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Agrana-HV: Das Thema Migranten wurde schnell abgewürgt (Günter Luntsch)

10.07.2018, 4825 Zeichen

Agrana-HV 1. Der integrierte Geschäftsbericht "stark & fruchtbar" gefällt genauso wie das Überblicks-Bilderbuch, und er bildet: Dachang liegt in China, Sigatoka auf Fidschi, Mitry-Mory in Frankreich, Serpuchov in Russland, Buzau in Rumänien, Sterzing in Italien. Dort und an vielen anderen Orten befinden sich Töchter unserer Agrana. Ja, wir sind global. So global, dass wir Bilder von Agenturen wie Getty Images und Fotolia kaufen. Ich rätsle gerade, welche Bilder wir nicht selbst machen konnten. Die Puzzleteile?  Den roten Gummibären? Die Erdbeere? Oder die Menschen mit Erfahrung? Die Porträts von Vorstand und Aufsichtsrat und auch das Bild unseres Werks werden wir wohl kaum extern zugekauft haben. Das beschauliche Zucker-, Stärke-, Bioethanol-, Proteinfuttermittel- und Fruchtzubereitungsgeschäft der Agrana brachte auf der HV am 6.7.18 im Rahmen der Generaldebatte doch einige Highlights mit sich, da will ich niemanden auf die Folter spannen, diese sind: wir importieren brasilianischen Zucker, weil wir die niedrigen Weltmarktpreise ausnützen möchten, Weizen aus den Nachbarländern sowieso, wir fürchten uns nicht vor der Kartellstrafe und haben deshalb keine Rückstellungen gebildet, und über Gesundheit und Ernährung erfuhren wir auch einiges, genauso darüber, was wir für die Umwelt tun. Das Thema Migranten wurde schnell abgewürgt, wohl mit Blick auf den Vorfall mit Bewohnern des Agrana-Geländes in Tulln, der durch die Zeitungen gegangen ist. Voriges Jahr hörten wir noch, dass wir aus Menschenliebe unser Gelände zur Verfügung stellen. Den Medien zu entnehmen ist, dass dieses Lager mittlerweile offenbar aufgelöst wurde, die örtliche Politik hatte sich dafür stark gemacht. Meine persönliche Schlussfolgerung: Wenngleich ich den Import von brasilianischem Zucker und den Wert der beschichteten und teilweise biologisch abbaubaren Lebensmitteltassen nicht nachvollziehen kann, und wenngleich der Zuckermarkt uns unbestritten Probleme bereiten wird, bleibe ich bei meiner Meinung, dass alles unter 100 Euro günstig ist, eine Dividendenrendite von jetzt 5% verleitet mich dazu, mich wohl im Bereich von 90 Euro oder knapp darunter auf die Lauer zu legen, um aufzustocken, aber vorerst nur bis Dienstag, Mittwoch ist der Ex-Dividende-Tag. Zuckerknappheit tritt vereinzelt bereits jetzt auf, man denke nur an die Voestalpine-HV in Linz, wo dem Catering der Zucker ausgegangen ist, man möge sich mit der Agrana in Verbindung setzen, nächstes Jahr passiert das nicht mehr.

Das Wichtigste ist gesagt, trotzdem hier noch einmal alles der Reihe nach: Gleich zu Beginn erfolgte der Hinweis auf die neue Datenschutzverordnung, auf die auch auf einem Extra-Schreiben hingewiesen wurde, ähnlich wie bei Porr, Agrana speichert und verarbeitet auch die Ausweiskopien, Depotnummern, das Abstimmungsverhalten und einiges mehr, irgendwie fühlt man sich unwohl dabei, man versteht, warum viele Aktionäre nicht auf Hauptversammlungen gehen möchten. Andrerseits: die kriegen auch das Glas Staud-Marmelade nicht, das es dieses Jahr als Aktionärsgeschenk gegeben hat. Das Anfüttern wirkt, wir kommen verlässlich, jedes Jahr aufs Neue.

Die erfolgsabhängige Vergütung für den Vorstand ist an die Dividende geknüpft, das ist gut, das freut uns Dividendenliebhaber. Wir erfuhren von den Investitionen, insbesondere vom zweiten Fruchtzubereitungswerk in China, das im Dezember 2018 in Betrieb gehen soll. Wir erfuhren von externen Audits bei Vertrragsbauern, die allesamt Gold- und Silberstatus erhalten hätten. Wachstum bei löffelbarer Frucht gäbe es in Europa nicht, im asiatisch-pazifischen Raum schon, Trinkjoghurts würden zur Zeit sehr wachsen, in lokalen Geschmacksrichtungen, dagegen würden Fruchtsaftkonzentrate ein bißchen unter dem Druck leiden, weniger Zucker zu sich zu nehmen. Apfelsaftkonzentrat würde zur Herstellung von Most und Cider benötigt. Die Akquisitionen in Argentinien und Indien wurden erwähnt, das neue Werk in Argentinien sei bereits vollständig integriert, das alte de facto stillgelegt. Man sei immer auf der Suche nach natürlichen Stabilisatoren, die nicht zu deklarieren seien, unter dem sogenannten "Clean Label". Bei Stärke gebe es sehr starke Nachfrage im Papier- und Wellpappebereich (Versandhandel). Bioethanol koste im Moment 470 Euro pro m3, solange nicht mehr Ethanol dem Benzin beigemischt werde. Ethanol sei nun mit dem Benzin gleichpreisig, Benzin koste auch 470 Euro pro m3, man könnte also leicht von 5% Beimischungsverpflichtung auf 10% erhöhen. 60% unseres Bioethanols würden wir exportieren, 40% im Inland verwenden, d.h. wir würden 200.000 Tonnen Treibhausgaseinsparung exportieren, die somit nicht Österreich zugerechnet würden. Man könnte die Feinstaubemissionen um 20% reduzieren, wenn man 10% Ethanol beimischen würde, denn Alkohol enthielte Sauerstoff, wodurch die Verbrennung besser würde.


(10.07.2018)

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