vielleicht 20% denkbar. Danach ist aber zu vermuten, dass sich der Markt wieder erholt. Denn die alten Argumente für steigende Aktienkurse – niedrige Zinsen und der Mangel an Alternativen für Dividendenpapiere – gelten weiter. Hinzu kommt, dass sich der Euroraum nach einem Ausscheiden Griechenlands neu ordnen wird. Er wird stabiler. Davon werden internationale Investoren profitieren wollen.
Festverzinsliche sind in der Regel die sicheren Häfen in Krisen. Nach der Pleite von Lehman Brothers ging die Renditen deutscher Bundesanleihen in wenigen Wochen um einen ganzen Prozentpunkt zurück. So stark dürfte die Reaktion nach einem „Grexit“ nicht ausfallen. Denn die Zinsen sind jetzt schon sehr niedrig. Aber ein Rückgang um einen halben Prozentpunkt ist schon denkbar. Anders als bei den Aktien ist nicht zu vermuten, dass sich die Entwicklung dann wieder schnell zurückbildet. In anderen Ländern der Währungsunion, zum Beispiel in Italien und Spanien, werden die Zinsen vermutlich steigen. Die Spreads zu Bundesanleihen gehen nach oben.
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