02.09.2019, 7075 Zeichen
Erneute politische Unruhe in Italien hat die Erholung der europäischen Aktienmärkte am Freitagnachmittag ausgebremst. Zuvor hatte der wieder aufgekeimte vorsichtige Optimismus in Sachen Handelskrieg noch deutlicher gestützt. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büßte im späten Handel einen Teil seiner Gewinne ein, rettete aber immer noch ein Plus von 0,45 Prozent auf 3426,76 Punkte über die Ziellinie. Das bedeutet auf Wochensicht einen Anstieg um knapp 2,8 Prozent. In Paris rückte der Cac-40-Index am Freitag um 0,56 Prozent auf 5480,48 Punkte vor und in London stieg der FTSE 100 um 0,32 Prozent auf 7207,18 Zähler.
Trotz der Erholung der letzten Tage fällt die Bilanz für den Monat August negativ aus, nachdem die Ankündigung neuer US-Zölle auf chinesische Waren die Kurse gleich zu Monatsbeginn heruntergerissen hatte. So ergibt sich für den EuroStoxx 50 ein August-Minus von mehr als einem Prozent, wenngleich in den vergangenen Tagen wieder leicht positive Signale aus den USA und China kamen. Den neuesten Aussagen von US-Präsident Donald Trump zufolge stehen für die USA und China nun wieder Gespräche zum Thema Handel auf der Agenda. Details gab es jedoch keine. Tags zuvor hatte es zudem aus dem chinesischen Wirtschaftsministerium geheißen, eine Eskalation der Streitigkeiten sei keiner Seite dienlich.
Am Freitag nahm die Sorge um die politische Stabilität Italiens dann wieder zu: Der Chef der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung irritierte, indem er die Sozialdemokraten (PD) mit Forderungen unter Druck setzte. "Entweder wir einigen uns auf unsere Programmpunkte oder wir machen nicht weiter", sagte Luigi Di Maio nach Gesprächen mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Giuseppe Conte. So arbeiten die Sterne nach dem Scheitern der Allianz mit der rechten Lega derzeit an einer Regierungsbildung mit den Sozialdemokraten. Der italienische Leitindex FTSE MIB drehte auf die Aussagen hin ins Minus. Mit Blick aufs Branchentableau waren Bergbauwerte, aber auch der Immobiliensektor und der Autosektor besonders gefragt. Die drei französischen Vertreter Michelin , Valeo und Faurecia zeigten sich entsprechend stark mit Gewinnen zwischen 1,75 und knapp 3 Prozent.
In der Schweiz zog der Pharmakonzern Novartis die Aufmerksamkeit auf sich. Das Multiple-Sklerose-Medikament Ofatumumab erreichte laut dem Unternehmen in zwei unter dem Namen "Asclepios" laufenden Studien die primären Endpunkte. Das Papier gewann in Zürich mehr als ein Prozent. Dagegen ging es für den Anteilsschein des Rückversicherers Swiss Re um drei Prozent abwärts. Am Markt wurde als Auslöser auf den sich auf Florida zubewegenden Wirbelsturm "Dorian" verwiesen. In Großbritannien erholten sich die Anteile von Micro Focus mit etwas mehr als fünf Prozent Plus von ihrem Kurssturz. Sie waren am Vortag um nahezu ein Drittel eingebrochen, nachdem der Softwarekonzern seine Jahresziele gekappt hatte.
Der Leitindex der Wiener Börse ATX kehrte am Freitag wieder über die 2900 Punkte Marke zurück. Insbesondere Bawag und Immofinanz Aktien auffällig positiv. Der ATX gewann am Freitag 0,84% auf 2911,15 Punkte. Year-to-date liegt der ATX nun 6,02% im Plus. Tagesgewinner war am Freitag DO&CO mit 4,53% auf 90,00 vor Bawag mit 3,35% auf 34,52 und Immofinanz mit 3,29% auf 25,45. Die Tagesverlierer: Lenzing mit -0,64% auf 85,75, Verbund mit -0,18% auf 54,15 und Erste Group mit -0,17% auf 29,27. Die höchsten Tagesumsätze hatten Erste Group (36,48 Mio.), voestalpine (35,42) und OMV (28,03). Umsatzausreisser nach oben gegenüber dem 2019er-Tagesschnitt gab es bei Immofinanz (325%), S Immo (208%) und VIG (140%). Die beste Aktie in der 1-Monats-Sicht ist DO&CO mit 9,36%, die beste ytd ist Verbund mit 45,41%. Am schwächsten tendierten SBO mit -18,5% (Monatssicht) und FACC mit -23,94% (ytd).
Ein Knick in der Kauflaune der US-Verbraucher hat dem jüngsten Erholungsversuch der Wall Street am Freitag die Kraft genommen. Der US-Leitindex Dow Jones Industrial pendelte nach anfangs deutlicheren Gewinnen um seinen Vortagesschluss. Letztlich rettete er ein Plus von 0,16 Prozent auf 26 403,28 Punkte in das Wochenende. Der marktbreite S&P 500 stieg um 0,06 Prozent auf 2926,46 Punkte, während der technologielastige Nasdaq 100 0,15 Prozent auf 7690,99 Zähler einbüßte. In den vergangen Tagen hatte der Dow noch von Entspannungssignalen im US-chinesischen Handelsstreit profitiert. Das hatte die Furcht vor einer weltweiten Rezession infolge des Konflikts ein wenig gemildert. Für die letzte Augustwoche ergab sich damit beim Dow Jones ein Plus von rund 3 Prozent. Das Minus für den Gesamtmonat August verringerte sich dadurch auf 1,72 Prozent.
So hatte die Eskalation des Konflikts zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt durch neue Zollankündigungen der USA gegen China den Dow Anfang August nach unten gerissen. China reagierte mit neuen Strafzölle auf US-Einfuhren, woraufhin US-Präsident Donald Trump sofort zum Gegenschlag ausholte. Mittlerweile hieß es aber aus dem chinesischen Wirtschaftsministerium, dass eine Eskalation nicht gut für China, die USA und den Rest der Welt sei. Das nährt die Hoffnung auf eine verträgliche Einigung beider Seiten. Am Freitag zeigte das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima, dass die Stimmung der US-Verbraucher unter dem Handelsstreit leidet. Und gerade für die US-Wirtschaft ist der inländische Konsum zuletzt noch eine große Stütze gewesen. So fiel das Konsumklima auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahren. Zu den Favoriten im Dow Jones zählten die Aktien des Versicherers UnitedHealth Group , die um knapp 1,5 Prozent stiegen. Die Papiere des Chipherstellers Intel legten um mehr als ein Prozent zu. Nicht gefragt waren hingegen die Papiere von McDonald's . Sie fielen um mehr als ein Prozent. Starke Kursbewegungen gab es bei Dell und der Kosmetikkette Ulta Beauty. Bei letzterer straften die Anleger enttäuschende Umsätze und gesunkene Jahresziele mit einem Kursrutsch um fast 30 Prozent ab. Freuen konnten sich dagegen die Aktionäre des Computer-Konzerns Dell, dessen Papiere um zehn Prozent nach oben schnellten. Dell setzte sich nach einem guten Quartal ambitioniertere Jahresziele.
Der Kurs des Euro blieb im US-Handel unter der Marke von 1,10 US-Dollar, unter die er zum Wochenschluss erstmals seit mehr als zwei Jahren gefallen war. Zuletzt kostete ein Euro 1,0990 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,1036 (Donnerstag: 1,1072) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,9061 (0,9032) Euro gekostet. Am US-Anleihemarkt fielen richtungweisende zehnjährige Staatsanleihen um 2/32 Punkte auf 101 4/32 Punkte. Ihre Rendite betrug 1,50 Prozent.
Vorbörslich sind die Märkte heute Montag zum Wochenstart in Europa ganz leicht schwächer bis unverändert indiziert. Die asiatischen Börsen präsentieren sich uneinheitlich. Makroökonomisch stehen heute in Europa die Veröffentlichungen von PMI`s für das verarbeitende Gewerbe im Fokus der Märkte. Die Börsen in den USA sind aufgrund eines Feiertages (Labor Day) geschlossen. Unternehmensseitig erwarten wir heute in Österreich keine relevanten News.
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