24.03.2020, 10408 Zeichen
Auch ein neues, umfangreiches Notpaket der US-Notenbank Fed gegen die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus hat die Anleger am Montag nicht überzeugt. Mit weitreichenden Maßnahmen will die Fed die Wirtschaft wieder in die Spur bringen. Der EuroStoxx 50 konnte zwar daraufhin kurzfristig zulegen, musste aber die Gewinne bald wieder abgeben und schloss 2,5% tiefer. Ähnlich das Bild bei den anderen großen europäischen Indices, der CAC 40 in Paris gab 3,3% ab, der Dax in Deutschland ging mit einem Minus von 2,1% aus dem Handel und der FTSE 100 in London büßte 3,8% ein.
Nach Zinssenkungen und einem großen Anleihekaufprogramm kündigte die Fed nun an, unbegrenzt Staatsanleihen und bestimmte mit Hypotheken besicherte Wertpapiere zu kaufen. Zudem legt sie mehrere Kreditprogramme auf, mit denen vor allem die Unternehmen und Haushalte gestützt werden sollen. Obwohl dieses Paket durchaus die Zustimmung der Analysten fand, war es nicht in der Lage, die Investoren nachhaltig zum Kaufen zu bewegen. Aus Sektorensicht waren wieder einmal die Rohstoffproduzenten eine der schwächsten Branchen, die 5,6% abgeben mussten. Viele Rohstoffe notierten auf Grund der Rezessionsängste deutlich um Minus. Noch deutlichere Abgaben setzte es einmal mehr für die Reise- und Freizeitbranche mit einem Rückgang von 7,7%. Der Öl- und Gasmulti Shell will die negativen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie mit einem Maßnahmenbündel abfedern, so sollen die operativen Kosten gesenkt werden und Investitionen reduziert werden, diese Pläne kamen bei den Investoren gut an und sie brachten den Titel 6,1% nach oben. Ähnliche Pläne verkündete der französische Konkurrent Total und durfte sich über einen Zuwachs von 6,0% freuen. Bisher profitieren von der Krise konnten die Lebensmittelhändler, auch gestern konnte Ahold Delhaize wieder 1,2% zulegen. Dem neu im MDax aufgenommenen Kochboxenlieferant HelloFresh kommt die derzeitige Situation ebenfalls zugute, der Titel stieg gestern um 5,4%. Und auch zooplus konnte die Gewinne weiter ausbauen, auch gestern gab es für den Online-Tierfutterhändler einen Anstieg um 10,3%.
Gut halten konnte sich gestern der heimische Markt, der ATX musste einen kleinen Abschlag von lediglich 0,4% hinnehmen. Die Analysten der Deutschen Bank haben ihr Kursziel für Schoeller-Bleckmann ziemlich deutlich von 59,0 Euro auf 30,0 Euro gesenkt, bestätigten aber die Kaufempfehlung, das brachte den Ölfeldausrüster gestern 9,2% nach oben. Die Commerzbank erhöhte die Einstufung für die Vienna Insurance Group von „Reduce“ auf „Hold“, senkten aber gleichzeitig das Kursziel von 24,0 Euro auf 19,0 Euro, der Titel musste gestern 4,2% abgeben. Und auch für den Konkurrenten uniqa senkte die Commerzbank das Kursziel von 11,0 Euro auf 8,4 Euro, bestätigten aber gleichzeitig die Kaufempfehlung, das brachte eine leichte Abschwächung von 0,6% für den Versicherungskonzern. Größter Gewinner des gestrigen Handelstages war Semperit, für den Gummi- und Kautschukkonzern ging es gleich um 16,0% nach oben. Auch Polytec war äußerst gesucht, der Autozulieferer konnte sich um 14,0% verbessern. Ebenfalls auf der Liste der Einkäufer ganz oben stand Mayr-Melnhof, für den Kartonhersteller brachte der Tag einen Anstieg von 10,6%. Die beiden mit der Luftfahrtindustrie verbundenen Titel hatten gestern einen komplett unterschiedlichen Verlauf, während sich FACC um weitere 10,0% erholen konnte, musste der Flughafen Wien einen Teil der am Freitag erzielten Gewinne wieder abgeben und schloss 7,0% schwächer. Verlierer des Tages war der Verbund, für den Versorger ging es um 10,2% nach unten, auch der zweite Titel in diesem Sektor, EVN, zählte mit einem Minus von 7,0% zu den größten Verlierern. Schwach war auch wieder Do & Co, das Cateringunternehmen verbilligte sich um 8,6%.
In den USA konnten die angekündigten Hilfsmaßnahmen der Fed für keine Erleichterung sorgen, viel mehr drückte die Uneinigkeit der Regierung über ein billionenschweres Konjunkturpaket der Regierung auf die Stimmung. Bei einer Abstimmung darüber im US-Senat kam erneut nicht die benötigte Mehrheit zustande. So schloss der Dow Jones mit einem Abschlag von 3,0%, der S&P 500 ging 2,9% tiefer aus dem Handel, der Nasdaq 100 hielt sich hingegen relativ gut und musste lediglich marginal um 0,2% abgeben, gestützt von den Gewinnen aus der Halbleiterbranche. Eine Kaufempfehlung von Goldman Sachs liess die Aktien von Boeing um 11,2% anziehen, nach Ansicht der Investmentbanker sei die Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nun substantiell in den Kurs eingearbeitet. Der Mischkonzern 3M will die Produktion von Atemschutzmasken vom Typ N95 innerhalb eines Jahres auf zwei Milliarden Stück verdoppeln, das half dem Aktienkurs jedoch nicht, der um 5,6% abrutschte. Der Getränkekonzern Constellation Brands brach um 11,8% ein, in einem Referendum im Norden Mexikos sprachen sich die Menschen gegen den Bau einer 1,5 Milliarden US-Dollar teuren Großbrauerei des Unternehmens aus. Der Chef des Spieleherstellers Hasbro sprach in einem Interview von einer zuletzt stark gestiegenen Nachfrage nach Produkten des Unternehmens, daraufhin schnellten die Aktien 12,5% nach oben.
Erholt präsentierten sich die Ölpreise, wobei der Preisanstieg unterschiedlich erfolgte, Brent schloss 1,1% stärker, WTI, das am Freitag deutlich stärker abgeben musste, konnte sich um 19,9% verbessern. Gold konnte vor allem in der zweiten Tageshälfte deutlich zulegen, das Edelmetall beendete den Handel bei einer Notierung von rund 1.555 US-Dollar. Der Handel zwischen Euro und US-Dollar verlief volatil, aber im Vergleich zu den letzten Tagen doch eher ruhig, das Währungspaar pendelte sich gegen Ende des Tages bei einer Notierung von rund 1,073 ein.
Vorbörslich sind die Märkte in Europa heute Dienstag zur Eröffnung deutlich höher indiziert. Auch die Börsen in Asien verbuchten Kursgewinne. Unternehmensseitig gibt es Neuigkeiten von Andritz, Immofinanz/S-Immo, Voestalpine und Zumtobel (siehe unten). Makroseitig stehen in Europa und in den USA heute die PMI`s (Einkaufsmanagerindex), in den USA zusätzlich noch die Hausverkäufe im Fokus der Märkte.
UNTERNEHMENSNACHRICHTEN
Andritz
Der steirische Anlagenbauer Andritz setzt wegen der Coronavirus-Pandemie eine Gewinnwarnung ab. Man erwarte aufgrund der weltweiten Krise negative Auswirkungen auf die Umsatz- und Gewinnentwicklung im Geschäftsjahr 2020. Das Ausmaß hänge von der Dauer den weiteren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft ab und könne derzeit "nicht mit ausreichender Sicherheit quantifiziert werden", teilte Andritz am Montagabend mit.Die bisherige Umsatz- und Gewinnprognose nahm der Konzern zurück. Bisher ging Andritz von einem leicht steigenden Umsatz und einem unveränderten Gewinn aus. "Zum aktuellen Zeitpunkt können keine Einschätzungen hinsichtlich der Umsatz- und Ergebnisauswirkungen im Jahr 2020 gemacht werden", hieß es in der Mitteilung. Man habe bereits in vielen Ländern eine Reihe von temporären Maßnahmen zur Kostenreduktion gesetzt, um möglichen Umsatzeinbußen bestmöglich entgegenzuwirken.
An der Dividende will der Vorstand aus momentaner Sicht aber noch festhalten: "Eine Änderung des Hauptversammlungsbeschlussantrags hinsichtlich der Gewinnverwendung (Dividendenvorschlag) ist aus heutiger Sicht nicht geplant, kann aber - abhängig von der weiteren Entwicklung der Corona-Krise - nicht ausgeschlossen werden." Die ursprünglich für 25. März geplante Hauptversammlung musste Andritz wegen der Bestimmungen der Bundesregierung abgesagen.
Immofinanz/S-Immo
Die beiden Immobilienunternehmen Immofinanz und s Immo könnten Insidern zufolge ihre im vergangenen Jahr verworfenen Fusionspläne wieder aufleben lassen, wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg am Montag berichtete. Noch in dieser Woche könnte es eine Ankündigung der Firmen diesbezüglich geben, hieß es in dem Bericht. Allerdings könnten die Pläne durchaus noch verzögert oder auch wieder ganz verworfen werden. Erst im November war ein Versuch eines Zusammenschlusses gescheitert, da sich die beiden Konzerne nicht auf ein Umtauschverhältnis für die Aktien einigen konnten. Nun könnten die Pläne wiederbelebt werden - vermutlich wieder in Form einer aktienbasierten Transaktion. In Zeiten eines sehr volatilen Marktumfeldes sei dies einfacher, da ein Deal dann weniger von den Möglichkeiten, finanzielle Mittel für eine Übernahme aufzustellen, abhängig wäre, schrieb Bloomberg.
Voestalpine
Der heimische Stahl- und Technologiekonzern voestalpine gab gestern bekannt, dass die voestalpine und ihre Kunden wirtschaftlich voll von der aktuellen Covid-19 Krise getroffenwerden. Durch massive Kapazitätsreduktionen bzw. laufende Produktionsstillstände in der Automobil-, Luftfahrt-, Maschinenbau- sowie in der Öl- und Gasindustrie ist die Nachfrage in den wichtigsten Kundensegmenten der voestalpine innerhalb weniger Tage eingebrochen. Um der erforderlichen Flexibilität in den nächsten Wochen Rechnung zu tragen und die Arbeitsplätze im Konzern, so gut wie in dieser schwierigen Lage möglich, abzusichern, wird laut heutigem Stand in rund 50 europäischen Konzerngesellschaften Kurzarbeit angemeldet (neben Österreich u.a. in Deutschland, Belgien und Frankreich). In Ländern, in denen solche Kurzarbeitsinstrumente nicht zur Verfügung stehen, wird die voestalpine entsprechend andere Maßnahmen ergreifen. Der Vorstand versucht mit diesen Maßnahmen den Schaden für die Mitarbeiter und die voestalpine bestmöglich zu minimieren. Auswirkungen auf das Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres 2019/20 lassen sich aus heutiger Sicht noch nicht hinreichend ermitteln.
Zumtobel
Der Vorarlberger Leuchtenhersteller Zumtobel führt Kurzarbeit an mehreren Standorten ein. "Situationsabhängig kann es nach Notwendigkeit auch zu vorübergehenden Schließungen von Produktionsstandorten kommen", teilte das Unternehmen am Montagabend mit. Zumtobel erwartet negative Effekte auf Umsatz und Ergebnis, die genauen wirtschaftlichen Auswirkungen seien derzeit aber nicht abschätzbar.Zumtobel erwartet für das laufende Geschäftsjahr, das am 30. April 2020 endet, aufgrund der absehbaren negativen Entwicklung in den Monaten März und April einen Umsatzrückgang. Das Ziel einer Verbesserung der bereinigten EBIT-Marge auf 3 bis 5 Prozent bleibe aber weiter aufrecht. Jedoch könne aus heutiger Sicht das bisher kommunizierte Ziel einer bereinigten EBIT-Marge von rund 6 Prozent für das Geschäftsjahr 2020/21 voraussichtlich nicht mehr erreicht werden.
Jahresrückblick - Die Zwei vom Börsenradio - Peter Heinrich und Andreas Groß - Unser schönstes Interview? Alle!
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