30.09.2017, 7538 Zeichen
In keinem anderen europäischen Land ist die Wohneigentumsquote so niedrig wie in Deutschland. Die Niedrigzinsen und die Preisentwicklung locken aber immer mehr Menschen in den Immobilienmarkt. Dieser bietet neben dem klassischen Eigenheim jede Menge andere Investitionsmöglichkeiten. Ein Überblick in mehreren Teilen. Hier Teil 2. (Den ersten Teil finden Sie hier.)
Immobilien als Investment
Der Begriff Betongold macht wunderbar deutlich, was mit Immobilien als Investment bezweckt wird: Die Solidität und langfristige Werterhaltung von Gold in Form einer Immobilie (aus Beton). Das klingt einfach, ist es aber nicht. Denn Werterhaltung bedeutet, dass auch unter Berücksichtigung der normalen Abnutzung eine Rendite größer Null erzielt werden muss. Und das ist überraschend schwer.
Traumrenditen? Glaubt man den Marketingbroschüren von Immobilienvermittlern, gibt es derzeit bei Immobilien Traumrenditen. Selbst die in den 1990er-Jahren angepriesenen Ostimmobilien werden bereits wieder mit Verve beworben. Im Gegensatz zu damals lockt aber keine steuerliche Sonderabschreibung, sondern das Einwohnerwachstum ostdeutscher Universitätsstädte. Das mag zutreffen oder auch nicht. Entscheidend ist der jeweilige Einzelfall. Und der ist für den Investor schließlich relevant.
Im September 2014 sorgte eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung für Unruhe am Markt der Immobilienfans. Auf Basis zweier breiter statistischer Erhebungen ermittelte das DIW durchschnittliche Immobilienrenditen privater Anleger von 2 bis 3 Prozent. Das klingt angesichts der erklecklichen Zinssätze bei Tages- oder Festgeld durchaus lukrativ. Entscheidend war jedoch die Streuung der unterschiedlichen Renditen. Hier ergab sich ein düsteres Bild: Auf Basis der damaligen Daten (Stand: 2012) kamen stolze 22 Prozent auf eine negative Rendite. Bei rund der Hälfte der Fälle lag die Rendite unter 2 Prozent. Lediglich 23 Prozent erzielten eine deutlich lukrative Rendite von über 5 Prozent.
Erfolgsfaktoren. Nun mag jeder Betongoldanhänger einwenden, dass sein Investment zu dem Viertel mit den lukrativen Renditen gehört. Dies mag im Einzelfall zutreffen, aber daraus lässt sich eben nicht der Schluss ziehen: Betongold ist eine renditestarke Anlageform. Entscheidend für den Faktor Rendite sind neben einer soliden Finanzierung vor allem die dauerhafte Vermietung und bauliche Substanz des Objekts. Während die Finanzierung durchaus im Entscheidungsbereich des Investors liegt, können die anderen beiden Faktoren nur bedingt beeinflusst werden. Ab einem gewissen Vermögen sind diese Problemfaktoren zwar vernachlässigbar bzw. zu verschmerzen. Geht es aber einem Privatanleger darum, mit einer Eigentumswohnung fürs Alter vorzusorgen, ist ein hohes Maß an Vorsicht geboten.
Neben den grundsätzlichen Risikofaktoren sorgt ein weiterer Punkt in der Betrachtung einer Immobilieninvestition für Unklarheit: Die Verwaltung. Im Fall einer einzelnen Eigentumswohnung sind viele Dinge vom Eigentümer selbst regelbar. Allerdings besteht hier auch die Gefahr, dass der Mieter wegen jeder Kleinigkeit parat steht. Hier sind die jeweils betroffenen Personen entscheidend.
Diese Verwaltung auf dem kleinen Dienstweg kann wunderbar funktionieren (und Kosten sparen), sie muss es aber nicht. Deutlich bequemer ist die Verwaltung einer Immobilieninvestition durch einen professionellen Hausverwalter. Gerade bei größeren Immobilieneinheiten, etwa einem Mehrfamilienhaus, ist das sehr sinnvoll. Neben den organisatorischen Alltagsdetails kümmert sich die Hausverwaltung auch um etwaige Reparaturen und sorgt dafür, dass man nur selten von seinem Investment hört.
Klumpenrisiko. Immobilien haben noch einen weiteren Nachteil, der gerne vernachlässigt wird: Innerhalb des persönlichen Vermögens nimmt Betongold schnell einen hohen Anteil ein. Professionelle Vermögensverwalter empfehlen meist einen Immobilienanteil von 20 bis 30 Prozent. Berücksichtigt man dann neben dem Eigenheim auch eine fremdgenutzte Eigentumswohnung so muss das restliche Vermögen schnell eine Größenordnung im siebenstelligen Bereich aufweisen. Das ist jedoch bei vielen nicht der Fall.
Somit stellt jedes Immobilieninvestment ein Klumpenrisiko dar. Sollte etwas mit dem Investment in die Eigentumswohnung schief gehen, steht das gesamte Vermögen in Frage. Diesem (unangenehmen) Thema muss sich jeder Anleger stellen, wenn er den Vermögensaufbau nicht von der Laune des Schicksals abhängig machen will.
Immobilienfonds – längst nicht abgeschrieben
Über viele Jahrzehnte waren Immobilienfonds ein beliebtes Anlagevehikel von Investoren, um sich des Klumpenrisikos zu entledigen und dennoch von den Renditen im Immobiliensektor zu profitieren. Bis es 2007/08 zur Finanzkrise kam und auch namhafte offene Immobilienfonds in Schieflage gerieten und so manchen Anleger in die Bredouille brachten.
Offen oder Geschlossen? Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Immobilienfonds. Offene Immobilienfonds sind für Privatanleger geeignete Investmentvehikel, die in Immobilien investieren und deren Anteile handelbar sind. Geschlossene Fonds bieten diese Möglichkeit nicht und sind besonders reguliert. Als sogenannte Alternative Investmentfonds müssen sie seit 2013 einem umfassenden Regelwerk gerecht werden. Somit ist diese Anlageform definitiv nur noch etwas für Profianleger. Offene Immobilienfonds haben aber ebenfalls an Attraktivität eingebüßt. Um für die Zukunft Liquiditätsprobleme auszuschließen, ist die Rückgabe von Fondsanteilen deutlich erschwert. Handelbar sind die Anteile aber weiterhin zu jeder Zeit.
Der Markt für Immobilienfonds ist durch diverse Regulierungsbemühungen der EU nicht mehr wiederzuerkennen. Das Kapitalanlagegesetzbuch regelt seit 2013 vieles, was bis dahin ungeklärt war. Geschlossene Immobilienfonds haben es daher schwerer gegen die offenen Immobilienfonds zu punkten. Anleger schätzen daher vermehrt diese Anlageform. Denn: Gesetze machen bekanntlich keine Rendite. Entscheidend sind die Anlageobjekte und hier überzeugen die Fondsgesellschaften.
Wachstum im Markt. Die deutschen Fondsgesellschaften verwalteten per Ende November 62,8 Mrd. Euro in offenen Immobilien-Spezialfonds. Damit hat sich das Netto-Vermögen laut dem Branchenverband BVI innerhalb von fünf Jahren verdoppelt. Dabei sind Büros die häufigste Nutzungsart innerhalb des Fondsvermögens. Allerdings sank der Anteil von Büros in den letzten fünf Jahren von 52 Prozent auf 40 Prozent. Dagegen haben Handel und Gastronomie in diesem Zeitraum von 19 Prozent auf 27 Prozent zugenommen. Auch Wohnimmobilien sind gewachsen. Ihr Anteil stieg von 4 Prozent auf 8 Prozent.
Den größten Vorteil spielen offene Immobilienfonds durch ihre breite Diversifikation aus. Vom Wohnungskomplex bis zum Büropark kann alles enthalten sein. Damit haben Privatanleger auch mit ihren Mitteln die Möglichkeit in sehr große Projekte zu investieren. Das gilt besonders für den Bereich der als lukrativ geltenden Büro- und Gewerbeimmobilien. Aber auch dann sollte immer die Gewichtung der einzelnen Vermögensklassen beachtet werden. Eine Aufteilung auf Büro-, Gewerbe- und Wohnimmobilien mag zwar eine Art von Diversifikation darstellen, aber das Risiko, von Problemen im Immobilienbereich betroffen zu sein, ist so extrem hoch. Daher sollten offene Immobilienfonds auch immer nur zur Beimischung eines Geldanlageinvestments genutzt werden.
Dieser Beitrag ist ein Stück aus marktEINBLICKE – dem Quartals-Magazin der Börsenblogger-Redaktion für Geldanlage und Lebensart. Erhältlich am Kiosk, als Online-Ausgabe oder im Abo. www.markteinblicke.de
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