05.01.2015, 6850 Zeichen
Auch diese Woche gibt es wieder eine Zusammenstellung lesenswerter Links, wie gehabt mit einigen persönlichen Gedanken und Anmerkungen.
Unlängst war ein interessantes kurzes Interview mit Dirk Müller, dem „Mr. Dax“, im Wirtschaftsblatt zu lesen. Meine persönliche Meinung über Müllers Veröffentlichungen und sein Auftreten ist generell zweigeteilt. Überwiegend ist meine positive Einschätzung, die insbesondere von seiner wirklich beeindruckenden Fähigkeit, sich selbst zu „verkaufen“, herrührt. Ich durfte den guten Mann mal „live in action“ erleben, als er einen Vortrag an der Universität in Graz hielt und ich muss sagen, dass das zweieinhalb äußerst kurzweilige, informative und spannende Stunden waren. Außerdem denke ich, dass er in der Lage ist, viele komplexe Sachverhalte ganz gut einfach zu erklären, eine Gabe, die ich generell an Menschen sehr wertschätze. In Puncto der Diskussion von Einzeltiteln, sprich einzelner Aktien, kommt mir aber manchmal vor, dass er etwas zu wenig Fokus auf den Preis und zuviel Wert auf Qualität legt. So war zumindest mein Eindruck im Vortrag damals.
Dieses oben angeführte Interview behandelt die Veränderungen im Aktienhandel in den letzten Jahren und Müllers Standpunkt zum Hochfrequenzhandel. Er vertritt die Auffassung, dass sich die Börse immer mehr von ihrer ursprünglichen Bestimmung, Ideenreichtum und Kapitalgeber zusammenzubringen, entferne. Insbesondere seit regerer Teilnahme angloamerikanischer Bankhäuser auch am deutschen Handel sei die Handelsintensität nach oben und die Behaltedauer der einzelnen Aktienpakete nach unten gegangen. Weiters bezieht er die Position, dass die gestiegene Volatilität den Privatanleger verschrecke und von der Börse fernhalte. Letztendlich meint er, der Hochfrequenzhandel gehöre schlichtweg verboten.
Zu den meisten der Einschätzungen von Müller in diesem Interview teile ich die vollste Zustimmung. Insbesondere muss die Börse wieder zu ihrer ursprünglichen Bestimmung zurück. Wo ist der Nutzen der Börse als Möglichkeit zur Finanzierung guter Ideen, wenn ein Großteil des Handelsvolumens am Marktplatz völlig losgelöst von diesen guten Ideen innerhalb von wenigen Sekunden stattfindet? Einzig und allein bei dem Argument, dass die Volatilität die Privatanleger verscheuche und überhaupt per se schlecht sei, habe ich einen differenzierten Blickwinkel. Als Value Investor heiße ich hohe Volatilität freilich willkommen, es könnte mir sogar nichts besseres passieren, als dass in Zukunft diese noch weiter zunimmt. Wenn der DAX in Zukunft jedes Jahr Kursausschläge von 50% und mehr fabrizieren würde, könnte ich wahrscheinlich nach vier oder fünf Jahren mein Domizil getrost nach Südfrankreich oder gar auf die Seychellen verlegen. Je größer die Ausschläge und je kürzer die Zyklen an der Börse werden, desto mächtiger wird ein wertorientierter Investmentansatz. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wäre es freilich tatsächlich besser, dass ein Großteil der Bevölkerung in irgendeiner Form am Kapitalmarkt teilnimmt. Dies könnte man meines Erachtens (diesen Standpunkt habe ich ja auch schon in der bargain academy bezogen) mittelfristig auch durch bessere wirtschaftliche Bildung für die breite Masse erreichen. Wenn der durchschnittliche Privatanleger ordentlich mit der Value-Philosophie „indoktriniert“ wäre, würde er sich um die Volatilität klarerweise genauso wenig kümmern bzw. sie sogar so willkommen heißen, wie ich.
http://www.preis-und-wert.com/analyse-steico-aktie/
Ich bin ein motivierter Leser von Tobis Blog „Preis und Wert“ und deshalb möchte ich vom bargain magazine auch auf eine dort erschienene sehr gute Analyse der Steico SE hinweisen und verlinken. Was mir besonders gut in der Analyse gefällt, ist, dass der Produktmix des Unternehmens inklusive der Vor- und Nachteile der einzelnen Güter schön dargestellt wird, etwas das unerlässlich ist, wenn man sich aus qualitativer Hinsicht mit einer Aktiengesellschaft auseinander setzen will.
http://derstandard.at/2000010006836/Tiefster-EuroStand-seit-Anfang-2006
Heute morgen fand sich im Standard noch ein Artikel über die jüngsten Wechselkursentwicklungen im Euro zum Dollar. Das bargain portfolio ist grundsätzlich so ausgerichtet, dass es von einer Abschwächung des Euros durchaus profitieren kann. Generell wird die Eurozone mit einer schwächeren Währung wettbewerbsfähiger. Die amerikanischen Titel (insbesondere Apache und IBM) gewinnen ceteris paribus durch ein Absinken des Euros zum Dollar ebenfalls an Wert.
Warum ich den ansonsten für einen Value Investor eigentlich bedeutungslosen Artikel hier anführe, ist hauptsächlich meine Verwunderung über die Begründung, die dort für den Wechselkursrückgang angeführt wird. Während der Teil mit der expansiveren Geldpolitik der EZB bzw. einer Aussicht darauf noch nachvollziehbar ist, erscheint mir ein Verweis auf die momentane Lage in Griechenland eher als absurd. Griechenland dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach so ziemlich das schwächste Glied in der Eurozone sein. Scheinbar mehren sich nun die Stimmen auch in den Kreisen der Entscheidungsträger, dass die Griechen den Euro verlassen sollten bzw. ein solcher GREXIT durchaus verkraftbar wäre. Nun ist es aber schon komisch, dass man im Falle eines Ausscheidens des schwächsten Gliedes einer Währungsunion aus derselben mit einer weiteren Abschwächung der Währung dieser Union rechnet.
Für die ebenfalls im bargain-Portfolio befindliche Balda AG gibt es weiteres Beschäftigungspotenzial vor Gericht, genauer gesagt vor einem Schiedsgericht. Vor ca. zwei Jahren hat eine Tochter der Balda in den USA ein Unternehmen erworben und im Kaufvertrag offenbar eine variable Komponente vereinbart, die davon abhing, wie sich das Unternehmen nach dem Erwerb entwickeln würde. Die Kläger machen nun scheinbar geltend, dass sie Balda-Tochter mutwillig die Geschäftsentwicklung schleppend gestaltet habe, um die Prämie aus dem Kaufvertrag nicht zahlen zu müssen. Derzeit sind noch bei weitem nicht genügend Informationen vorhanden, um Erfolgsaussichten sowie Zahlungsverpflichtungen im Falle des Obsiegens der klagenden Partei auch nur irgendwie beurteilen zu können. Die Höhe der Bedrohung aus möglichen Zahlungen ist deshalb noch nicht abschätzbar, weil neben dem Schadenersatz in Höhe von 5 Mio. USD noch die Zahlung von „punitive damages“ in noch nicht genannter Höhe moniert wird. Als Investor muss man diese Entwicklung klarerweise beobachten, ein Schnellverkauf aufgrund der momentanen Informationslage kommt aber logischerweise überhaupt nicht in Frage.
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