22.06.2012,
4439 Zeichen
(Autor:
Herbert Geyer, original für das
WirtschaftsBlatt)
Der Mann, der Griechenland das Reinheitsgebot bescherte
Zwischen Griechen und Deutschen gibt es mehr historische und aktuelle politische Anknüpfungspunkte, als den Griechen lieb ist. Das heutige Match wird hoch emotional.
Für die Griechen wäre das heutige Viertelfinalspiel gegen Deutschland auch ganz ohne Fußball ohne jeden Zweifel der Höhepunkt der gesamten Europameisterschaft. Allein die Sparpakete der letzten Jahre, die nach griechischer Lesart allein auf deutsches Betreiben zurückzuführen sind, motivieren wohl jeden griechischen Ballesterer und sämtliche Fans bis in die Haarspitzen.
Da muss gar nicht erst auf die Rolle der Deutschen als Besatzer im Zweiten Weltkrieg zurückgegriffen werden, wiewohl diese kollektive Erinnerung in Griechenland zumindest so lebendig ist wie fast überall sonst in Europa.
Nach Bezugspunkten zwischen den beiden Ländern muss man nicht suchen, man stolpert ständig darüber. Das beginnt beim Pergamon-Altar, einem der größten erhaltenen hellenistischen Kunstwerke, das zum Leidwesen der Griechen nicht in Athen, sondern in Berlin zu besichtigen ist. Das geht über Heinrich Schliemann, der als Ausgräber von Troja den realen Hintergrund der griechischen Heldensagen bewiesen hat, bis zum griechischen Kaufmann Theodor Karagiannis, der in Leipzig für seine Verdienste um die Textilindustrie geadelt wurde und als Theodor von Karajan Vorfahre eines echten Österreichers wurde.
Ganz Grieche und ganz Deutscher ist aber vor allem einer: Otto I. von Griechenland, der erste griechische König, ein Sohn des Bayernkönigs Ludwig I. Nach ihrer mühsam erkämpften Unabhängigkeit (sie war bei uns bereits anlässlich des Eröffnungsmatchsgegen Polen ein Thema) hatten die Griechen einen Präsidenten gewählt, der allerdings bald ermordet wurde. Daraufhin entschieden sich die Großmächte, denen das Land seine Unabhängigkeit verdankte - Großbritannien, Russland und Frankreich -, Griechenland zur Monarchie zu machen, und sie einigten sich auf den 16-jährigen Bayern-Prinzen.
Der traf 1832 mit 3500 bayrischen Soldaten, einigen Tausend Beamten und einem ordentlichen Hofstaat in Griechenland ein und machte sich ans Werk. Die Verwaltung, das Bildungswesen und so ziemlich alles andere auch wurde von Grund auf reformiert - bis hin zum bayrischen Reinheitsgebot fürs Bierbrauen. Dass sich dabei zwischen den besserwissenden Deutschen und den eher anarchistischen griechischen Widerstandskämpfern Reibereien ergaben, überrascht nicht.
Außerdem lernte Otto zwar brav Griechisch, weigerte sich aber, zur Orthodoxie überzutreten. Ein Ketzer als Staatsoberhaupt kam bei den Griechen nicht wirklich gut an. Dazu kamen Probleme mit den Großmächten, die ihre Interessen unbeirrt weiter verfochten. Als etwa in Kreta ein Aufstand gegen die Türken ausbrach und Otto die dortigen Griechen unterstützen wollte, hinderte die britische Flotte griechische Kriegsschiffe am Auslaufen.
Kurz: Otto (in Griechenland
Othon) war reichlich unpopulär. Und als er 1862 so unvorsichtig war, sich mit seiner Frau auf eine Rundreise zu begeben, wurde er gestürzt. Die Briten brachten ihn (mitsamt den Kronjuwelen, die er aus Bayern mitgebracht hatte) außer Landes. Seinen Lebensabend verbrachte er in Bayern, wo er mit seiner Frau täglich eine griechische Stunde abhielt, in der nur Griechisch gesprochen werden durfte.
Für seine Nachfolge einigten sich die Mächte auf den Dänenprinzen Georg, dessen Dynastie dann mit Unterbrechungen bis 1967 regierte.
Im Match sind die Griechen von Anfang an in der Defensive: Ihr BIP pro Kopf von 90 Prozent des EU-Schnitts kann sich mit Deutschlands 118 nicht messen:
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So geht es auch weiter: Das deutsche Wachstum von 0,7 Prozent ist nicht toll, aber die griechische Wirtschaft schrumpft um 4,7 Prozent:
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Das hat weiter steigende Arbeitslosigkeit zur Folge -in Griechenland 19,7 Prozent, während sie in Deutschland auf 5,5 Prozent sinkt:
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Die deutsche Inflationsrate ist mit 2,3 Prozent niedrig, aber in Hellas lässt die Krise die Preise um 0,5 Prozent sinken-endlich ein Punkt:
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Bei der Handelsbilanz hilft alles Mauern nichts, die griechische ist 12,3 Prozent des BIP im Minus, die deutsche 5,6 Prozent im Plus:
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Bleibt der Budgetsaldo, um den es zwischen Griechen und Deutschen ja dauernd geht: Allen Sparpaketen zum Trotz wird das griechische Defizit 7,3 Prozent des BIP betragen, die Deutschen sind mit 0,9 Prozent Defizit Musterschüler. Endstand:
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