31.01.2013,
4850 Zeichen
(Von:
Tim Schaefer, Bilder von Tim Schäfer unter
http://www.finanzmarktfoto.at/search/schäfer)
Weltweit fragen sich Menschen, warum niemand nach dem größten Crash in der Geschichte des Finanzmarkts hinter Gittern ist. Billionen Dollar sind in der Weltwirtschaftskrise, in dem Finanzchaos vernichtet worden. Niemand muss die Verantwortung übernehmen. Ich meine: Es hätte durchaus jemand zur Rechenschaft gezogen werden müssen.
Die Amerikaner ärgern sich über die laxe Vorgehensweise des Staates. Warum sich niemand für die Lügen mit Hypothekenpapieren (CDOs) oder für die Manipulation des Liborzinses zu verantworten hat, ist schon merkwürdig. Gerade in New York mehren sich die Beschwerden über untätige Staatsanwälte.
Etliche Strafverfolger werfen enttäuscht das Handtuch. Unter ihnen
Neil Barofsky. Er war einer der mächtigsten Staatsanwälte in Washington. Manch einer wie Barofsky äußert seine Enttäuschung öffentlich. Ich traf Barofsky in New York (mein Foto).
Die Krönung war ja: Diejenigen, die Finanzprodukte falsch verpackt und Kunden angeschwindelt haben, konnten ihre Millionengehälter behalten. Ihr Arbeitgeber (die Bank) zahlte die Strafe, bezahlte ihnen die Rechtsanwälte zur Verteidigung. Unsere Banken erhielten wiederum Staatshilfen zum Überleben. Um es kurz zu machen: Die Finanzhäuser nutzen das Geld ihrer Aktionäre und des Steuerzahlers, um sich freizukaufen.
Ich empfehle Ihnen, die aktuelle Dokumentation
„The Untouchables“ - „Die Unberührbaren“ zu schauen. Der einstündige Streifen lässt Senatoren und Staatsanwälte zu Wort kommen. Wirklich sehenswert.
Kritik erntet nun Präsident Barack Obama. Es geht ein regelrechter Aufschrei quer durch die Medienlandschaft. Im Zentrum der Kritik: Der Demokrat hat in diesen Tagen Mary Jo White zur Chefin der Börsenaufsicht SEC berufen. Dabei hat die Dame jahrelang im Dienste der Banken gestanden. Als Anwältin beriet sie Finanzdienstleister, wie sie sich aus Schwierigkeiten „herausreden“ konnten. Damit verdiente sie Millionensummen jährlich. Sie arbeitete für die Kanzlei Debevoise & Plimpton. Ihre Großkunden waren JPMorgan Chase, News Corp (Telefonabhörskandal),
der ehemalige CEO von der Bank of America Kenneth Lewis... Ebenfalls ist ihr Ehegatte befangen. Der Jurist arbeitet für eine andere Kanzlei, seine indirekten Brötchengeber sind JP Morgan, Credit Suisse, UBS. Der Gatte soll über drei Millionen Dollar im Jahr verdienen. Es ist schon komisch, dass die Dame jetzt die Wall Street aufräumen soll, obwohl sie mit den Banken reich wurde.
Selbst der Wall-Street-freundliche Finanzjournalist Andrew Ross Sorkin, der für den Börsensender CNBC als Moderator arbeitet,
sieht die Berufung von Frau White kritisch.
Wo Sie schauen in diesen Tagen, die Wut nimmt zu. Verärgert ist die preisgekrönte Autorin Gretchen Morgenson über die strafrechtliche Blindheit, weil das
zivilrechtliche Kämpfe (Großkunde gegen Bank)umso schwieriger gestalte.
Es entstehen massenhaft Websites, die ihren Protest kundtun -
wie diese.
Natürlich zieht der Superkritiker Matt Taibbi vom Magazin „RollingStone“ unentwegt
vom Leder.
Taibbi hat in vielen Punkten gute Argumente. Lesen Sie mal den Fall des SEC-Ermittlers Gary J. Aguirre, der frisch zur Börsenaufsicht kam, um Insidertrades bei dem Hedgefonds Pequot Capital Management aufzudecken. Er vermutete John Mack als den Tippgeber, den Ex-Chef von Morgan Stanley. Ermittler Aquire wollte Mack befragen und wurde daraufhin gefeuert. Der SEC-Mann kämpfte gegen seine Kündigung, erhielt später
755.000 Dollar als Wiedergutmachung.
Ein weiteres Problem ist: Besonders aggressive Ermittler landen allzu oft bei den Banken, werden reiche Frühstücksdirektoren. So macht man sich aus Feinden schnell Freunde.
Was lernen wir daraus? Klar gab es Versäumnisse. Klar gab es Kriminelle. Klar ist die Korruption ein Problem. Ich verstehe den Ärger. Insbesondere verstehe ich ihn, wenn jemand im Zuge der Finanzkrise sein Haus, seinen Job verloren hat.
Ich vermisse Banker, die sich wenigstens für ihre Fehler entschuldigen. Immer wird die Schuld auf andere geschoben. Niemand gibt zu, Dinge falsch eingeschätzt zu haben.
Natürlich ist die Liste der Versager lang. Hauskäufer haben Fehler gemacht, Ratingagenturen, die FED, die Regierung – zahlreiche Stellen übersahen das bevorstehende Desaster. Insofern wäre es unfair, die Banken zum Sündenbock für alles zu machen.
Suchen wir nun nach dem Positiven an der Situation. Im Endeffekt bedeutet die Wut des Volkes eine Chance. Banken werden regelrecht gehasst. Viele Institute notieren nahe am Buchwert. Für Schnäppchenjäger kann das eine Chance sein. Wenn Sie Geduld haben, warum sollten Sie in der Branche nicht bei abgestürzten Titeln beherzt zugreifen? In Europa und den USA sehe ich viele Turnaround-Kandidaten. Der Ärger wird sich legen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Blicken wir nach vorne, so schwer es uns fallen mag.
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Christian Drastil: Wiener Börse Plausch
Börsepeople im Podcast S16/20: Catharina Ahmadi
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