14.11.2024, 6201 Zeichen
Wien (OTS) - Kreislaufwirtschaft gilt als ein wichtiger Schlüssel im
Kampf gegen
Klimawandel und beim Schutz der endlichen Ressourcen. Expert:innen
unterstrichen am Mittwochabend im Rahmen des APA-Science-Events
„Zukunft Kreislaufwirtschaft?“, wie wichtig hier ein systemischer
Wandel ist. Rund 100 Teilnehmer:innen verfolgten vor Ort im APA-
Pressezentrum wie auch online die von APA-Chefredakteurin Maria
Scholl moderierte Diskussion.
Die Menschheit stehe einer "dreifachen planetaren Krise"
gegenüber: dem Klimawandel, dem Verlust von Biodiversität und der
Verschmutzung. Um ihr zu begegnen, brauche es den nachhaltigen Umgang
mit Ressourcen, sagte Sozialökologin Nina Eisenmenger von der Boku
University in Wien. Der "gesellschaftliche Stoffwechsel" bringe es
mit sich, dass auf einen gewissen Input an Ressourcen ihre Verwendung
in Form von Materialien und damit auch Emissionen und Abfälle
resultieren. Das Problem, ob bei Ressourcennutzung, bei Beständen wie
Gebäuden oder Straßen, bei Abfällen: "Wir sehen einen Anstieg in
allen Kurven - das kann nur ein Problem sein." Haupttreiber für den
Zuwachs seien die gebaute Umwelt und Mobilität, gefolgt von Energie-
und Nahrungssystemen.
Von dem nationalen Ziel, den Material-Fußabdruck bis 2050 auf
jährlich 7 Tonnen pro Kopf zu senken, sei Österreich meilenweit
entfernt - der inländische Materialverbrauch liegt derzeit bei rund
17 Tonnen. "Recycling" sei wichtig, so Eisenmenger, aber es gehe vor
allem auch um die weiteren Ziele des zirkulären Konzeptes, etwa das
Überdenken des Produktdesigns.
Die Materialflussanalysen zeigen die Notwendigkeit klar auf,
handeln zu müssen, meinte Komplexitätsforscher Peter Klimek, Direktor
des Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII). Aber:
“Einzelne Marktteilnehmer haben nur begrenzte Möglichkeiten,
Kreislaufwirtschaft umzusetzen. Es geht vor allem um den systemischen
Wandelprozess,” schon alleine aufgrund der verzweigten
Wertschöpfungsketten. Dass Kreislaufwirtschaft Innovation hemmen
könnte, sieht der Forscher vom Complexity Science Hub Wien eher
weniger als Gefahr: "Ich würde sie eher als Innovationsmotor sehen -
auch wenn man den Rahmen setzen muss, dass der Motor anspringen
kann."
Recycling ist die populärste Ausprägung von Zirkularität. Aber
kann der Handel mit "renovierten" Produkten, etwa Handys oder
Computern, nicht auch Konsum anheizen? "Wer konsumieren will,
konsumiert", meinte Kilian Kaminski, Mitbegründer von Refurbed, einem
Online-Marktplatz für generalüberholte Elektrogeräte. Man könne
vielmehr mit einem breiten Produktangebot auch weniger kaufkräftigen
Gruppen nachhaltige Qualität anbieten - als Alternative zu Billig-
Produkten aus Asien, so etwa eine aufbereitete Marken-Waschmaschine.
Als weiteren wichtigen Faktor verwies das Vorstandsmitglied der
"European Refurbishment Association" auf die Bedeutung von
Regulierungen zu "Greenwashing", etwa die "EU Green Claims
Directive", um gegen die nicht gerechtfertigte, sondern vielmehr nur
dem Branding und Marketingzwecken dienende unternehmerische
Verwendung des Begriffs Kreislaufwirtschaft vorzugehen.
Als Vertreter von Österreichs Erdöl-, Erdgas- und
Petrochemiekonzern OMV unterstrich Andreas Leitner, Senior Vice
President des Bereiches Innovation und Technologie, auf die zu
kalkulierende lange Umsetzungszeit von Transformationsprozessen. "Ja,
das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, klingt als Öl- und
Gasunternehmen fast unmöglich." Aber es gebe eben auch entsprechende
Projekte, z.B. zum Ausbau von Geothermie oder zum Recycling von
Kunststoff, die vorangetrieben würden.
Alexandra Kick, Co-Gründerin von Thinkubator, einem Thinktank für
Kreislaufwirtschaft, verwies auf die Rolle von Bildung, um einen
Wandel in Richtung Kreislaufwirtschaft zu begleiten: Wie ihre
Erfahrung zeige, würde bei jüngeren Personen helfen, in der Familie
etwa über das Müllaufkommen oder den Materialdurchsatz zu sprechen.
"Regularien und Druck sind wichtig, man braucht aber vor allem auch
positive Beispiele." Man müsse mehr bestehendes Wissen in die
Umsetzung bringen und versuchen, das in Anbetracht der Komplexität
oft aufkommende Ohnmachtsgefühl "in Aktion umzuwandeln".
Auch wenn sich schnell die Frage stellt, wie man sich angesichts
globaler Wertschöpfungsketten, politischer Entwicklungen oder auch
der Komplexität des Themas im Großen und Ganzen aufstellen kann:
Zirkuläre Ansätze könnten auch auf kleinerer Ebene, etwa im Bezirk,
umgesetzt werden - beispielsweise raumplanerisch und bei der
Gestaltung des Mobilitätsangebots. Ein zentraler Faktor sei, waren
sich die Experten einig, das Konsumverhalten. Die Gesellschaft müsse
sich ausverhandeln, "wie wir leben möchten". Katastrophen wie etwa
Hochwasser spielten hier in die Hände: "Die Menschen spüren, dass
etwas getan werden muss", ergänzte Eisenmenger.
https://apa.at/blog/apa-science-event-zukunft...
kreislaufwirtschaft/
Weitere Bilder in der https://www.apa-
fotoservice.at/galerie/37572
Ergänzend zur Diskussion bietet APA-Science den aktuellen
https://science.apa.at/thema/zirkulaeres-bauen-wie-
kreislaufwirtschaft-funktionieren-kann/ . Beleuchtet werden dabei
innovative Ansätze, bereits bei der Planung von Bauvorhaben
Ressourcen intelligent einzusetzen, die Lebenszeit der Materialien
und Gebäude zu verlängern und die Wiederverwertung und damit
Rückführung von Stoffen in den Kreislauf neu zu gestalten. Zu Wort
kommen zahlreiche Expertinnen und Experten aus
Forschungseinrichtungen, Initiativen und Organisationen sowie der
Wirtschaft.
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Anhänge
- APA-Science-Event: Expert:innen diskutierten „Zukunft
Kreislaufwirtschaft?“
- APA-Science-Event: Expert:innen diskutierten „Zukunft
Kreislaufwirtschaft?“
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