07.04.2025, 6078 Zeichen
Wien (OTS) - „Die Lage der österreichischen Industrie ist dramatisch,
wir befinden
uns mitten im Prozess der Deindustrialisierung“, so Siegfried Menz,
Obmann der Bundessparte Industrie in der WKÖ. Bei einer
Pressekonferenz zur Industriekonjunktur heute, Montag, untermauerte
er die besorgniserregende Situation mit Zahlen aus der aktuellen
Branchenerhebung der WKÖ-Bundessparte Industrie: „Österreichs
Industrieproduktion ist im vergangenen Jahr um weitere 6,2 Prozent
gegenüber dem Vorjahr gesunken. Von den letzten 24 Monaten waren 23
Monate rückläufig, mit dem Juli 2024 gab es nur einen Monat mit einem
Plus.“
Auftragseingänge in mehr als der Hälfte der Industriebranchen
negativ oder auf niedrigem Niveau
Eine weitere Kennzahl betrifft die Auftragseingänge der
Industriebetriebe: Auch diese bezeichnet Bundessparten-
Geschäftsführer Andreas Mörk als „desolat“: 2024 wurden mit Aufträgen
im Wert von 128 Milliarden Euro noch weniger neue Fertigungsaufträge
verzeichnet als im Jahr davor bzw. 2022. Der Rückgang beträgt damit
seither schon mehr als 10 Milliarden. Besonders betroffen: die
Branchen Fahrzeugindustrie, Bergwerke/Stahl sowie die Elektro- und
Elektronikindustrie. De facto wirken sich diese Rückgänge besonders
drastisch im Bereich der energieintensiven Branchen aus:
„Produktionseinschränkungen von Drei- auf Ein-Schicht-Modelle sind
dort immer öfter notwendig, aber aufgrund des hohen Energieaufwanden
nicht mehr kostendeckend machbar“, schilderte Branchensprecher Mörk
aus der Praxis.
Auch weniger Beschäftigte in der Industrie
Das hat auch einen Rückgang der Beschäftigten in der
österreichischen Industrie zur Folge: Bei den Leasing- oder
Leiharbeitskräften beträgt der Rückgang 15,6 Prozent, bei den direkt
bei den Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
1,9 Prozent. Weniger Arbeitsplätze gab es 2024 in der Elektro- und
Elektronikindustrie, der Holzindustrie, der metalltechnischen
Industrie, der Fahrzeugindustrie sowie der Textil-, Bekleidungs-,
Schuh- und Lederindustrie.
Ausblick ebenfalls düster und besorgniserregend
Auch die Aussichten sind laut den Umfrageergebnissen im ersten
Quartal 2025 zufolge düster und besorgniserregend: In allen 16
Fachverbänden der WKÖ-Bundessparte Industrie drohen weitere
Produktionseinbußen und Beschäftigungsabbau. Der Produktionsrückgang
könne allenfalls gebremst, nicht aber gestoppt werden.
Krise der Industrie beunruhigt auch die Bevölkerung
Laut einer OGM-Umfrage besorgt die Krise der Industrie auch die
Menschen in Österreich: 84 Prozent der Befragten fürchten
Deindustrialisierung und Jobverlust. 91 Prozent sehen durch die
Abwanderung von Industriebetrieben auch andere Sektoren gefährdet.
Als Ursachen werden hohe Energiekosten (79 Prozent), überbordende
Bürokratie (72 Prozent) und steigende Lohnkosten (59 Prozent)
genannt.
Neue US-Zölle treffen Branchen in ohnehin kritischer Lage
besonders hart
Die neuen zusätzlichen US-Zölle treffen Wirtschaftsbereiche in
einer ohnehin kritischen Situation wie die verarbeitende Industrie
besonders hart und stellen gerade für ein exportorientiertes Land wie
Österreich eine äußerst negative Entwicklung dar, zumal die USA ein
wichtiger Wachstumsmarkt für die heimische Exportwirtschaft sind.
Exportintensive Industrien sind nicht nur direkt, sondern auch
indirekt durch US-Zölle gegenüber anderen Handelspartnern wie Mexiko,
Kanada, China oder Japan betroffen. „Wir sollten daher darüber
nachdenken, gemeinsam aufzutreten, um bei den Verhandlungen, die so
schnell wie möglich stattfinden sollten, eine bessere Position zu
haben“, so Menz.
Die WKÖ hat einen Info-Point „US-Zölle“ eingerichtet, der
Unternehmen über aktuelle Entwicklungen und Beschlüsse informiert:
www.wko.at/us-zoelle
Das braucht Österreichs Industrie jetzt:
Daraus ergibt sich für Bundesspartenobmann Sigi Menz folgender
dringender Handlungsbedarf der (österreichischen) Politik:
-
Wirksame Maßnahmen gegen zu hohe Strom-/Energiepreise:
Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030. Das
Stromkostenausgleichsgesetz (SAG) ist 2022 ausgelaufen, seitdem ist
nichts passiert. Derzeit zahlt die energieintensive Industrie
aufgrund des fehlenden Gesetzes doppelt.
-
CBAM überarbeiten – betroffene Unternehmen können so nicht
kostendeckend produzieren: CO2-Kostenentlastung für Exporte von CBAM-
Waren bzw. daraus hergestellten Gütern sowie eine Verlängerung der
kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten für das europäische
Emissionshandelssystem ETS.
-
Diversifizierung beim Import von Energieträgern: Insbesondere bei
Gasimporten, keine Abhängigkeit von mehr als einem Drittel des
benötigten Erdgases aus einer Lieferregion.
-
Keine Kostenüberwälzung bei einem Erneuerbare-Gase-Gesetz (EGG)
auf die Gaskunden, Förderungen müssen aus dem öffentlichen Budget
finanziert werden: „Die Kosten dafür laufen aus dem Ruder zu Lasten
derer, die im Netz bleiben müssen, insbesondere der Industrie“,
erläuterten Menz und Mörk.
-
Verfahrensbeschleunigung und Bürokratieabbau vorantreiben: „Im
Hinblick auf die von der österreichischen Bundesregierung geplante
Industriestrategie wären folgende Punkte schon jetzt rasch umsetzbar:
Unterstützende EU-Regelungen national rasch umsetzen und anwenden (EU
-RED III – Erneuerbaren-Beschleunigung; Net Zero Industry Act, ...)
sowie EU-Richtlinien 1:1 ohne Gold Plating und nationale
Sonderbestimmungen implementieren (Luftqualitäts-RL,
Industrieemissions-RL).
-
Verfahrensabwicklung digitalisieren: Beschleunigung und
Ausweitung des oberösterreichischen Modells auf ganz Österreich
-
Senkung der Lohnnebenkosten: Der Anstieg der Lohnstückkosten in
Österreich ist mit 9,7 Prozent im Jahr 2023 und 12,4 Prozent im Jahr
2024 der höchste im Vergleich zu den sechs wichtigsten
Handelspartnern Österreichs. Eine spürbare Entlastung ist daher
dringend notwendig, unter anderem durch die ersatzlose Abschaffung
des rein arbeitgeberfinanzierten Familienlastenausgleichsfonds (FLAF)
.
-
Kurzarbeit rasch ermöglichen: Notwendig sind aus Industrie-Sicht
die Öffnung der Kurzarbeit für drei Monate sowie die sofortige
Änderung der Zielvorgaben des AMS-Kriterienkatalogs. (PWK129/JHR)
kapitalmarkt-stimme.at daily voice 102/365: Investor Gregor Rosinger mit Bonusinfo zu seinem Geburtstag heute, ich rechne ...
Aktien auf dem Radar:Flughafen Wien, DO&CO, Porr, Pierer Mobility, RHI Magnesita, Austriacard Holdings AG, CA Immo, Polytec Group, Zumtobel, Bawag, Erste Group, FACC, Kapsch TrafficCom, OMV, Palfinger, RBI, Rosenbauer, SBO, Semperit, Wienerberger, Amag, Österreichische Post, Telekom Austria, Uniqa, VIG, MTU Aero Engines, Vonovia SE, E.ON , Symrise, Fresenius Medical Care, Airbus Group.
Strabag
Strabag SE ist ein europäischer Technologiekonzern für Baudienstleistungen. Das Angebot umfasst sämtliche Bereiche der Bauindustrie und deckt die gesamte Bauwertschöpfungskette ab. Durch das Engagement der knapp 72.000 MitarbeiterInnen erwirtschaftet das Unternehmen jährlich eine Leistung von rund 14 Mrd. Euro (Stand 06/17).
>> Besuchen Sie 60 weitere Partner auf boerse-social.com/partner
Mehr aktuelle OTS-Meldungen HIER