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Investorenprofil: Walter Schloss (Daniel Koinegg)

Bild: © www.shutterstock.com, Investor - Businessman mit Touchscreen und Chart, http://www.shutterstock.com/de/pic-242994070/stock-photo-i...

13.01.2015, 9944 Zeichen

Heute möchte ich im Investorenprofil des Monates Jänner jemanden behandeln, der mich persönlich bei meinen „cigar butts“ sehr stark geprägt hat und das – obwohl er selbst schon verstorben ist – noch immer tut. Trotz seines beeindruckenden jahrzehntelangen Track Records ist er bei weitem nicht jedem Aktienanleger (wahrscheinlich auch nicht jedem Value Investor) ein Begriff. In Warren Buffett`s Essay „The superinvestors of Graham and Doddsville” ist er auch erwähnt. Es geht heute um Walter Schloss.

Allgemeines

Schloss hatte ebenfalls das Glück, fast bis an das Ende eines äußerst langen Lebens – er starb im Jahr 2012 im Alter von 95 Jahren – seiner großen Passion nachzugehen. In den Kommentaren zum letzten Investorenprofil über Irving Kahn (Link zum Beitrag siehe am Ende des Artikels) hatte ich eine angeregte Diskussion mit dem Bargain-Leser marfir, der völlig zurecht festgestellt hat, dass eine akademische Ausbildung per se kein Indiz für das Vorhandensein jener intellektuellen Qualitäten sein kann, die erforderlich sind, um ein erfolgreicher Investor zu sein. Walter Schloss ist bzw. war Zeit seines Lebens das beste Beispiel dafür, hat er doch nie ein College, geschweige denn eine der amerikanischen Eliteuniversitäten, besucht. Vielmehr hat er als junger Erwachsener als Laufbursche an der Wallstreet begonnen. Durch Mundpropaganda wurde er auf die Kurse aufmerksam, die Benjamin Graham an der Columbia University über Value Investing abgehalten hat und besuchte einen davon. In weiterer Folge arbeitete Schloss auch über längere Zeit für Graham und dessen Graham-Newman-Partnership. Im Jahr 1955, als diese Geschäftsbeziehung aufgelöst wurde, gründete Schloss seine eigene Investmentunternehmung und konnte über mehr als vier Jahrzehnte hinweg eine durchschnittliche Rendite nach Abzug der Performancegebühren (!!) von über 15 Prozent pro Jahr erwirtschaften.

Investmentstil

Schloss hielt seinen Investmentpool klein, was ihm natürlich einen erheblichen Vorteil gegenüber so manchem multimilliardenschweren Hedgefonds einbrachte, indem er auch in Unternehmen im Small-Cap und Micro-Cap-Segment investieren konnte. Aufgrund seines Hintergrundes mit der Arbeit für Graham/Newman war Schloss logischerweise genauso wie Irving Kahn erheblich von der alles überstrahlenden Kompetenz von Graham beinflusst. Wenn ich aus den verwendeten Quellen das wesentliche kompilieren müsste, würde ich sagen, dass Schloss ein relativ diversifiziertes Portfolio (oftmals gut 100 Titel) von langweiligen, in Relation zu ihren Assets billigen Unternehmen, ohne nennenswerte Verschuldung erworben hat und geduldig oftmals über mehrere Jahre auf bessere Zeiten gewartet hat. Er hat sich kaum in die Tiefe mit den einzelnen Gesellschaften und ihren Geschäftsaussichten befasst und de facto nie mit dem Management gesprochen.

Schloss hat selbst nicht wirklich etwas publiziert, allerdings ist ein Memo mit Äußerungen von ihm erhalten, in dem er insgesamt 16 Punkte statuiert, die seiner Meinung nach wichtige Faktoren in seiner Investmentstrategie sind/waren. Das Dokument in englischem Original ist unten in den Quellen aufrufbar, ich habe es für die Zwecke des Bargain Magazines ins Deutsche übersetzt und versucht, auf eine sinngemäße Übersetzung Wert zu legen:

  1. Der Preis ist der wichtigste zu beachtende Faktor in Relation zum Wert.
  2. Versuche, das Unternehmen zu bewerten. Vergiss nicht, dass eine Aktie nicht nur ein Stück Papier ist, sondern einen Anteil an einem Unternehmen verkörpert.
  3. Nutze den Buchwert als Ausgangspunkt für die Unternehmensbewertung. Versichere Dich, dass die Schulden nicht mehr als 100% des Eigenkapitals ausmachen.
  4. Sei geduldig. Aktien steigen nicht immer sofort.
  5. Kaufe nicht aufgrund von Tipps nur für einen schnellen Gewinn. Überlass` das den Profis, wenn sie es können. Verkaufe nicht nur wegen schlechter Nachrichten.
  6. Fürchte Dich nicht davor, gegen den Strom zu schwimmen, aber versichere Dich, dass Deine Überlegungen logisch schlüssig sind. Du kannst nicht völlig sicher sein, aber überprüfe regelmäßig die Prämissen Deiner Annahmen. Kaufe eine Position Schritt für Schritt und verkaufe sie Schritt für Schritt in den Anstieg hinein.
  7. Habe den Mut, zu Deinen Überzeugungen und zu Deiner Meinung zu stehen.
  8. Folge einer bestimmten Investmentphilosophie und halte sie ein. Die vorstehenden Punkte sind das, was für mich Sinn macht.
  9. Sei nicht voreilig beim Verkaufen. Wenn eine Aktie einen Preis erreicht, von dem Du denkst, dass er angemessen ist, kannst Du verkaufen, aber oftmals verkaufen Leute nur, weil eine Aktie beispielsweise 50% gestiegen ist und nehmen Gewinne mit. Bevor Du verkaufst, bewerte das Unternehmen erneut und vergewissere Dich, wo in Relation zum Buchwert die Aktie gehandelt wird. Beachte das allgemeine Marktniveau. Sind die Anleiherenditen niedrig und die Kurs-Gewinn-Verhältnisse hoch? Hat der Aktienmarkt historische Hochs erreicht? Sind die Investoren generell optimistischer?
  10. Ich finde es hilfreich, Aktien nahe eines Mehrjahrestiefs zu kaufen. Eine Aktie kann auf 125 steigen und dann auf 60 fallen und man findet sie plötzlich attraktiv bewertet. Drei Jahre zuvor wurde die Aktie aber um 20 gehandelt, was zeigt, dass im Preisniveau noch eine gewisse Verwundbarkeit verankert ist.
  11. Kaufe eher Vermögensgegenstände zum Schnäppchenpreis, anstatt zu sehr auf die Ertragskraft zu achten. Die Ertragskraft eines Unternehmens kann sich ziemlich schnell ändern, während die Vermögenswerte im Unternehmen weniger starken Schwankungen unterliegen. Man muss sich wesentlich besser mit dem Unternehmen auskennen, wenn man anhand der Ertragskraft kauft.
  12. Hör Dir Ratschläge von Menschen an, deren Fähigkeiten Du respektierst und schätzt. Das heißt nicht, dass man sie unbedingt akzeptieren muss. Vergiss nicht, dass es um Dein eigenes Geld geht und dass es meist schwerer ist, Geld zu behalten, als es zu verdienen. Wenn man einmal viel Geld verloren hat, ist es schwerer, das wieder aufzuholen.
  13. Versuche, Dich nicht von Deinen Emotionen leiten zu lassen. Angst und Gier sind wahrscheinlich die schlimmsten Emotionen, die man im Investmentgeschäft haben kann.
  14. Beachte die Macht des Zinseszinses. Beispielsweise kannst Du mit einer 12-prozentigen Rendite Dein Geld alle 6 Jahre verdoppeln (vor Steuern). Beachte die „Regel der 72“: Die Zahl 72, geteilt durch Deine jährliche Rendite, ergibt die Anzahl der Jahre, die Du zur Verdoppelung brauchst.
  15. Bevorzuge Aktien vor Anleihen. Zweitere limitieren das Gewinnpotenzial und die Inflation beeinträchtigt die Kaufkraft des Kapitals.
  16. Sei vorsichtig mit Fremdfinanzierung. Sie kann Dich in Bedrängnis bringen.

Eigene Gedanken

Abschließend möchte ich versuchen, aus diesem 16 Punkte starken Memo jene Punkte zu erörtern, die für mich persönlich am meisten Inspirationskraft haben.

Bereits der erste Punkt zeigt, wie sehr Schloss durch Graham geprägt wurde. Letzterer war der erste, der eindeutig zwischen Preis und Wert einer Aktie unterschieden hat. Daraus folgt in logischer Konsequenz auch das, was uns Value Investoren ausmacht. Man versucht, die Aktie als das zu begreifen, was sie im urtümlichen Sinne ist, nämlich eine Unternehmensbeteiligung. Wenn man sich an einem Unternehmen beteiligen will, muss man – um herauszufinden, ob es ein gutes Geschäft ist – das Unternehmen als Ganzes bewerten. Der Preis als solches ist völlig inhaltsleer, erst in Relation zum inneren Wert erhält er Aussagekraft über die Sinnhaftigkeit eines Investments.

Wo ich völlig im selben Boot sitze, wie Schloss, ist die Regel Nr. 3. Für mich ist zumindest bei meinen cigar butts der Buchwert bzw. das Kurs-Buchwert-Verhältnis neben einer moderaten Verschuldungssituation das Ausgangskriterium schlechthin. Freilich darf man sich nicht die Mühe ersparen, und Unternehmen mit niedrigem KBV per se als günstig erachten. Vielmehr ist das – wie gesagt – der Ausgangspunkt einer Analyse. Was ich ebenfalls uneingeschränkt teile, ist die Aussage zur Ertragskraft. Nur wenige können mit brauchbarer Genauigkeit die zukünftige Ertragskraft eines Unternehmens über viele Jahre in die Zukunft abschätzen. Trotzdem beruht der Großteil der Bewertungsmodelle, die heute die kursbestimmenden Aktionen am Markt untermauern und begründen, fast ausschließlich auf Schätzungen der Ertragskraft. Discounted Cashflow-Modelle sind in der Theorie unschlagbar und wahrscheinlich in der Wirtschaftsprüfung auch die Methode der Wahl, für einen außenstehenden Privatinvestor sind sie aber in den meisten Fällen unbrauchbar bzw. sogar irreführend. Oftmals wird die Asset-Situation sowie die Verschuldungssituation der Gesellschaft und etwaiges Verbesserungspotenzial bei der Kapitalstruktur außerdem völlig ignoriert.

Womit ich im Gegenzug überhaupt nichts anfangen kann, ist die Beachtung von Mehrjahrestiefs (Regel Nr. 10), insbesondere dann, wenn man seine Investmentstrategie auf die Bewertung von Assets im Unternehmen fokussiert. Wenn ich beispielsweise bei der Vianini Lavori weiß, dass die vier größten börsenotierten Beteiligungen der Gesellschaft nach Abzug aller Verbindlichkeiten mehr wert sind, als der ganze Konzern, ist es mir egal, um welchen Preis die Aktie vor zwei oder drei Jahren gehandelt wurde. Eher würde ich mir sowas noch einreden lassen, wenn man mehr auf das Ertragsniveau schaut und versucht, eine Art mean reversion in der Ertragskraft vorherzusehen oder sich davor zu schützen.

 

Verwendete Quellen (gesammelt)

http://en.wikipedia.org/wiki/Walter_Schloss

http://bargain-magazine.com/investorenprofil-irving-kahn/

The Superinvestors of Graham and Doddsville ist hier aufrufbar: http://www8.gsb.columbia.edu/rtfiles/cbs/hermes/Buffett1984.pdf

Die „16 rules“ von Schloss sind hier im englischen Original aufrufbar: http://de.scribd.com/doc/80466887/Walter-Schloss-16-Golden-Rules-of-Investing

Hochinteressante gut einstündige Doku von gurufocus über Schloss: https://www.youtube.com/watch?v=5KM9eY7BbzA; Dieses Video ist ein Must Watch

 

Der Beitrag Investorenprofil: Walter Schloss erschien zuerst auf Bargain.


(13.01.2015)

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Bildnachweis

1. Investor - Businessman mit Touchscreen und Chart, http://www.shutterstock.com/de/pic-242994070/stock-photo-investor-businessman-with-touchscreen-and-chart.html , (© www.shutterstock.com)   >> Öffnen auf photaq.com

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    Heute möchte ich im Investorenprofil des Monates Jänner jemanden behandeln, der mich persönlich bei meinen „cigar butts“ sehr stark geprägt hat und das – obwohl er selbst schon verstorben ist – noch immer tut. Trotz seines beeindruckenden jahrzehntelangen Track Records ist er bei weitem nicht jedem Aktienanleger (wahrscheinlich auch nicht jedem Value Investor) ein Begriff. In Warren Buffett`s Essay „The superinvestors of Graham and Doddsville” ist er auch erwähnt. Es geht heute um Walter Schloss.

    Allgemeines

    Schloss hatte ebenfalls das Glück, fast bis an das Ende eines äußerst langen Lebens – er starb im Jahr 2012 im Alter von 95 Jahren – seiner großen Passion nachzugehen. In den Kommentaren zum letzten Investorenprofil über Irving Kahn (Link zum Beitrag siehe am Ende des Artikels) hatte ich eine angeregte Diskussion mit dem Bargain-Leser marfir, der völlig zurecht festgestellt hat, dass eine akademische Ausbildung per se kein Indiz für das Vorhandensein jener intellektuellen Qualitäten sein kann, die erforderlich sind, um ein erfolgreicher Investor zu sein. Walter Schloss ist bzw. war Zeit seines Lebens das beste Beispiel dafür, hat er doch nie ein College, geschweige denn eine der amerikanischen Eliteuniversitäten, besucht. Vielmehr hat er als junger Erwachsener als Laufbursche an der Wallstreet begonnen. Durch Mundpropaganda wurde er auf die Kurse aufmerksam, die Benjamin Graham an der Columbia University über Value Investing abgehalten hat und besuchte einen davon. In weiterer Folge arbeitete Schloss auch über längere Zeit für Graham und dessen Graham-Newman-Partnership. Im Jahr 1955, als diese Geschäftsbeziehung aufgelöst wurde, gründete Schloss seine eigene Investmentunternehmung und konnte über mehr als vier Jahrzehnte hinweg eine durchschnittliche Rendite nach Abzug der Performancegebühren (!!) von über 15 Prozent pro Jahr erwirtschaften.

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    Schloss hielt seinen Investmentpool klein, was ihm natürlich einen erheblichen Vorteil gegenüber so manchem multimilliardenschweren Hedgefonds einbrachte, indem er auch in Unternehmen im Small-Cap und Micro-Cap-Segment investieren konnte. Aufgrund seines Hintergrundes mit der Arbeit für Graham/Newman war Schloss logischerweise genauso wie Irving Kahn erheblich von der alles überstrahlenden Kompetenz von Graham beinflusst. Wenn ich aus den verwendeten Quellen das wesentliche kompilieren müsste, würde ich sagen, dass Schloss ein relativ diversifiziertes Portfolio (oftmals gut 100 Titel) von langweiligen, in Relation zu ihren Assets billigen Unternehmen, ohne nennenswerte Verschuldung erworben hat und geduldig oftmals über mehrere Jahre auf bessere Zeiten gewartet hat. Er hat sich kaum in die Tiefe mit den einzelnen Gesellschaften und ihren Geschäftsaussichten befasst und de facto nie mit dem Management gesprochen.

    Schloss hat selbst nicht wirklich etwas publiziert, allerdings ist ein Memo mit Äußerungen von ihm erhalten, in dem er insgesamt 16 Punkte statuiert, die seiner Meinung nach wichtige Faktoren in seiner Investmentstrategie sind/waren. Das Dokument in englischem Original ist unten in den Quellen aufrufbar, ich habe es für die Zwecke des Bargain Magazines ins Deutsche übersetzt und versucht, auf eine sinngemäße Übersetzung Wert zu legen:

    1. Der Preis ist der wichtigste zu beachtende Faktor in Relation zum Wert.
    2. Versuche, das Unternehmen zu bewerten. Vergiss nicht, dass eine Aktie nicht nur ein Stück Papier ist, sondern einen Anteil an einem Unternehmen verkörpert.
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    5. Kaufe nicht aufgrund von Tipps nur für einen schnellen Gewinn. Überlass` das den Profis, wenn sie es können. Verkaufe nicht nur wegen schlechter Nachrichten.
    6. Fürchte Dich nicht davor, gegen den Strom zu schwimmen, aber versichere Dich, dass Deine Überlegungen logisch schlüssig sind. Du kannst nicht völlig sicher sein, aber überprüfe regelmäßig die Prämissen Deiner Annahmen. Kaufe eine Position Schritt für Schritt und verkaufe sie Schritt für Schritt in den Anstieg hinein.
    7. Habe den Mut, zu Deinen Überzeugungen und zu Deiner Meinung zu stehen.
    8. Folge einer bestimmten Investmentphilosophie und halte sie ein. Die vorstehenden Punkte sind das, was für mich Sinn macht.
    9. Sei nicht voreilig beim Verkaufen. Wenn eine Aktie einen Preis erreicht, von dem Du denkst, dass er angemessen ist, kannst Du verkaufen, aber oftmals verkaufen Leute nur, weil eine Aktie beispielsweise 50% gestiegen ist und nehmen Gewinne mit. Bevor Du verkaufst, bewerte das Unternehmen erneut und vergewissere Dich, wo in Relation zum Buchwert die Aktie gehandelt wird. Beachte das allgemeine Marktniveau. Sind die Anleiherenditen niedrig und die Kurs-Gewinn-Verhältnisse hoch? Hat der Aktienmarkt historische Hochs erreicht? Sind die Investoren generell optimistischer?
    10. Ich finde es hilfreich, Aktien nahe eines Mehrjahrestiefs zu kaufen. Eine Aktie kann auf 125 steigen und dann auf 60 fallen und man findet sie plötzlich attraktiv bewertet. Drei Jahre zuvor wurde die Aktie aber um 20 gehandelt, was zeigt, dass im Preisniveau noch eine gewisse Verwundbarkeit verankert ist.
    11. Kaufe eher Vermögensgegenstände zum Schnäppchenpreis, anstatt zu sehr auf die Ertragskraft zu achten. Die Ertragskraft eines Unternehmens kann sich ziemlich schnell ändern, während die Vermögenswerte im Unternehmen weniger starken Schwankungen unterliegen. Man muss sich wesentlich besser mit dem Unternehmen auskennen, wenn man anhand der Ertragskraft kauft.
    12. Hör Dir Ratschläge von Menschen an, deren Fähigkeiten Du respektierst und schätzt. Das heißt nicht, dass man sie unbedingt akzeptieren muss. Vergiss nicht, dass es um Dein eigenes Geld geht und dass es meist schwerer ist, Geld zu behalten, als es zu verdienen. Wenn man einmal viel Geld verloren hat, ist es schwerer, das wieder aufzuholen.
    13. Versuche, Dich nicht von Deinen Emotionen leiten zu lassen. Angst und Gier sind wahrscheinlich die schlimmsten Emotionen, die man im Investmentgeschäft haben kann.
    14. Beachte die Macht des Zinseszinses. Beispielsweise kannst Du mit einer 12-prozentigen Rendite Dein Geld alle 6 Jahre verdoppeln (vor Steuern). Beachte die „Regel der 72“: Die Zahl 72, geteilt durch Deine jährliche Rendite, ergibt die Anzahl der Jahre, die Du zur Verdoppelung brauchst.
    15. Bevorzuge Aktien vor Anleihen. Zweitere limitieren das Gewinnpotenzial und die Inflation beeinträchtigt die Kaufkraft des Kapitals.
    16. Sei vorsichtig mit Fremdfinanzierung. Sie kann Dich in Bedrängnis bringen.

    Eigene Gedanken

    Abschließend möchte ich versuchen, aus diesem 16 Punkte starken Memo jene Punkte zu erörtern, die für mich persönlich am meisten Inspirationskraft haben.

    Bereits der erste Punkt zeigt, wie sehr Schloss durch Graham geprägt wurde. Letzterer war der erste, der eindeutig zwischen Preis und Wert einer Aktie unterschieden hat. Daraus folgt in logischer Konsequenz auch das, was uns Value Investoren ausmacht. Man versucht, die Aktie als das zu begreifen, was sie im urtümlichen Sinne ist, nämlich eine Unternehmensbeteiligung. Wenn man sich an einem Unternehmen beteiligen will, muss man – um herauszufinden, ob es ein gutes Geschäft ist – das Unternehmen als Ganzes bewerten. Der Preis als solches ist völlig inhaltsleer, erst in Relation zum inneren Wert erhält er Aussagekraft über die Sinnhaftigkeit eines Investments.

    Wo ich völlig im selben Boot sitze, wie Schloss, ist die Regel Nr. 3. Für mich ist zumindest bei meinen cigar butts der Buchwert bzw. das Kurs-Buchwert-Verhältnis neben einer moderaten Verschuldungssituation das Ausgangskriterium schlechthin. Freilich darf man sich nicht die Mühe ersparen, und Unternehmen mit niedrigem KBV per se als günstig erachten. Vielmehr ist das – wie gesagt – der Ausgangspunkt einer Analyse. Was ich ebenfalls uneingeschränkt teile, ist die Aussage zur Ertragskraft. Nur wenige können mit brauchbarer Genauigkeit die zukünftige Ertragskraft eines Unternehmens über viele Jahre in die Zukunft abschätzen. Trotzdem beruht der Großteil der Bewertungsmodelle, die heute die kursbestimmenden Aktionen am Markt untermauern und begründen, fast ausschließlich auf Schätzungen der Ertragskraft. Discounted Cashflow-Modelle sind in der Theorie unschlagbar und wahrscheinlich in der Wirtschaftsprüfung auch die Methode der Wahl, für einen außenstehenden Privatinvestor sind sie aber in den meisten Fällen unbrauchbar bzw. sogar irreführend. Oftmals wird die Asset-Situation sowie die Verschuldungssituation der Gesellschaft und etwaiges Verbesserungspotenzial bei der Kapitalstruktur außerdem völlig ignoriert.

    Womit ich im Gegenzug überhaupt nichts anfangen kann, ist die Beachtung von Mehrjahrestiefs (Regel Nr. 10), insbesondere dann, wenn man seine Investmentstrategie auf die Bewertung von Assets im Unternehmen fokussiert. Wenn ich beispielsweise bei der Vianini Lavori weiß, dass die vier größten börsenotierten Beteiligungen der Gesellschaft nach Abzug aller Verbindlichkeiten mehr wert sind, als der ganze Konzern, ist es mir egal, um welchen Preis die Aktie vor zwei oder drei Jahren gehandelt wurde. Eher würde ich mir sowas noch einreden lassen, wenn man mehr auf das Ertragsniveau schaut und versucht, eine Art mean reversion in der Ertragskraft vorherzusehen oder sich davor zu schützen.

     

    Verwendete Quellen (gesammelt)

    http://en.wikipedia.org/wiki/Walter_Schloss

    http://bargain-magazine.com/investorenprofil-irving-kahn/

    The Superinvestors of Graham and Doddsville ist hier aufrufbar: http://www8.gsb.columbia.edu/rtfiles/cbs/hermes/Buffett1984.pdf

    Die „16 rules“ von Schloss sind hier im englischen Original aufrufbar: http://de.scribd.com/doc/80466887/Walter-Schloss-16-Golden-Rules-of-Investing

    Hochinteressante gut einstündige Doku von gurufocus über Schloss: https://www.youtube.com/watch?v=5KM9eY7BbzA; Dieses Video ist ein Must Watch

     

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