09.02.2015, 9329 Zeichen
Die Lage in Griechenland spitzt sich langsam zu: Letzte Woche stufte die Rating-Agentur S&P die Kreditwürdigkeit von Griechenland auf B- herab – das sind mittlerweile 6 Rating-Stufen unter “Investment Grade” – also quasi “Ramsch-Niveau”.
Die EZB hat außerdem angekündigt, keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheit von Banken zu akzeptieren – was natürlich einen zusätzlichen Druck auf diese Anleihen ausübt und es Griechenland schwieriger macht an Geld zu kommen.
Der neue griechische Premierminister Alexis Tsipras pokert währenddessen mit der EU um weitere Finanzspritzen für sein Land, möchte aber die bisherigen Auflagen dafür nicht weiter akzeptieren.
Eine sehr spannende Situation also, die dazu führen könnte, dass Griechenland sich vom Euro verabschiedet und wieder eine eigene Währung einführt – der sogenannte “Grexit” – was für “Greek Exit” steht.
Was würde ein “Grexit” für den Euro und für Griechenland bedeuten?
Griechenland hat etwa 10,8 Mio Einwohner – die EU hat über 500 Millionen Einwohner. Nachdem Griechenland zusätzlich ein für die EU unterdurchschnittliches BIP pro Einwohner hat trägt es zur gesamten Wirtschaftsleistung der EU weniger als 2% bei. Natürlich sind nicht alle EU-Mitglieder auch Mitglieder der Euro-Währungsunion. Dennoch spielt Griechenland auch im Euro-Raum wohl nur eine marginale Rolle.
Würde Griechenland den Euro-Raum also verlassen, würde das mittel bis langfristig wohl eher den Euro stärken. Kurzfristig kann es natürlich zu Überreaktionen des Marktes kommen und der Euro könnte weiter unter Druck geraten.
Aus griechischer Sicht wäre der Ausstieg wahrscheinlich problematischer. Die neue Währung (wieder Drachme?) wäre wahrscheinlich extrem weich und es würde erst recht niemand diesem Land Geld borgen wollen. Importe wären unbezahlbar und die Inflation wäre sehr hoch. Das Land hätte sicher mit noch schwierigeren Verhältnissen zu kämpfen.
Profitieren würden nur exportierende Betriebe die ihre Güter für Fremdwährung (z.B. EUR) im Ausland verkaufen können und billig im Inland produzieren können.
Sollte man jetzt griechische Aktien kaufen?
In Griechenland gibt es etwa 250 Börse-notierte Unternehmen. Das ist immerhin mehr als doppelt soviel wie bei uns in Österreich. (Bei uns gibt es nicht einmal 100)
Der wichtigste Aktienindex Griechenlands, der ASE, verlor im jetzten Jahr (in den letzten 52 Wochen) fast 36% (der ATX verlor in der gleichen Zeit 12% und der S&P 500 konnte 14,4% zulegen)
Griechische Aktien wirken also auf den ersten Blick verlockend.
Index | Land | KGV | KBV | Div. Rendite |
ASE | Griechenland | negativ | 0,66 | 2,13% |
ATX | Österreich | negativ | 0,95 | 2,67% |
DAX | Deutschland | 18,58 | 1,82 | 2,51% |
Stoxx Europe 600 | Europa | 23,68 | 1,96 | 3,49% |
S&P 500 | USA | 18,04 | 2,80 | 1,98% |
In der Tabelle sieht man, dass auch die Bewertung bezüglich KBV (Kurs-Buchwert-Verhältnis) weit abgeschlagen von anderen wichtigen Märkten ist. Sogar der “geprügelte” ATX ist vom KBV her deutlich teurer – ganz zu schweigen vom DAX oder S&P 500.
Leider haben die Unternehmen des ASE insgesamt im letzten Jahr keine Gewinne erwirtschaften können, sodass es keine KGV-Kennzahl gibt. Gleiches gilt für den österreichischen ATX
In den griechischen Aktienmarkt in Form des ASE-Index zu investieren halte ich deshalb für extrem riskant.
Gibt es interessante Einzelunternehmen?
Es ist natürlich auch sehr riskant in der derzeitigen Situation in Einzelunternehmen aus Griechenland zu investieren, aber möglicherweise wird man für dieses Risiko auch belohnt und man bekommt das eine oder andere Unternehmen extrem günstig.
In der folgenden Tabelle habe ich die 40 größten Unternehmen aus dem ASE über die ausreichend Zahlen vorhanden sind miteinander verglichen:
Name | Sparte | Wachstum p.a. 2014 – 2016 | KGV 2014 | KGV 2015 | KGV 2016 | KBV | Div. Rendite | ROC 2014 | ROC 2015 |
Coca-Cola HBC AG | Verbrauchsgüter | 4,62% | 18,75 | 17,90 | 16,37 | 1,85 | 0,00% | 4,02% | 4,20% |
National Bank of Greece SA | Finanzen | 16,73% | 6,21 | 6,42 | 3,90 | 0,34 | 0,00% | 0,52% | 0,50% |
Titan Cement Co SA | Industrie | 62,91% | 66,24 | 27,08 | 15,32 | 1,26 | 0,00% | 0,98% | 2,41% |
FF Group | Konsumgüter | 10,63% | 14,59 | 12,20 | 10,78 | 1,73 | 0,00% | 8,73% | 10,44% |
JUMBO SA | Konsumgüter | 7,31% | 13,08 | 11,70 | 10,58 | 1,85 | 1,76% | 10,46% | 11,69% |
Public Power Corp SA | Versorger | 22,89% | 8,43 | 5,10 | 4,54 | 0,22 | 0,00% | 0,90% | 1,48% |
OPAP SA | Konsumgüter | 11,43% | 15,11 | 13,39 | 10,92 | 2,41 | 2,31% | 11,60% | 13,10% |
Hellenic Telecommunications Organization | Telekom | 8,24% | 13,21 | 11,49 | 10,42 | 1,92 | 0,00% | 3,85% | 4,42% |
Mytilineos Holdings SA | Industrie | 16,06% | 10,93 | 8,01 | 6,99 | 0,76 | 0,00% | 2,37% | 3,23% |
Alpha Bank AE | Finanzen | n/a | -39,70 | 14,50 | 5,89 | 0,49 | 0,00% | -0,14% | 0,39% |
Motor Oil Hellas Corinth Refineries SA | Energie | 24,41% | 12,34 | 8,01 | 6,41 | 1,56 | 2,82% | 2,72% | 4,18% |
Eurobank Ergasias SA | Finanzen | n/a | -2,47 | -24,58 | 5,11 | 0,37 | 0,00% | -1,04% | -0,10% |
Hellenic Exchanges – Athens Stock Exchan | Finanzen | 4,59% | 15,45 | 14,51 | 13,51 | 1,93 | 0,00% | 10,69% | 11,38% |
Grivalia Properties REIC | Finanzen | 4,73% | 14,60 | 13,61 | 12,71 | 0,91 | 1,30% | 5,74% | 6,16% |
Piraeus Bank SA | Finanzen | n/a | -2,79 | 14,85 | 4,82 | 0,49 | 0,00% | -1,44% | 0,27% |
Hellenic Petroleum SA | Energie | n/a | -15,59 | 11,17 | 6,60 | 0,62 | 0,00% | -1,09% | 1,52% |
Ellaktor SA | Verbrauchsgüter | n/a | -105,19 | 13,06 | 8,46 | 0,40 | 0,00% | -0,08% | 0,68% |
Athens Water Supply & Sewage Co SA/The | Versorger | -16,75% | 8,15 | 14,45 | 14,13 | 0,67 | 6,14% | 4,72% | 2,66% |
Metka SA | Industrie | -15,95% | 5,63 | 8,76 | 9,49 | 1,04 | 3,09% | 11,18% | 7,19% |
Aegean Airlines SA | Konsumgüter | 3,08% | 7,71 | 7,43 | 7,04 | 2,34 | 0,00% | 12,55% | 13,02% |
Intralot SA-Integrated Lottery Systems & | Konsumgüter | n/a | -12,99 | -25,95 | -42,08 | 1,02 | 0,00% | -1,66% | -0,83% |
GEK Terna Holding Real Estate Constructi | Finanzen | n/a | -5,82 | 7,63 | 6,44 | 0,43 | 0,00% | -1,18% | 0,90% |
Sarantis SA | Verbrauchsgüter | 13,75% | 16,96 | 12,88 | 11,53 | 1,59 | 0,00% | 6,15% | 8,10% |
LAMDA Development SA | Finanzen | n/a | -16,19 | 17,27 | 17,27 | 0,63 | 0,00% | -1,89% | 1,78% |
Fourlis Holdings SA | Konsumgüter | n/a | -73,99 | 34,64 | 12,55 | 1,07 | 0,00% | -0,53% | 1,13% |
Viohalco SA/NV | Industrie | n/a | -3,10 | -20,61 | -59,54 | 0,36 | 0,00% | -5,05% | -0,76% |
Terna Energy SA | Energie | 77,75% | 44,97 | 13,41 | 8,01 | 0,74 | 0,00% | 0,51% | 1,71% |
Piraeus Port Authority SA | Verbrauchsgüter | 23,31% | 36,69 | 26,68 | 19,57 | 1,71 | 1,02% | 2,07% | 2,85% |
Thessaloniki Port Authority SA | Verbrauchsgüter | 8,51% | 11,76 | 10,08 | 9,20 | 1,79 | 2,86% | 10,95% | 12,77% |
Frigoglass SAIC | Industrie | n/a | -3,65 | -14,40 | 8,09 | 1,95 | 0,00% | -4,08% | -1,04% |
Iaso SA | Verbrauchsgüter | n/a | -21,39 | 21,39 | 8,56 | 0,44 | 0,00% | -0,56% | 0,56% |
Elval – Hellenic Aluminium Industry SA | Rohstoffe | 175,89% | 141,89 | 6,76 | 6,76 | 0,25 | 7,08% | 0,10% | 2,04% |
Autohellas SA | Verbrauchsgüter | 5,15% | 7,15 | 6,58 | 6,15 | 0,64 | 0,00% | 4,07% | 4,43% |
Athens Medical Center SA | Verbrauchsgüter | n/a | -1,78 | 34,69 | 69,39 | 0,72 | 0,00% | -9,53% | 0,49% |
Thessaloniki Water Supply & Sewage Co SA | Versorger | 4,07% | 5,93 | 5,00 | 5,26 | 0,74 | 4,14% | 9,24% | 10,96% |
Die Zahlen aus dieser Tabelle basieren alle auf Bloomberg, so auch die Schätzungen für den Gewinn von 2014 – 2016 sowie die daraus resultierenden Wachstumszahlen und KGVs. Natürlich sind alle Zahlen für 2015 und 2016 nur Schätzungen und können gegebenenfalls stark abweichen.
Bereits auf den ersten Blick sieht man erhebliche Unterschiede in der Ertragskraft der einzelnen Index-Mitglieder.
Die wichtigste Ertragskennzahl – die Gesamtkapitalrendite, auf englisch Return on Capital oder kurz ROC, habe ich hervorgehoben: Die grüne Färbung verstärkt sich je höher diese Kennzahl ausfällt.
Unternehmen mit guter Gesamtkapitalrendite haben meistens auch eine sehr gute Marktposition, sodass sie diese Ertragskraft gut erhalten können.
Interessant sind besonders Unternehmen die stabil über 10% Gesamtkapitalrendite (ROC) erwirtschaften können.
Unter den ASE-Mitgliedern sind das: Jumbo, Opap, Hellenic Stock Exchange, Aegean Airlines und Thessaloniki Port Authority
Diese Unternehmen haben gezeigt, dass sie bereits in den letzten Jahren – die für Griechenland bereits sehr schwierig waren und von Rezession gezeichnet waren – stabile Gewinne erwirtschaften konnten.
Sollte sich Griechenland allerdings aus dem Euro-Raum verabschieden, so haben diese Unternehmen eine neue Herausforderung zu meistern: Wahrscheinlich wesentlich höhere Import-Preise. (Am Beispiel der Aegean Airlines wären das z.B. Treibstoff-Kosten)
Kurzbeschreibung der “ASE-Perlen”:
Jumbo produziert vorallem Babyspielzeug und exportiert das teilweise auch – besonders in osteuropäische Länder. Der größte Teil des Umsatzes kommt jedoch aus Griechenland
Opap ist ein Sportwetten-Anbieter der ausschließlich in Griechenland un Zypern tätig ist.
Hellenic Stock Exchange ist der Betreiber der Börse in Athen.
Aegean Airlines ist eine Regionalfluglinie die besonders Ziele innerhalb von Griechenland bedient, allerdings auch einige europäische Städte anfliegt. Diese Airline hat immerhin schon einige Auszeichnungen als beste Regionalfluggesellschaft Europas erhalten.
Thessaloniki Port Authority betreibt – wie der Name schon sagt – den Hafen vojn Thessaloniki
Keines dieser Unternehmen hat – interessanterweise – massgebliche Exporteinnahmen.
Andere Unternehmen wie z.B. Titan Cement haben da deutlich höhere Exportquoten aber bislang dennoch keine gute Ertragskraft.
Fazit:
Von der Bewertung her scheinen einige griechische Unternehmen verhältnismäßig günstig zu sein. Es ist allerdings ein großes Risiko in der derzeitigen Situation in den Markt einzusteigen, da das Land vor einem wichtigen Wendepunkt steht und die Folgen schwer abzuschätzen sind.
Um wirklich sagen zu können wir attraktiv bzw. wie günstig diese Aktien im Vergleich zu anderen sind, muss man sie natürlich einem direkten Vergleich unterziehen, der den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Ich werde das in Form eines weiteren Beitrages nachreichen.
Erst durch so einen Vergleich kann jeder für sich entscheiden, ob der Preisabschlag auf griechischen Aktien das zusätzliche Risiko rechtfertigt.
Der Beitrag Griechenland an der Kippe – Aktien jetzt kaufen? erschien zuerst auf Financeblog.
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