23.01.2014, 5407 Zeichen
Privatanleger verdienen an der Börse lausige Renditen. Sie wären eigentlich in der Lage verdammt gut abschneiden zu können. Gegenüber Profis haben Hobbyanleger nämlich etliche Vorteile: Die Konsumenten brauchen auf niemanden Rücksicht nehmen. Sie können eine Engelsgeduld entwickeln, sie brauchen nicht traden. Sie können eine Flaute aussitzen. Sie sind nicht auf das Geld anderer Menschen angewiesen, sondern können frei über ihre eigenen Geldflüsse verfügen.
Aber Hobbybörsianer nutzen häufig nicht ihre Vorzüge. Ein typischer Fehler ist, dass sie mit der Strömung schwimmen. Ist die Stimmung bei einem Unternehmen super, kaufen sie die Aktie. Dabei wäre es ratsam gegen den Strom zu schwimmen. In der Krise, während eines Skandals, nach einer Gewinnwarnung können Anleger günstig einsteigen. Solche Phasen sind Kaufchancen und eher keine Verkaufssignale.
Das Traden ist ein anderes Problem. Der Privatanleger glaubt, schlauer als die Profis zu sein. Dabei sitzen Vollblutprofis am anderen Ende des Spieltisches. Die Insider freuen sich über jeden Privatanleger, der unerfahren und unwissend auf das Börsenparkett kommt. Diese Selbstüberschätzung der Kleinanleger ist deren größter Feind.
Im Endeffekt ist es ja so, als ob ein Hobbygolfspieler gegen Tiger Woods antritt und sich dabei noch Chancen ausrechnet. Stellen Sie sich vor, Sie spielen gegen den ehemaligen Schachweltmeister Garry Kasparov eine Partie. Sie werden blitzschnell einpacken müssen. Ein Sieg gegen so jemand ist ein Traum, der wohl nie in Erfüllung geht.
Genauso müssen Sie sich das Börsenparkett vorstellen. Wer hier tradet, tritt gegen Menschen und Maschinen an, die mehr wissen. Die Wahrscheinlichkeiten spielen gegen einen. Das ist im Kasino genauso. Dort hat man einfach schlechte Karten. Das ist einfach so.
Privatanleger achten zu sehr auf brandaktuelle Ereignisse. Auf die Quartalszahlen, Monatsberichte, Führungswechsel, Gewinnwarnungen, Tagesmeldungen. Dabei sind mittel- und langfristige Trends viel aussagekräftiger. Ein schlechtes Quartal hat mit einem historisch guten Geschäft wenig zu tun. Selbst die besten Erfolgsfirmen haben mal ein schwaches Jahr zu verkraften. Das kommt einfach vor.
Eine Kurshalbierung eines Unternehmens kann ein Geschenk für Langfristanleger sein. Es muss nicht eine Katastrophe sein. Fast jedes Unternehmen erlebt dramatische Kursabstürze.
Die Medien stürzen sich gerne auf kurzfristige negative Entwicklungen, langfristig solide Entwicklungen werden übersehen und selten geschildert.
Optimismus zahlt sich an der Börse aus, die Weltbörsen klettern seit Jahrhunderten. Allerdings bleiben wir von Rücksetzern und Krisen nie verschont.
Warren Buffett ist deshalb so erfolgreich, weil er mit den kritischen Phasen brillant umgehen kann. Er hat die Gabe, langfristig nach vorne zu blicken. Er kann das kurzfristige Desaster ausblenden. Buffett ist verdammt gut darin, die Unternehmen billig abzustauben. Später verzehnfachen und verhundertfachen sich seine Investments. Ein Deal nach dem nächsten kristallisiert sich bei ihm Jahrzehnte später als Volltreffer heraus.
Schauen Sie sich nur den Langfrist-Chart von Wells Fargo im Vergleich zur Citigroup, Bank of America und JP Morgan Chase an. Das sagt mehr als 1000 Worte.
BAC Total Return Price data by YCharts
Buffett ist Großaktionär bei Wells Fargo, die kalifornischen Großbank gewährt mittlerweile jede dritte Hypothek in den USA. Seit 1988 legte die Aktie um mehr als 5.200 Prozent zu.
Buffetts Präzision im Ausleseprozess und Timing gleicht einem Wunder, wobei er selbstverständlich Flops erlitt. Die Geldkönige Peter Lynch, George Soros, Bill Miller, Carl Icahn und Buffett machen Fehler. Logo. Aus ihren Fehlern lernen sie. Buffett spricht offen darüber. Im Gegensatz dazu lernen Privatanleger kaum aus ihren Fehlern. Sie machen am liebsten den gleichen Käsekram: Sie kaufen zu teuer und verkaufen zu billig. Privatanleger laufen der Herde hinterher. Dieses Verhalten zahlt sich nicht aus.
Carl Icahn sagt über sein Erfolgsrezept: „Ich kaufe genau die Aktie, wovor mich jeder warnt.“ Wenn jeder verkauft, steigt Icahn ein.
Was zeigt uns der Erfolg von Icahn und Buffett? Es handelt es um Value Investing. Es handelt sich um die beste Investmentmethode. Es geht im Kern darum, konträr zu investieren. Wenn die Masse eine Branche hasst, greifen sie zu. Der Investmentstil wendet sich von der Herde ab. Interessiert sich die Herde für Soziale Medien, Regenerative Energien und Elektroautos, kauft Buffett etwas Uraltes: Den Ölgiganten Exxon Mobil.
Während Fondsmanager mit Vorständen zusammentreffen, verzichtet Buffett weitgehend darauf. Er liest lieber. Er liest Geschäftsberichte, Zeitungen, Bücher. Massenweise. Er saugt das Wissen wie ein Schwamm auf.
Buffett und Icahn wissen, die Vorstände sind nicht immer ehrlich. Sie stehen unter Druck, Aktionäre zu umgarnen. Gibt es intern Probleme, geben das die Vorstände ungern zu. Sie tendieren dazu, die Aussichten zu positiv zu skizzieren. Weil beim Unternehmen Interessenkonflikte vorliegen, meiden die beiden Genies eben solche Gespräche. Es würde sie vom Erfolgskurs abbringen. Reine Zeitverschwendung wäre das für sie.
Exakt diesen Vorteil haben die Privatanleger. Sie brauchen nicht Unternehmenslenker treffen. Erstaunlich ist doch, dass jeder Anleger die Strategie von Icahn und Buffett kopieren kann. Es geht ja nur um die generelle Vorgehensweise, niemand muss das Depot der Stars exakt nachbilden.
Börsepeople im Podcast S16/20: Catharina Ahmadi
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