02.04.2020, 4389 Zeichen
Die Corona-Krise schlägt mit voller Wucht auf die Dividendensaison durch: Selbst in einem „Best Case“-Szenario werden die 160 in den Auswahl-Indices DAX, MDAX und SDAX enthaltenen deutschen Aktiengesellschaften 2020 nur gut 44 Milliarden Euro an ihre Aktionäre überweisen – rund 14 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Je nachdem, wie lange der virusbedingte Schockfrost der Wirtschaft anhält, könnte das Ausschüttungsvolumen aber auch noch deutlich niedriger ausfallen. Das ist ein Ergebnis der Dividendenstudie Deutschland, die ich am heutigen Donnerstag gemeinsam mit meinen langjährigen Wegbegleitern Marc Tüngler (DSW Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz) und Prof. Eric Frère (FOM Hochschule) veröffentlicht habe – natürlich nur online und nicht wie sonst auf einer Pressekonferenz. [Hier die komplette 33-seitige Studie mit vielen Infografiken und Tabellen herunterladen.]
Unsicherheit über Höhe und Termin der Dividenden
Die bereits in elfter Auflage erscheinende Dividendenstudie basiert auf den per 31. März vorliegenden Ankündigungen und Gewinnverwendungsvorschlägen der Unternehmen. Dabei ist vielfach nicht klar, wann und wie die Ausschüttungen beschlossen und gezahlt werden: Diverse für April/Mai terminierte Hauptversammlungen wurden mittlerweile abgesagt. Und inwieweit Firmen von der gerade geschaffenen Sonderregelung Gebrauch machen, einen Dividendenabschlag auch ohne HV-Beschluss auszuschütten, lässt sich in der Breite noch nicht abschätzen.
Zielkonflikt: Gewinnbeteiligung vs. Liquidität
Hinzu kommt ein klassischer Zielkonflikt: Dividenden sind zunächst mal vergangenheitsgerichtet, nämlich die Beteiligung der Aktionäre an den im Vorjahr erwirtschafteten Gewinnen. In der aktuellen Extremsituation, die historisch ohne Beispiel ist, hat jedoch die Sicherung der Liquidität zunächst Vorrang. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der Anteil der Unternehmen, die trotz eines Bilanzgewinns nicht ausschütten, mit knapp einem Fünftel sogar noch höher ausfällt als 2008. Nicht zu unterschätzen ist auch die politische Brisanz: Jetzt üppige Dividenden auszuschütten und später gegebenenfalls nach dem Staat zu rufen, das passt nicht zusammen.
Sogar zuverlässige Zahler streichen die Dividende
Wie ernst die Vorstände die Lage einschätzen, zeigen die Ausfälle bei einigen Firmen mit langer Dividenden-Tradition. Sixt überweist erstmals seit dem Börsengang 1986 nur die Mindestdividende auf Vorzugsaktien. Beim Optik-Filialisten Fielmann endet ein Track Record von 14 Anhebungen in Folge und auch Fraport, MTU Aero Engines oder die Deutsche Euroshop hatten selbst in den Krisenjahren 2008-10 kontinuierlich gezahlt. Aber nicht einmal die vermeintlich epochale Finanzkrise taugt als Blaupause für das, was momentan passiert…
Gleichwohl stehen nicht alle Rückgänge im Zusammenhang mit der Corona-Krise. Die Kürzungen bei Daimler und BMWoder die Ausfälle bei ThyssenKrupp und der Deutschen Bank resultieren aus strukturellen Defiziten und konjunkturellen Bremsspuren, auf die wir bereits im vergangenen Jahr aufmerksam gemacht hatten.
Versicherer, Gesundheit und Technologie erscheinen gesichert
Parallel überzeugen ausgerechnet frühere Sorgenkinder: E.ON und RWE heben die Ausschüttung an und überraschen mit positivem Ausblick. Zumindest für den Moment weitgehend abgesichert erscheint auch die Anhebung bei der Allianz, die mit rund 4 Milliarden. Euro fast ein Zehntel der Dividendensumme aller Index-Firmen überweisen will. Die Rückversicherer aus München und Hannover dürften ebenfalls wie angekündigt ausschütten, genauso wie der Technologie- und Gesundheits-Sektor. Risiken macht die Dividendenstudie dagegen bei zyklischen Konsum- und Industrie-Werten.
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